Prof. Dr. Alexander Bassen, Dr. Kati Beiersdorf
Rz. 11
Nach Art. 3 Abs. 2, 3 Bilanz-RL n. F. sind als KMU Unternehmen definiert, die an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen mind. zwei der drei Größenmerkmale für kleine oder mittelgroße Unternehmen erfüllen:
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Kleinstunternehmen |
Kleine Unternehmen |
Mittelgroße Unternehmen |
Große Unternehmen |
Bilanzsumme |
≤ 450.000 EUR |
≤ 7.500.000 EUR |
≤ 25.000.000 EUR |
> 25.000.000 EUR |
Umsatzerlöse |
≤ 900.000 EUR |
≤ 15.000.000 EUR |
≤ 50.000.000 EUR |
> 50.000.000 EUR |
Mitarbeitende |
≤ 10 |
≤ 50 |
≤ 250 |
> 250 |
Tab. 1: Bilanzrechtliche Größenklassen
Für kleine und mittelgroße Gruppen werden gem. Art. 3 Abs. 5–7 Bilanz-RL n. F. die gleichen Schwellenwerte festgelegt. Die Unterscheidung zwischen kleinen und mittelgroßen Unternehmen bzw. Gruppen hat für die Anwendung der Normen der CSRD auf KMU keine Relevanz. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Schwellenwerte für Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften in §§ 267, 267a HGB übernommen. Allerdings verwundert es, dass nach dem Regierungsentwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes (CSRD-UmsG) Genossenschaften einer Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nur unterliegen, wenn sie bilanzrechtlich groß sowie kapitalmarktorientiert sind und im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen (§ 336 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a HGB-E). Zudem sollen nach diesem Gesetzesentwurf, anders als bei anderen Berichtspflichten, die Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht auch auf Unternehmen ausgeweitet werden, die den Berichtspflichten des PublG unterliegen.
Rz. 12
Allerdings greift die Berichtspflicht nach Art. 19a Abs. 1 Bilanz-RL n. F. für KMU nur, wenn diese auch kapitalmarktorientiert sind. Kleinstunternehmen sind – unabhängig von einer etwaigen Kapitalmarktorientierung – vom Anwendungsbereich der CSRD ausgenommen. Die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf kapitalmarktorientierte KMU ergibt sich daraus, dass für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU auf Unternehmen "von öffentlichem Interesse i. S. v. Art. 2 Nr. 1 lit. a" Bilanz-RL n. F. referenziert wird. Entsprechend sind davon nur solche KMU betroffen, deren übertragbare Wertpapiere – sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalpapiere – zum Handel an einem geregelten Markt eines EU-Mitgliedstaats zugelassen sind. Der Verweis auf Art. 2 Nr. 1 Buchst. b–d Bilanz-RL n. F. unterbleibt hingegen, so dass die dort definierten KMU von öffentlichem Interesse auch nicht in den Anwendungsbereich des Art. 19a Abs. 1 Bilanz-RL n. F. fallen. Folglich sind auch bilanzrechtlich kleine und mittelgroße Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen – nach dem Größenklassenverständnis des Art. 3 Abs. 2, 3 Bilanz-RL n. F. – nur dann berichtspflichtig, wenn diese kapitalmarktorientiert sind.
Rz. 13
Daneben können nach Art. 19a Abs. 6 Bilanz-RL n. F. aber auch SNCI gem. Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 der Kapitaladäquanzverordnung (EU) 575/2013 sowie firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen i. S. d. Solvabilitäts-Richtlinie 2009/138/EG die reduzierten Berichtsanforderungen des Art. 19a Abs. 6 Bilanz-RL n. F. bei der Erstellung ihres Nachhaltigkeitsberichts in Anspruch nehmen, wenn sie zwar bilanzrechtlich als große Unternehmen qualifizieren, aufsichtsrechtlich jedoch als klein gelten. Damit eröffnet der Richtliniengeber diesen Unternehmen Vereinfachungsmöglichkeiten auch abseits der bilanzrechtlichen Größenkriterien und trägt dem Proportionalitätsgedanken i. S. d. Spezifika von Unternehmen der Finanzwirtschaft Rechnung. Diskutiert wird allerdings, ob SNCI mit nicht konsolidierten Tochterunternehmen überhaupt in den Anwendungsbereich dieser KMU-Standards fallen oder stattdessen die ESRS Set 1 zur Erstellung eines Konzernnachhaltigkeitsberichts anwenden müssen. Jedoch sollte die Pflicht zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts gem. ESRS Set 1 nicht an das bloße Vorhandensein von Konzernstrukturen, sondern an das Vorliegen der Verpflichtung zur Aufstellung eines solchen Konzernnachhaltigkeitsberichts geknüpft sein. Dies ist bei sowohl finanziell als auch aus Nachhaltigkeitssicht unwesentlichen Tochterunternehmen nicht der Fall. In diesen Fällen wäre daher ein Nachhaltigkeitsbericht auf Einzelunternehmensebene zu erstellen, so dass das Wahlrecht der Anwendung des ESRS LSME einschlägig wäre. Diese Auffassung hat die EU-Kommission in den im August 2024 veröffentlichten FAQ (Frage 10) bestätigt.
Rz. 14
Kapitalmarktorientierte KMU sowie berichtspflichtige SNCI und firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen (im Folgenden vereinfachend: LSME-Unternehmen) haben die Vorgaben der CSRD nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. c CSRD erstmalig für Geschäftsjahre anzuwenden, die ab dem 1.1.2026 beginnen. In praxi können sich jedoch insbes. solche SNCI, die bereits zur Erstellung einer nichtfinanziellen Erklärung gem. CSR-RUG verpflichtet sind, bislang unbeantworteten Anwendungsfragen gegenübersehen. Für diese Unternehmen wurde in den FAQ (Frage 7) der EU-Kommission klargestellt,...