Prof. Dr. Alexander Bassen, Dr. Kati Beiersdorf
Vorbemerkung
Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) befassen sich zunehmend mit Aspekten der Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit, damit verbunden sind Fragen zur Berichterstattung darüber. Diese ist für wenige KMU aufgrund der CSRD verpflichtend. Für potenziell Tausende KMU ist die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung Bestandteil von Geschäftsbeziehungen oder intrinsisch motiviert. EFRAG hat im Auftrag der EU-Kommission zwei Entwürfe für Standards für die (verpflichtende und freiwillige) Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU vorgelegt, die im Folgenden dargestellt werden.
1 Einführung
Rz. 1
Mit der am 5.1.2023 in Kraft getretenen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden neben haftungsbeschränkten großen Unternehmen sowie bestimmten Kreditinstituten und Versicherungen u. a. auch kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, deren übertragbare Wertpapiere – sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalpapiere – zum Handel an einem geregelten Markt eines EU-Mitgliedstaats zugelassen sind. Lediglich Kleinstunternehmen sind hiervon ausgenommen, auch wenn sie kapitalmarktorientiert sind. Nach einer Analyse von EFRAG fallen in Deutschland rund 145 KMU unter die nachhaltigkeitsbezogenen Berichtspflichten – ohne Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen. Darüber hinaus fallen gem. EFRAG ca. 1.000 kleine und nicht komplexe Institute (sog. small and non-complex institutions – kurz: SNCI) sowie bestimmte firmeneigene Versicherungsunternehmen und firmeneigene Rückversicherungsunternehmen (Rz 11 ff.) in den Anwendungsbereich der CSRD.
Rz. 2
Zwar sind kapitalmarktorientierte Unternehmen nach den Regelungen des Art. 40 Bilanz-RL n. F. stets als große Unternehmen zu behandeln. Die Kommission stellt jedoch in ihren Erwägungsgründen zur CSRD klar, dass kapitalmarktorientierte Unternehmen "für die Zwecke der Anwendung der Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht als große Unternehmen behandelt werden" sollen. In der Folge dürfen kapitalmarktorientierte KMU, aber auch berichtspflichtige SNCI sowie firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nach speziellen Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU Bericht erstatten. Der dafür von EFRAG zu entwickelnde Standard soll mit Blick auf Ressourcen und Kapazitäten dieser Unternehmen verhältnismäßig sein und auch dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit Rechnung tragen.
Rz. 3
Im Gegensatz zu kapitalmarktorientierten KMU fallen nicht kapitalmarktorientierte KMU nicht in den Anwendungsbereich der CSRD und sind somit auch nicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Faktisch werden diese KMU aber häufig von Kunden, Kreditgebern oder sonstigen Geschäftspartnern zur Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtet, oder diese KMU möchten derartige Informationen aufgrund intrinsischer Motive freiwillig veröffentlichen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass künftig auch ein Großteil der nicht kapitalmarktorientierten KMU in Deutschland Nachhaltigkeitsinformationen für verschiedene Stakeholder aufbereiten wird. Auch diesen Unternehmen soll gem. CSRD daher die Möglichkeit gegeben werden, sich bei ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung nach einem Standard zu richten, der zum einen an den Informationsbedürfnissen der Stakeholder dieser Unternehmen ausgerichtet ist, zum anderen die Verhältnismäßigkeit mit Blick auf Kapazitätsgrenzen und Ressourcennutzung bei der Berichterstellung wahrt.
Rz. 4
Vor diesem Hintergrund hat EFRAG zwei unterschiedliche Standards für die KMU-Nachhaltigkeitsberichterstattung erarbeitet, um sowohl den Bedürfnissen berichtspflichtiger KMU, SNCI sowie firmeneigener Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen als auch denen der nicht berichtspflichtigen KMU Rechnung zu tragen. Dafür hat EFRAG am 22.1.2024 die Entwürfe für zwei europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU veröffentlicht. Zum einen ist dies der Entwurf (Exposure Draft, ED) eines ESRS for listed small- and medium-sized enterprises (ED ESRS LSME). Dieser soll die Berichtspflichten für kapitalmarktorientierte KMU sowie berichtspflichtige SNCI und firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen regeln. Diese Berichtspflichten gelten nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. c CSRD grds. erstmals für Geschäftsjahre, die ab dem 1.1.2026 beginnen (siehe zu einer Opt-out-Regelung für kapitalmarktorientierte KMU für zwei Jahre Rz 15). Zum anderen wurde der Entwurf eines Voluntary ESRS for non-listed small- and medium-sized enterprises (ED ESRS VSME) erarbeitet. Dieser soll für die nicht in den Anwendungsbereich der CSRD fallenden – also alle nicht kapitalmarktorientierten – KMU sowie Kleinstunternehmen die Grundlage für die Erstellung eines freiwilligen Nachhaltigkeitsberichts sein. Mit dem künftigen ESRS VSME soll die freiwillige Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen einer Vielzahl nicht berichtspflichtiger KMU harmonisiert und den ...