Prof. Dr. Alexander Bassen, Dr. Kati Beiersdorf
Rz. 20
Der im Januar 2024 von EFRAG zur Kommentierung veröffentlichte ED ESRS LSME basiert grds. auf ESRS Set 1. Nicht zuletzt zur seitens der CSRD geforderten Wahrung der Verhältnismäßigkeit von Kapazitätsauslastung und Ressourcennutzung bei der KMU-Berichterstellung wurden jedoch an verschiedenen Stellen Vereinfachungen gegenüber ESRS Set 1 vorgenommen. Diese Vereinfachungen beziehen sich in Teilen auf formale Aspekte, resultieren teilw. aber auch aus einer Begrenzung der inhaltlichen Vorgaben für die Berichterstattung. Im Ergebnis umfasst der ED ESRS LSME lediglich 189 Seiten, was im Vergleich zu ESRS Set 1 eine erhebliche Verringerung des Umfangs der regulatorischen Vorgaben ausmacht. Hinzu kommen 68 Seiten Basis for Conclusions, die eine Begründung zum Standard(entwurf) darstellen.
Rz. 21
Eine erste Vereinfachung soll bereits dadurch umgesetzt werden, dass dem Standardentwurf eine vereinfachte Struktur zugrunde gelegt wird. Während ESRS Set 1 aus zwölf separaten Berichtsstandards besteht, handelt es sich bei ED ESRS LSME um einen einzelnen (stand alone) Standard, der die Inhalte der ESRS Set 1 in sechs Abschnitten neu ordnet und einkürzt. Diese sechs Abschnitte unterteilen sich in drei allgemeine Abschnitte und drei themenbezogene Abschnitte. Die allgemeinen Abschnitte 1–3 legen u. a. die Grundlagen für die Angaben fest, die sich aus den themenbezogenen Abschnitten 4–6 ergeben. Die Abschnitte gliedern sich wie folgt:
- Allgemeine Anforderungen,
- Allgemeine Angaben,
- Leitlinien, Maßnahmen und Ziele,
- Umwelt,
- Soziales und
- Unternehmenspolitik.
Alle sechs Abschnitte sind derzeit sektorübergreifend ausgestaltet, sie sind folglich anzuwenden für Unternehmen aller Branchen.
Abb. 1: Vereinfachte Struktur des ED ESRS LSME
Die Handhabbarkeit des ED ESRS LSME wird jedoch u. a. dadurch beeinträchtigt, dass die verschiedenen Abschnitte des Entwurfs in der Nummerierung jeweils mit der Textziffer 1 beginnen, was eine eindeutige Referenzierung erschwert und zusätzliche Hinweise auf die betroffenen Abschnitte erfordert. Hier wäre zu überlegen, eine fortlaufende Nummerierung über alle Abschnitte hinweg vorzunehmen oder die Nummerierung anhand einer Kombination von Abschnitt und Textziffer zu systematisieren.
Rz. 22
Als herausfordernd für den Anwender des ED ESRS LSME erscheint zudem, dass die mit den verschiedenen Abschnitten geplante inhaltliche Strukturierung der Vorgaben nicht konsequent umgesetzt wird. So finden sich bspw. in Abschnitt 3 des ED ESRS LSME verschiedene Anforderungen, die thematisch eigentlich den Abschnitten 4–6 zuzuordnen sind. Zwar erscheint die Zielsetzung nachvollziehbar, in Abschnitt 3 alle Anforderungen zur Berichterstattung über Leitlinien, Maßnahmen und Ziele des Unternehmens zusammenzuführen. Da die Angaben jedoch innerhalb der Berichterstattung zu den themenspezifischen Abschnitten 4–6 angesiedelt sein sollen, erhöhen die damit verbundenen Schnittstellenfragen die Komplexität des Entwurfs und erschweren es, sich innerhalb des Regelwerks zurechtzufinden.
Rz. 23
Redaktionell gesehen hilfreich ist dagegen, dass ED ESRS LSME und ESRS Set 1 grds. auf dieselben Begrifflichkeiten (inkl. Glossar) und Abkürzungen zurückgreifen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass für ein und denselben Begriff i. d. R. kein abweichendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt wird, je nachdem welcher Berichtsstandard verwendet wird. Allerdings ist darauf zu achten, dass es in wenigen Einzelfällen mit Blick auf die Angabeanforderungen zu einer – regulatorisch bedingt – abweichenden Begriffsverwendung kommt. So legt ED ESRS LSME Abschn. 1.15(a) z. B. fest, dass sich der Begriff der "Auswirkungen" (impacts) ausschl. auf negative nachhaltigkeitsbezogene Auswirkungen (negative sustainability-related impacts) bezieht, während der Begriff lt. ESRS 1.14(a) regelmäßig sowohl positive als auch negative Auswirkungen (positive and negative sustainability-related impacts) umfasst. Grund hierfür ist, dass Art. 19a Abs. 6 Unterabs. 1 Buchst. c Bilanz-RL n. F. unter den Mindestinhalten des Nachhaltigkeitsberichts für LSME-Unternehmen nur auf negative Auswirkungen abstellt. Vor dem Hintergrund der mit dem ED ESRS LSME vorgesehenen Vereinfachungen wurde entsprechend festgelegt, das Begriffsverständnis mit Blick auf die damit verbundenen Angabeanforderungen – anders als in Set 1 – nicht auch auf die positiven Auswirkungen auszudehnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass LSME-Unternehmen diese Informationen nicht trotzdem als freiwillige Angaben in ihren Nachhaltigkeitsbericht aufnehmen können. Aufgrund der recht prominenten Darstellung dieser Abweichung und der nur punktuellen begrifflichen Unterschiede sollten daraus jedoch keine Auslegungs- bzw. Verständnisfragen für die Ersteller und Nutzer der Nachhaltigkeitsberichte erwachsen.