Lina Warnke, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 44
Angabepflicht ESRS E2-1 sieht die Beschreibung der Konzepte vor, die adressieren, wie das Unternehmen mit seinen wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Vermeidung und Verminderung der Verschmutzung umgeht und wie es diese managt. Ziel dieser Angabepflicht ist es, ein Verständnis dafür zu ermöglichen, inwieweit das Unternehmen über Konzepte verfügt, die auf die Ermittlung, Bewertung, Bewältigung und/oder Behebung wesentlicher umweltbezogener Auswirkungen, Risiken und Chancen abzielen.
Bei Offenlegung der Konzepte sind zusätzlich zu den in ESRS E2.12 – ESRS E2.15 und den entsprechenden Anhängen definierten Anforderungen die allgemeinen Mindestangabepflichten, welche in ESRS 2 MDR-P definiert sind, zu berücksichtigen (ESRS E2.14; § 4 Rz 130 f.). Verfügt ein Unternehmen nicht über ein Konzept bzgl. Umweltverschmutzung, obwohl der Nachhaltigkeitsaspekt als wesentlich identifiziert wurde, sind Angaben gem. ESRS 2.62 zu tätigen (§ 4 Rz 129).
Als Referenzrahmen für diese Angabepflicht gilt die Seveso-III-Richtlinie (Rz 8).
Das geforderte Konzept kann auch Teil eines umfassenderen Umwelt- oder Nachhaltigkeitskonzepts sein, das verschiedene Themen abdeckt und die geforderten Aspekte integriert (ESRS E2.AR10).
Rz. 45
Verschmutzungsbezogene Konzepte sollen erläutern, wie das Unternehmen die folgenden Aspekte, wenn wesentlich, bei seinen eigenen Tätigkeiten sowie in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette berücksichtigt:
- Verringerung negativer Auswirkungen im Zusammenhang mit der Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden, einschl. dessen Vermeidung und Verminderung,
- Minimierung und Substitution besorgniserregender Stoffe und schrittweiser Verzicht auf besonders besorgniserregende Stoffe, insbes. für nicht wesentliche gesellschaftliche Zwecke und in Verbraucherprodukten,
- Vermeidung von Vorfällen und Notsituationen und, falls sie doch eintreten, Verminderung und Begrenzung ihrer Auswirkungen auf Menschen und/oder Umwelt (ESRS E2.15).
Die Offenlegung zum genannten Konzept muss Informationen über den/die erfassten Schadstoffe und andere Stoffe enthalten (ESRS 2.AR11).
Konzepte sollten auch immer Ziele und Angaben zu den Maßnahmen, durch welche die gesetzten Ziele erreicht werden sollen, enthalten. Der Fortschritt und die Zielerreichung sollen durch Kennzahlen gemessen werden. Eine klare Abgrenzung der Angabepflichten ESRS E2-1 zu Konzepten, ESRS E2-2 zu Maßnahmen, ESRS E2-3 zu Zielen und den weiteren kennzahlenbezogenen Angabepflichten ist daher in der Berichterstattung nicht immer möglich oder sinnvoll.
Darüber hinaus kann es ggf. sinnvoll sein, die Offenlegung nach den wesentlichen Unterthemen zu gliedern. So würden z. B. zunächst unter dem Unterpunkt Luftverschmutzung die entsprechenden Konzepte, Maßnahmen, Ziele und Kennzahlen offengelegt, gefolgt von den entsprechenden Offenlegungen zu Wasserverschmutzung, Bodenverschmutzung etc.
Rz. 46
Zu beachten ist, dass es verschiedene Wege gibt, um auf (besonders) besorgniserregende Stoffe zu verzichten. Einer von diesen ist die Substitution, bei der der (besonders) besorgniserregende Stoff durch einen anderen Stoff ersetzt wird, ohne dass Produkt und Verfahren beeinträchtigt werden. Hierbei ist die Gefahr einer bedauernswerten Substitution (regrettable substitution) zu berücksichtigen, wenn ein Stoff durch einen anderen Stoff ersetzt wird, der gleichermaßen oder noch besorgniserregender ist. Dies kann sowohl ökonomische als auch Reputationsschäden für das Unternehmen verursachen. Daher sind neben der Substitution weitere Möglichkeiten, die Verwendung von (besonders) besorgniserregenden Stoffen zu reduzieren, zu berücksichtigen. Hierzu zählt das ersatzlose Weglassen des betroffenen Stoffs aus dem Produkt oder Verfahren, wobei diese weiterhin die gleiche Funktion erfüllen. Daneben kann die Verwendung des Produkts oder Verfahrens vollständig beendet werden, oder das Produkt, in dem der Stoff enthalten war, wird am Ende seiner Nutzungsdauer ausgemustert. Letztlich kann auch ein Technologiewechsel dazu führen, dass ein (besonders) besorgniserregender Stoff nicht mehr verwendet wird. Dabei sind immer die Hindernisse beim Auslaufen der Verwendung von (besonders) besorgniserregenden Stoffen zu beachten. Diese können sowohl auf technologischer, finanzieller, marktseitiger und regulatorischer Ebene auftreten. Zu den technischen Hindernissen gehören fehlende Kapazitäten bei der Herstellung, der Mangel an verfügbaren Alternativen, die technische Komplexität und der Aufwand nachzuweisen, dass die Änderung des Produkts bzw. Verfahrens die Sicherheits- und Funktionsanforderungen erfüllt (v. a. im medizinischen Bereich). Die finanziellen Hindernisse bestehen aus den Kosten für die Überarbeitung, dem Mangel an personellen Ressourcen in der Entwicklung sowie dem Zeitaufwand für die Suche nach Alternativen. Marktseitig entstehen Hindernisse durch vertragliche Verpflichtungen und die evtl. fehlende Akzeptanz der überarbeiteten Produkte....