"Earth Overshoot Day" ist der Tag im Jahr, an dem wir der Erde die Ressourcen genommen haben, die sie innerhalb eines Jahres regenerieren kann. Im Jahr 2021 war dies in Deutschland der 5. Mai, ab diesem Tag haben wir auf Kosten unserer Enkel gelebt. Weltweit war dieser Tag der 29. Juli. Aber wir Deutschen stehen in der Ressourcenfraß-Liste noch nicht einmal ganz oben, da stehen die USA mit 5,0 Erden, die im Jahr gebraucht werden, Australien mit 4,1, Russland mit 3,2 und dann folgt Deutschland mit 3,0. China (2,2) und Indien (0,7) verbrauchen im Vergleich weniger Erden. Aber was nützt dieser Vergleich schon, letztendlich bedeutet unser unbändiger Ressourcenfraß, dass wir unsere Erde ausquetschen, bis nichts mehr drin ist. Und manche mahnen schon, dass wir uns endlich von "ökologischen Wachstumsfantasien" verabschieden müssen. Denn Wachstum heißt immer mehr Ressourcenfraß, der auch ökologisch "aufgehübscht" unbändiger Fraß bleibt.
Aber was bedeutet dieser Ressourcenfraß eigentlich? Wir verbrauchen unsere Erde so schnell, dass die Biodiversität vernichtet wird und mit ihr ein ungebremstes Artensterben voranschreitet. Und dies hat dramatische Folgen für uns Menschen. Die menschengemachte Vernichtung unzähliger Arten hat ungeahnte und nicht vorhersagbare Auswirkungen auf die komplexen Zusammenhänge der Natur. Das Artensterben hat aber auch direkt spürbare Kettenreaktionen, die uns Menschen bereits bekannt sind und ziemlich bald schmerzhafte Einschnitte in unsere Lebensart bedeuten werden. Ob und wie viele Fische in den nächsten Jahrzehnten noch als Nahrungsmittel auf dem Tisch landen werden, wenn die Überfischung nicht besser reguliert wird, ist eine ganz naheliegende Frage.
Das Verzichtsparadoxon
An den Auswirkungen z. B. der Überfischung auf die Fischerei und diejenigen, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen, kann man das Verzichtsparadoxon gut erkennen. Würde die globale und regionale Fischerei-Industrie konsequent Fangquoten einhalten, so würden sich die Bestände immer wieder erholen und wieder neuen Fang ermöglichen. Ein Verzicht bedeutet also die Ermöglichung eines späteren stetigen Gewinns.
Verzichtet die Fischerei-Industrie aber nicht, vernichtet sie ihre eigene Wirtschaftsgrundlage. Das Problem dabei ist, dass jeder denkt, der andere halte sich nicht an die Vorgaben und wenn man selbst es tun würde, hätte man einen Nachteil gegenüber dem Wettbewerb. So fischt man lieber mehr als erlaubt und hofft, nicht erwischt zu werden. Am Ende fischen dann alle in leeren Meeren mit leeren Netzen und alle gehen pleite, so paradox es auch klingt. Das Problem ist also nicht die Logik des Einzelnen, sondern die Angst vor der Unlogik aller anderen, die alle in den Untergang führt.
Während mancher sich freut, dass bei einer Autofahrt im Sommer die Frontscheibe nicht mit unzähligen Insektenleichen gepflastert ist, haben andere schon begonnen, die Obstpflanzen künstlich zu befruchten, damit sie noch Früchte tragen.
Die ökologische Kettenreaktion des Artensterbens ist so vielfältig und komplex, aber am Ende stehen letztlich meist wir Menschen, denn wir repräsentieren das Ende der Nahrungskette. Aber es geht nicht nur um Nahrung für Milliarden Menschen, es geht auch um andere dramatische ökonomische Folgen des Artensterbens, die vielleicht manch monetär Getriebener leichter versteht. Hier mal einfache Beispiele:
- Unsere Nahrungsmittelindustrie geht durch Ernteausfälle der Kulturpflanzen aufgrund wegfallender natürlicher Bestäubung den Bach runter und damit verlieren Millionen Menschen ihren Broterwerb. Die restlichen Nahrungsmittel werden viel teurer und wir Menschen hungern irgendwann, weil wir uns Essen nicht mehr täglich leisten können. Diese Kettenreaktion können wir bereits in Ländern mit Dürrekatastrophen beobachten, wobei da die Hitze und nicht die mangelnden Insekten das Hauptproblem darstellt.
- Unsere Quellen für Arzneimittel in der Biosphäre gehen der Pharmaindustrie verloren, dadurch erschwert und verteuert sich die Medikamentenherstellung, sodass die Menschheit durch schwindende und zu teure medizinische Versorgung an Krankheiten leiden und sterben wird.
Das Artensterben wird also extreme Folgen für unsere Wirtschaft und das menschliche Leben haben und diese lassen sich bereits heute feststellen. "Wir erodieren global die eigentliche Basis unserer Volkswirtschaften, Lebensgrundlagen, Nahrungsmittelsicherheit und Lebensqualität", so der Vorsitzende des Weltbiodiversitätsrates (IPBES), Robert Watson. "Die Weltgemeinschaft müsse sich dringend abwenden von wirtschaftlichem Wachstum als zentralem Ziel, hin zu nachhaltigeren Systemen."
Einem erschütternden Bericht der Vereinten Nationen zufolge sind rund eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. "Viele drohten bereits in den kommenden Jahrzehnten zu verschwinden", heißt es in dem Bericht zur weltweiten Artenvielfalt, den der Weltrat für Biodiversität (IPBES) im Mai 2019 veröffentlichte. Dass die Wissenschaftler in dem Bericht tiefgreifende Änd...