1 × 1 des Klimawandels: Das 1,5-Grad-Klimaziel
Wenn wir vom Klimawandel reden, müssen wir verstehen, dass hier nicht automatisch und ausschließlich von einer aktuellen Wettersituation gesprochen wird. Klima und Wetter sind zwei verschiedene Dinge, und dennoch hängen sie eng miteinander zusammen.
- Der Begriff Wetter beschreibt den physikalischen Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Gebiet über einen Zeitraum von wenigen Stunden bis wenigen Tagen.
- Witterung hingegen ist die durchschnittliche Charakterisierung des Wetterverhältnisses an einem bestimmten Ort oder Gebiet über einen Zeitraum von mehreren Tagen oder Wochen.
- Als Klima wird der durchschnittliche atmosphärische Zustand an einem bestimmten Ort oder Gebiet über einen längeren Zeitraum (i. d. R. 30 Jahre) bezeichnet.
Um die räumlichen Dimensionen des Klimas greifbar zu machen, werden diese zusätzlich noch in Stufen wie Mikro-, Meso- und Makroklima unterteilt.
Klimawandel beschreibt also eine langfristige Veränderung des Klimas durch Abkühlung oder Erwärmung, welcher die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten bestimmter Wetterlagen erhöht oder vermindert. Dahingehend kann auch besser verstanden werden, warum wir Wetter eher schlechter vorhersagen können, den globalen Klimawandel aber schon. Während auf das Wetter unzählige kurzfristige Faktoren Einfluss haben können, ist der Klimawandel durch den langfristigen Messzeitraum besser einschätzbar – am besten im Bereich der Temperaturentwicklung.
Es ist unumstritten, dass sich das Klima auf unserem Planeten im Laufe der Geschichte und über viele Millionen Jahre immer wieder verändert hat. Mal gab es Kaltzeiten, mal gab es Warmzeiten. Mal war die Erde von Eis und Schnee bedeckt, mal herrschten tropische Bedingungen. Dies bedingt auch die Annahme einiger Menschen, dass wir nichts mit dem aktuellen Klimawandel zu tun hätten und der Mensch keinen Einfluss darauf hätte. Diese Annahme ist leider falsch!
Durch unsere Anstrengungen retten wir nicht den Planeten per se, sondern allen voran das Fortbestehen unserer Spezies.
Betrachten wir das Ganze doch aus einer anderen Perspektive und denken positiv. Letztendlich müssen wir froh sein, dass wir als Menschen Einfluss auf den vorherrschenden Klimawandel haben. Wäre dem nicht so, dann wären unsere Tage auf diesem schönen Planeten bereits jetzt gezählt und wir wären sozusagen ein Auslaufmodell.
Der Einfluss des Menschen auf das Klima
Doch wie beeinflusst der Mensch jetzt eigentlich das Klima und warum entsteht dadurch eine Erwärmung?
Die Entwicklung des Menschen ist prinzipiell eine Erfolgsgeschichte. Im Jahr 10.000 v. Chr. lebten schätzungsweise 4 Millionen Menschen auf der Erde. Im Jahr 0 waren es schon ca. 230 Millionen und bis ins Jahr 1950 stieg die Anzahl der Weltbevölkerung auf ca. 2,55 Milliarden Menschen an. Von 1950 bis ins Jahr 2020 haben wir einen Sprung auf ca. 7,80 Milliarden Menschen gemacht. Das bedeutet, dass wir ca. 11.950 Jahre benötigt haben, um von 2 Millionen auf knapp 2,55 Milliarden Menschen anzuwachsen, aber nur weitere 70 Jahre, um diese Zahl mehr als zu verdreifachen.
Dadurch und durch die technischen Fortschritte der einzelnen industriellen Revolutionen und die damit verbundene menschliche Entwicklung ist unser Bedarf an Ressourcen und Rohstoffen in unglaubliche Dimensionen angestiegen.
In weniger als 200 Jahren haben wir einen enormen Anteil an fossilen Energieträger wie zum Beispiel Kohle, Erdöl und Gas gefördert, welche zuvor bis zu mehreren Hundert Millionen Jahre zur Entstehung benötigten.
Der Treibhauseffekt
Durch die Verbrennung dieser Energieträger wurde der über Jahrmillionen gespeicherte Kohlenstoff in sehr kurzer Zeit als CO₂ freigesetzt, wodurch der natürliche Treibhauseffekt massiv beeinflusst wurde. Den sogenannten „Treibhauseffekt“ gibt es schon sehr viel länger, als Menschen auf diesem Planeten existieren. Im Grunde hat er Leben auf der Erde überhaupt erst ermöglicht. Und ohne ihn wäre es ungefähr 32 Grad kälter als jetzt. Das Problem mit den massiven zusätzlichen Mengen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO₂) oder Methan (CH4) besteht allerdings darin, dass sie vereinfacht gesagt eine immer stärkere Barriere in unserer Atmosphäre bilden. Die kurzwellige Strahlung der Sonne kann weiterhin durch die Atmosphäre auf unsere Erdoberfläche dringen. Von der auftreffenden Sonnenstrahlung auf unserer Erdoberfläche wird ein Teil reflektiert und ein Teil absorbiert. Aber von diesen absorbierten Strahlen wird ebenfalls wiederum ein Teil reflektiert als langwellige Infrarotstrahlung, also Wärmestrahlung.
Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan greifen dahingehend in die Strahlungsbilanz ein, da sie die von der Erdoberfläche abgestrahlte langwellige Wärmestrahlung nicht wieder passieren lassen. Dadurch kommt es zu einer Art „Wärmestau“ und es entsteht eine höhere Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten. Die dadurch entstehenden Klimakatastrophen wie Abschmelzen der Eisflächen, Meeresspiegelanstieg, längere Hitzeperioden und damit verbundene Dürren, zunehmende Verwüstungen durch Hurrikans, Verlust der Biodiversität u. v. a. m. sind in den Medien omnipräsent.
Aufgrund der oben genannten Klimamechanismen ist es notwendig, die Verbrennung fossiler Energieträger schnellstens und drastisch zu reduzieren, damit der Temperaturanstieg auf maximal 1,5 bis 2,0 Grad begrenzt werden kann. Denn je mehr Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, desto stärker wird auch der „Barrieren-Effekt“.
Warum nun das 1,5- bis 2,0-Grad-Klimaziel?
Genau wie zum Klimawandel gibt es auch zu den 1,5- bis 2,0-Grad-Grenzwerten unzählige Studien und jede Menge Forschungsmaterial. Mir ist es an dieser Stelle wichtig, diese Daten in kurzer und vereinfachter Form wiederzugeben. Letztlich wollen wir kein zusätzliches Ohnmachtsgefühl erzeugen, sondern einen guten Überblick über das Thema geben.
Wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, sind Treibhausgase für unser Klima prinzipiell gesehen nicht schlecht. Wie in einem bekannten Sprichwort, das besagt, dass die Dosis das Gift mache, verhält es sich auch mit den Treibhausgasen. Neben Wasserdampf ist das Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂) das wichtigste Klimagas. Seit Beginn der Industrialisierung ist die globale Konzentration allerdings um 44 % gestiegen. Im Kyoto-Protokoll werden weitere fünf essenzielle Treibhausgase beschrieben. Diese sind Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O) – auch als Lachgas bekannt –, halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6). Zusammengefasst werden diese in sogenannten CO₂-Äquivalenten berechnet.
Wenn wir also zumindest das 2-Grad-Klimaziel zum Ende dieses Jahrhunderts erreichen wollen, dann darf laut Weltklimarat die Grenze von 450 ppm CO₂-Äquivalenten nicht dauerhaft überschritten werden. Im Jahr 2019 lag die gesamte Treibhausgaskonzentration allerdings bei 500 ppm CO₂-Äquivalenten. Wenn es also so weitergeht wie bisher, werden wir unser Ziel ganz klar verfehlen und da reden wir noch gar nicht von einem viel ambitionierten 1,5-Grad-Ziel.
Die Folgen des Temperaturanstiegs
Es hat große Bedeutung, dass wir an diesem Punkt verstehen, dass ein Temperaturanstieg nicht bedeutet, dass wir im Winter weniger frieren. Die 2-Grad-Erwärmung wird oft so verstanden, dass es „nur“ ein bisschen wärmer wird. Und was ist schon der Unterschied, ob es an einem Tag nun 17 oder 19 Grad hat?
Ganz so einfach und harmlos ist es leider nicht. Da wir von einer globalen Durchschnittstemperatur ausgehen, müssen wir zum Beispiel miteinberechnen, dass sich das Wasser langsamer erhitzt. Außerdem bildet dieser Durchschnitt auch die Temperaturentwicklungen aller Weltregionen ab sowie die Temperaturunterschiede der einzelnen Jahreszeiten.
So kommt es, dass die globale Mitteltemperatur derzeit 15 Grad beträgt. Wenn sich die Durchschnittstemperatur also um 2 Grad erwärmt, bedeutet das, dass die Landflächen sich tatsächlich weit stärker erwärmen. Doch was wären die Folgen, wenn wir unsere Ziele tatsächlich verfehlen?
Ab einer Erhitzung um 2 Grad befürchten Expertinnen und Experten katastrophale Folgen für unseren Planeten und seine Ökosysteme – von denen wir Menschen ein Teil sind. Aber bereits mit einem Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad wären die Folgen für unseren Planeten gravierend und irreversibel. Jedes Zehntel Grad Temperaturanstieg macht einen großen Unterschied für die Erde und hat schwerwiegende Konsequenzen für die Umwelt.
Wissenschaftliche Prognosemodelle sind so exakt wie noch nie und können inzwischen die Konsequenzen zwischen einer Erhitzung von 1,5 oder 2,0 Grad für unseren Planeten so genau wie noch nie berechnen.
Gelänge es uns nicht, den Temperaturanstieg noch einzugrenzen, würden wir viele Risiken eingehen:
- Ein Anstieg der Durchschnittstemperaturen um mehr als 2 Grad würde uns vor eine Flüchtlingskatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes stellen, da durch Meeresspiegelanstieg und anhaltende Dürren viele Gebiete nicht mehr bewohnbar wären.
- Dadurch würden Armut und Hungersnöte in der Welt enorm steigen.
- Die Süßwasserknappheit würde dramatisch zunehmen.
- Durch das völlige Absterben der Korallenriffe würde ein weiterer wichtiger Teil unseres Ökosystems verschwinden.
Ganze Vegetationszonen würden verschoben werden, was den Verlust des größten Teils der Biodiversität zur Folge hätte. Der Großteil aller Lebewesen wäre vom Aussterben bedroht oder würde gänzlich aussterben.
Das Risiko eines Massensterbens bei vielen Tier- und Pflanzenarten kann aber verringert werden. Bei einer Temperaturzunahme von 1,5 Grad droht ein Massensterben von mehr als 50 % der Population, und zwar bei 6 % der Insektenarten, 8 % der Pflanzenarten und 4 % der Wirbeltierarten. Ist es aber um 2 Grad heißer, dann droht ein derartiges Massensterben bei 18 % der Insektenarten, 16 % der Pflanzenarten und 8 % der Wirbeltierarten.
Bei einem Temperaturanstieg von 1,5 Grad wäre die Arktis über 100 Jahre hinweg einmal komplett eisfrei, bei 2 Grad einmal in zehn Jahren und bei 3 Grad in zwei von drei Sommern.
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Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus dem Buch Green Company Transformation, das 2022 bei Haufe erschienen ist. Hier geht es zum Buch.
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