Für die Kommune gibt es im Bereich Klimaschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien zahlreiche Stellschrauben. Meist ist die Personalkapazität und das umsetzbare Investitionsvolumen jedoch begrenzt, sodass nicht alle Projekte gleichzeitig bearbeitet werden können. Daher ist es besonders wichtig, strategisch vorzugehen und die vorgesehenen Maßnahmen entsprechend verschiedener Faktoren wie Energieerzeugungsmenge, CO2-Einsparung, Investitionsvolumen, Personalkapazität, Akzeptanz der Bürgerschaft und Energiesicherheit zu priorisieren. Wenn die Maßnahmen nicht klar priorisiert werden, besteht das Risiko, dass vorhandenes Personal überbelastet wird, Ziele nicht erreicht werden oder keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen und daher keines der Projekte zur Umsetzung kommt.

Priorisierung anhand einer Nutzwertanalyse

Die Gemeinde Ottersweier möchte demzufolge die anstehenden Maßnahmen anhand einer Nutzwertanalyse priorisieren. Die Nutzwertanalyse (NWA, englisch scoring) ist ein Verfahren zur Bewertung von Handlungsmöglichkeiten. Hier werden insbesondere auch solche Bewertungskriterien mit einbezogen, welche nicht monetär messbar sind (psychische, technische, ökologische Kriterien).

Um die verschiedenen Maßnahmen in einer Nutzwertanalyse darstellen zu können ist im ersten Schritt festzulegen, welche Kriterien für die Gemeinde wichtig sind und in die Bewertung mit einbezogen werden sollen. Es kommen dabei folgende Kriterien in Betracht:

  • Investitionsvolumen
  • CO2-Einsparung
  • Aufwand pro eingesparte Menge CO2
  • Personalaufwand
  • Energiesicherheit
  • Akzeptanz der Bürgerschaft

Die geplanten Maßnahmen müssen dann in einer Tabelle entsprechend der verschiedenen Faktoren in einem Bereich von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewertet werden. Zusätzlich wird für die Faktoren eine Gewichtung in % festgelegt. Folgende Bewertungskriterien und Gewichtungen werden hierfür vorgeschlagen:

 
lfd. Nr. Bewertungskriterium Gewichtung in % Definition Werte
1. Investitionsvolumen 20 % 100.000 EUR-Schritte/ab 1 Mio. EUR Investition 1 Punkt
2. Aufwand pro eingesparte Menge CO2 insgesamt 15 % Höchste Punktzahl, wenn kein zusätzlicher finanzieller Aufwand erforderlich ist; pro 0,01 EUR/kg vermiedenes CO2 wird 1 Punkt abgezogen.
3. CO2-Einsparungen 25 % Der CO2- Ausstoß der Gesamtgemeinde beträgt rd. 31.000 Tonnen. Vor dem Hintergrund erhalten die Maßnahmen die höchste Punktzahl, mit denen 1.000 Tonnen eingespart werden können. Pro 100 Tonnen, die weniger eingespart werden, wird 1 Punkt abgezogen.
4. Personalaufwand 10 % Für einen geschätzten Personalaufwand von 0,05 Stellenanteilen wird 1 Punkt abgezogen.
5. Energiesicherheit 15 % Damit soll bewertet werden, ob durch die Maßnahme die Versorgungssicherheit der Bevölkerung verbessert wird.
6. Akzeptanz der Bürgerschaft 15 % Die Akzeptanz der Bürger ist ein wichtiger Faktor von Maßnahmen des Klimaschutzes. Daher soll hier bewertet werden, wie hoch die Akzeptanz für das Projekt liegt/Orientierung bietet Bürgerbefragung aus 2022.

Tab. 1: Bewertung der Maßnahmen – Bewertungskriterien und Gewichtung

Die Punktwerte werden mit der Gewichtung multipliziert und eine Endsumme gebildet. Anhand der Endsummen kann dann ein Ranking erstellt werden. Am Beispiel der beiden Projekte Humusaufbau (s. 10 "Humusprojekt") und Freiflächen-PV-Anlage (s. 7.2 "Installation von Freiflächen-PV-Anlagen") würde sich die Bewertung wie folgt gestalten:

 
Projekt Investitionsvolumen Aufwand pro eingesparte Menge CO2 insgesamt CO2- Einsparung Personalaufwand Energiesicherheit Akzeptanz der Bürgerschaft Gesamt:
Gewichtung 20 % 15 % 25 % 10 % 15 % 15 % 100 %
Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage 5 10 5 9 10 8 47
Humus-Projekt 10 4 1 6 1 7 29

Tab. 2: Bewertung der Maßnahmen – Priorisierung

Im Rahmen der Nutzwertanalyse würde sich somit im Ergebnis eine Priorisierung der Maßnahme "Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage" vor der Umsetzung des "Humus-Projektes" ergeben. Daher sollte dieses Projekt durch die Kommune priorisiert bearbeitet werden.

 
Praxis-Tipp

Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat

Die Priorisierung von Maßnahmen ist sehr wichtig, damit die Kommunalverwaltung zielgerichtet arbeiten kann. Die Priorisierung sollte gemeinsam mit dem Gemeinderat erfolgen. Hierbei sollte Konsens über die Bewertung der einzelnen Kriterien herrschen. Über den Stand der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen sollte regelmäßig gegenüber dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit berichtet werden. Zusätzlich sind eine regelmäßige Überprüfung und ggf. Aktualisierung der Werte erforderlich.

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