Wegzugsbesteuerung

Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG soll dafür sorgen, dass stille Reserven, die ein Steuerinländer in einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ansammelt, dem deutschen Fiskus nicht dadurch verloren gehen, dass der Gesellschafter seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt.

Der Grund für diese Regelung ist, in Deutschland auf die Besteuerung von Gewinnen nach § 17 EStG bei beschränkt Steuerpflichtigen verzichtet wird. Mit einem Wohnsitzwechsel in einen Niedrigsteuerstaat vor einer Veräußerung der Beteiligung könnte damit die inländische Besteuerung verhindert werden. Die Wegzugsbesteuerung sorgt daher für die Versteuerung des Wertzuwachses der Beteiligung bei Wegzug ins Ausland.



Wegzugsbesteuerung: Das gibt es zu beachten

Nach § 6 AStG müssen unbeschränkt Steuerpflichtige mit ihrem Übertritt in die beschränkte Steuerpflicht ("Auswanderung") oder mit der Erfüllung gewisser anderer Tatbestände (§ 6 Abs. 1 Nr. 1-4 AStG 2006) den Vermögenszuwachs ihrer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligungen an inländischen oder ausländischen Kapitalgesellschaften auch ohne Veräußerung nach den Grundsätzen des § 17 EStG versteuern. Dabei sind sowohl Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften als auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften betroffen.

Die Steuer kann gegen Sicherheitsleistung und Ratenzahlung auf maximal fünf Jahre gestundet werden, wobei eine Realisierung im Ausland (z. B. durch Verkauf oder verdeckte Einlage) zu einem Widerruf führt. Besteht bereits zum Zeitpunkt des Wegzugs die Absicht innerhalb von fünf Jahren zurückzukehren, erfolgt eine vorläufige Steuerfestsetzung gegen Stundung mit Sicherheitsleistung.

Wegzugsbesteuerung: Auswirkung von Doppelbesteuerungsabkommen

Die Wegzugsbesteuerung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige zugleich mit oder nach der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Staat steuerlich ansässig wird, mit dem ein DBA besteht, und der Gewinn aus der späteren tatsächlichen Veräußerung des Anteils nach dem Abkommen in Deutschland besteuert werden könnte. Es tritt insoweit keine Sperrwirkung eines DBA ein.

Die Besteuerung des Gewinns aus der tatsächlichen Veräußerung des Anteils entfällt, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Veräußerung in einem Staat ansässig war, mit dem ein DBA besteht, das für diesen Gewinn das Besteuerungsrecht nur diesem Staat zuweist.

Für diese Fälle der Doppelbesteuerung versucht Deutschland entweder im Wege des DBA oder im Verständigungsverfahren durchzusetzen, dass der neue Wohnsitzstaat entweder


  • nur den Vermögenszuwachs ab Wegzug besteuert (z. B. DBA Österreich n. F.) oder
  • die nach § 6 Abs. 1 AStG erhobene Steuer anrechnet.

Anwendung der Wegzugsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz und anderen Drittstaaten

Für die Anwendung der Wegzugsbesteuerung ist vorab zu untersuchen, ob es sich um einen Wegzug in einen Drittstaat oder um einen EU-/EWR-Fall handelt. Für eine Drittstaaten-Konstellation ergibt sich der Grundsatz der Sofortbesteuerung. Eine Ausnahme kann sich u. U. für die Schweiz aufgrund des sog. Freizügigkeitsabkommens ergeben.

Besonderheiten beim Wegzug in EU-/EWR-Staaten

Zur Erfassung der abwandernden stillen Reserven wird grundsätzlich auch beim Wegzug in einen EU-/EWR-Staat eine Steuer festgesetzt. Allerdings erfolgt nur im ersten Schritt eine Wertzuwachsbesteuerung. Bei einer späteren Realisierung wird grundsätzlich zur Besteuerung des tatsächlich realisierten Gewinns übergegangen. Hierzu ist die bei Wegzug festgesetzte Steuer rückwirkend zu ermäßigen, wenn der Anteilseigner bei einem nach dem Wegzug erfolgten Verkauf einen Preis erzielt, der unter dem der Steuerfestsetzung zugrunde gelegten gemeinen Wert liegt.

Diese rückwirkende Korrektur ist aber nur vorzunehmen, wenn die Wertminderung betrieblich veranlasst ist. Das Gesetz regelt auch den Hauptanwendungsfall: Die ausschüttungsbedingte Wertminderung. Hier ist zu beachten, dass zugunsten des Wegzugstaats Deutschland Kapitalertragsteuer angefallen ist. Diese ist auf die Wegzugssteuer anzurechnen.