Gesundheitsrisiko für Berufspendler: Mit jedem Kilometer zum Arbeitsort steigen Beschwerden

Die Anzahl der Arbeitspendler ist in den letzten 15 Jahren gestiegen. Gemäß dem Statistischen Bundesamt pendelten im Sommer 2022 etwa 13,7 Millionen Personen zur Arbeit in einen anderen Kreis oder sogar ins Ausland. Das entspricht 40 Prozent der Beschäftigten. Neben dem kontinuierlichen Anstieg der Pendlerzahl seit 2010 hat sich auch der durchschnittliche einfache Arbeitsweg von 14,6 auf 16,8 Kilometer erhöht, was zu einer entsprechenden Zunahme der Pendelzeit führt. Dies hat teilweise erhebliche gesundheitliche Folgen für die betroffenen Beschäftigten.
Gesundheitsgefährdungen bei längeren Strecken
Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass Pendler häufiger unter Rücken- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und anderen funktionellen Beschwerden leiden. Zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Herzinfarkt- und Adipositas-Risiko. Während in den öffentlichen Verkehrsmitteln die vorrangige Gefahr in der Übertragung von Infektionskrankheiten liegt, sind bei längeren Autofahrten vor allem der Bewegungsmangel sowie ein ungesundes Essverhalten Gründe für gesundheitliche Belastungen.
Autofahrt wichtigster Stressfaktor
Pendeln führt jedoch nicht nur zu physischen Beschwerden. Schon eine Studie der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2016 konnte feststellen, dass der Straßenverkehr eine der wichtigsten Ursachen von Stress für die Beschäftigten ist. Vor allem sind es lange Autofahrten, die den Berufspendlern am meisten psychisch zusetzen. Dennoch setzen Berufspendler auch für kurze Arbeitswege nach wie vor allem auf das Auto. Im Jahr 2022 gaben laut Statistischen Bundesamt 40 Prozent von ihnen an, selbst für Strecken unter 5 Kilometern in der Regel das Auto zu nutzen. Für Strecken von 5 bis 10 Kilometern lag der Anteil der Pkw-Fahrenden mit 69 Prozent noch deutlich höher.
Beschwerden nehmen mit Entfernung zu
Die gesundheitsschädigenden Auswirkungen des Pendelns bestätigt auch eine aktuelle Metastudie, in der das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) 79 wissenschaftliche Studien für den Techniker Krankenkassen-Report „Studien zur Arbeitsmobilität“ ausgewertet hat. Danach nehmen die psychischen und physischen Beschwerden proportional mit der Entfernung und Fahrzeit zu. Je länger der Arbeitsweg, desto häufiger treten also gesundheitliche Probleme auf. Nicht nur die Zahl der Fehltage steigt an, sondern auch die Unzufriedenheit in Hinsicht auf Work-Life-Balance und Lebensqualität.
Potenzieller Selektionsprozess
Dass die gesundheitlichen Folgen des Pendelns nicht noch größer sind als ohnehin schon, könnte an einem Phänomen liegen, auf das einige Studien in den vergangenen Jahren aufmerksam gemacht haben und das man als „Selektionsprozess“ bezeichnen könnte. Gesundheitlich anfällige und leicht gestresste Menschen geben dabei die Fahrt zur Arbeit in vielen Fällen kurz- oder mittelfristig auf und suchen sich neue Jobs, die näher am Wohnort liegen. In der Regel lassen sich primär nur Beschäftigte mit einer guten körperlichen/psychischen Verfassung und Resilienz langfristig auf lange Arbeitswege ein – insbesondere, wenn sie das Auto benutzen. Wie eine dänische Studie aus dem Jahr 2009 zumindest für dänische Beschäftigte herausfand, sei deren vorzeitige Berentungsrate sogar geringer als von Arbeitnehmern mit relativ kurzen Wegen zur Arbeit.
Gesund trotz langem Arbeitsweg
Den Belastungen können Berufspendler am besten durch eine Stärkung ihrer gesundheitlichen Resilienz trotzen. Viel Bewegung, ausreichend Entspannung und Schlaf sind dabei besonders wichtige Faktoren. Eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben ist bei Pendlern noch wichtiger als bei Beschäftigten im Homeoffice oder mit kurzen Arbeitswegen. Auf der Wegstrecke nach Hause sollte daher sofort der Schalter umgelegt werden, zum Beispiel durch Telefonate mit der Familie und Freunden. Vor allem Autofahrer sollten am Feierabend das Sitzen im Wagen neben Sport auch durch eine gesunde Ernährung kompensieren.
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