PFAS in der Lieferkette: Neue EU-Regelung auf dem Weg
PFAS und POP
PFAS (per- and polyfluoroalkyl substances) sind organische Verbindungen, bei denen Wasserstoffatome vollständig oder teilweise durch Fluoratome ersetzt sind (per- bzw. polyfluoriert). Etwa 10.000 verschiedene Verbindungen sind bekannt. Charakteristisch für PFAS ist, dass sie durch Sonneneinstrahlung oder Mikroorganismen kaum gespalten werden können und damit schwer abbaubar sind. Die Abkürzungen PFT oder PFC werden häufig synonym verwendet, umfassen jedoch nur einen Teil der Stoffgruppe. PFAS gehören zur Gruppe der persistenten organischen Schadstoffe (Persistent organic pollutants, kurz POP).
Wo werden PFAS eingesetzt?
PFAS werden seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts hergestellt. Sie finden breite Anwendung, denn sie haben wasser-, fett- und schmutzabweisende Eigenschaften und sind temperaturbeständig und langlebig.
Typische Anwendungen sind Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen, bei Herstellung von Halbleitern oder photographischen Prozessen sowie in der Fahrzeug- und Bauindustrie. PFAS finden sich auch in Kabeln, Dichtungen, Kühlmitteln, Reinigungs- und Pflanzenschutzmitteln, Farben und Feuerlöschschäumen.
Auch folgende Produkte können - beabsichtigt oder als Verunreinigung - PFAS enthalten: Fast-Food-Verpackungen, Backpapier, Tüten für Mikrowellen-Popcorn, Muffinförmchen, regenabweisende Outdoor-Bekleidung, Teppiche, Tischdecken, antihaft-beschichtete Pfannen, Backformen, Folien, Tassen, Teller, Aufbewahrungsboxen, Imprägniermittel, Boden- und Autopflegemittel, Ski-Wachse sowie Elektronikgeräte.
Mögliche Gefahren durch PFAS
PFAS können bei Herstellung, Verarbeitung, Gebrauch und Entsorgung in die Umwelt gelangen. Menschen nehmen die Chemikalien hauptsächlich über die Nahrungskette und Trinkwasser auf. Auch über Atemluft, Hausstaub sowie PFAS-haltige Produkte können die Chemikalien in den menschlichen Körper gelangen, wo sie sich v.a. in Organen und Blut anreichern. Studien zeigen, dass PFAS entweder unverändert und langsam ausgeschieden oder zu anderen PFAS verstoffwechselt werden. Dabei werden kurzkettige PFAS schneller ausgeschieden als solche mit längeren Kohlenstoffketten.
Mögliche Folgen von PFAS sind eine verminderte Wirkung von Impfungen, verringerte Fruchtbarkeit, höhere Cholesterinwerte, höheres Diabetesrisiko, Leberschäden, Schädigung des Hormonsystems sowie des Fettstoffwechsels, erhöhte Krebsgefahr.
Als tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 4,4 ng pro kg Körpergewicht pro Woche für die Summe von vier langkettigen PFAS (PFOA, PFNA, PFHxS, PFOS) ermittelt.
Lieferketten, Verbote und Beschränkungen
Neben geeigneten Arbeitsschutzmaßnahmen für Beschäftigte bei Tätigkeiten mit PFAS, müssen Unternehmen auch sicherstellen, dass in ihren Lieferketten geltende Vorschriften eingehalten werden:
- POP-Chemikalien, darunter auch bestimmte PFAS, werden in der EU durch die Verordnung (EU) 2019/1021 (POP-Verordnung) und weltweit durch das Stockholmer Übereinkommen reguliert. Ziel ist, Herstellung, Inverkehrbringen und Verwendung von POP zu verbieten bzw. zu beschränken.
- Für PFAS, die in der Kandidatenliste (Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC)) veröffentlicht sind, gilt: Lieferanten von Erzeugnissen, die mehr als 0,1 % SVHC-Stoffe enthalten, müssen Informationen in der SCIP-Datenbank eintragen.
- PFAS in Lebensmitteln: Seit 1. Januar 2023 gelten in der EU Höchstgehalte für PFOS, PFOA, PFNA und PFHxS sowie die Summe dieser 4 PFAS in bestimmten Lebensmitteln tierischer Herkunft: Eier, Fischereierzeugnisse, Muscheln, Fleisch und sog. Schlachtnebenerzeugnisse wie Innereien. Werden festgelegte Werte überschritten, dürfen sie nicht in Verkehr gebracht werden.
- Gemäß Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz müssen seit 1. Januar 2024 Unternehmen aller Branchen mit mind. 1000 Beschäftigten in Deutschland neben Risiken bez. Verletzung von Menschenrechten auch umweltbezogene Risiken u.a. POP-Chemikalien gemäß dem Stockholmer Übereinkommen betrachten.
Neue EU-Regelung kommt
Am 7. Februar 2023 hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) ein Verbot von Herstellung, Verwendung und Inverkehrbringen, einschließlich Einfuhr, der PFAS vorgeschlagen und veröffentlicht. Ziel ist, die Freisetzung von PFAS in die Umwelt zu verringern. Mit einer Entscheidung der Europäischen Kommission rechnen Experten für das Jahr 2025. Je nach Anwendung soll es Übergangsfristen von eineinhalb bis dreizehneinhalb Jahren geben. Für einige Bereiche wie Wirkstoffe in Arzneimitteln sind unbegrenzte Ausnahmen vorgesehen. Unternehmen müssen ihre Lieferketten bez. PFAS unter die Lupe nehmen, Hersteller müssen geeignete Ersatzstoffe für PFAS finden.
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