Künstliche Intelligenz: Risiken beachten, Vorteile erforschen
Wie bei allen großen technologischen Revolutionen löst auch die KI gesellschaftliche Ängste aus, vor allem, dass der Mensch die Kontrolle über die neuen technischen Systeme verlieren könnte. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Befürchtung nicht. Denn autonom operierende KI-Systeme können tatsächlich schon heute die Kontrolle übernehmen, ohne dass der Mensch eingreifen kann – so zum Beispiel bei der Steuerung von Flugzeugen. Wie groß die Gefahr ist, zeigt auch schon die Klassifizierung der EU im Rahmen der im Juni 2023 verabschiedeten KI-Verordnung (Ai Act), die neben KI-Systemen mit einem mittleren Risiko und mit einem geringen Risiko auch Systeme mit einem „unkalkulierbaren Risiko“ benennt.
Belastungen durch „Kontrollverlust“
Von den zahlreichen Risiken, die Beschäftigten durch die KI-Anwendungen drohen könnten, ist der Faktor Kontrollverlust tatsächlich einer der wichtigsten. Denn psychische Belastungen steigen in der Arbeitswelt ohnehin schon seit Jahren, durch den Einsatz von KI-Anwendungen könnte die Bedrohung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten noch einmal eine völlig neue Dimension erreichen. Zusätzlich zu der Befürchtung, durch KI ständig bei der Arbeit kontrolliert zu werden, kommt nämlich dann noch die Angst, durch die neue Technologie ganz ersetzt zu werden und den Job zu verlieren.
KI-Grundsätze der DGUV
Wie also umgehen mit der revolutionären Technologie? Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) rät Betrieben Stand heute erst einmal auf Nummer sicher zu gehen, denn in ihren „Allgemeinen Grundsätzen für die sicherheitstechnische Bewertung von KI-Technologien“ nennt sie als ersten und wichtigsten Grundsatz, dass eine „klassische Technologie“ immer den Vorzug haben sollte, solange die Aufgabe mit ihr genauso gut gelöst werden kann wie mit einer neuen KI-Lösung. Gleichzeitig schränkt sie aber ein, dass der Grundsatz „mit Fortschreiten der Technologie anzupassen oder gegebenenfalls aufzugeben“ sei.
Vorteile der KI-Technologie
Bei allen Risiken sind auch die Vorteile der KI-Technologie für den Arbeitsschutz zahlreich. Beispiel Risikomanagement: KI-Anwendungen können kritische Infrastrukturen überwachen, automatisierte Anlageninspektionen durchführen oder in die Ereignisdatenbank eingebunden werden. KI ist in der Lage, gigantische Datenmengen in kürzester Zeit fehlerfrei auszuwerten. Dabei erkennt sie schnell Muster und Zusammenhänge, kann die Daten strukturiert für die verantwortlichen Personen auswerten und zuverlässige Prognosen treffen.
Potenziale für Risikoanalyse
Mit dem Thema Risikomanagement beschäftigt sich auch das bis 2024 laufende Projekt der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) „Potentiale Künstlicher Intelligenz zur Risikoanalyse im betrieblichen Arbeitsschutz“. In dieser Machbarkeitsstudie wird die Tauglichkeit von KI-Methoden untersucht, wobei in einem ausgewählten Unternehmen mit etabliertem Arbeitsschutzsystem exemplarisch die verfügbaren Daten für die Risikoanalyse gesammelt wurden. Parallel dazu werden auch Anforderungen an die Risikoanalyse von Arbeitsschutzexperten kleiner und mittlerer Unternehmen mit einfacherer Arbeitsschutzorganisation erhoben. Anschließend werden passende Algorithmen und Vorgehensweisen ermittelt und der vielversprechendste Ansatz praktisch erprobt. Dabei werden sowohl die Performanz als auch die Akzeptanz und Praxistauglichkeit der Methode untersucht.
Maschinelles Lernen für die Sturzdetektion
Mit einer ganz spezifischen Gefährdung und deren Risikoermittlung durch KI beschäftigt sich ein aktuelles Forschungsvorhaben des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen. Im Projekt „Einsatz von maschinellem Lernen für die (Beinahe-)Sturzdetektion zur Prävention von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen am Beispiel der Stahlerzeugung und Post- und Paketzustellung“ wird unter anderem erforscht, ob sich „Beinahestürze“ als Folge komplexer motorischer Abläufe durch maschinelles Lernen erkennen lassen und wenn ja, wie die Detektionsrate im Vergleich zu klassischen Methoden abschneidet. Sollten die Algorithmen Beinahestürze sogar besser als konventionelle Methoden erkennen können, wird in einem weiteren Schritt geklärt, inwieweit sich mit entwickelten Algorithmen ein Messsystem zur Erkennung und Quantifizierung von Beinahestürzen umsetzen lässt.
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