"Product CO2-sting": So wird der CO2-Fußabdruck für das Produkt-Portfolio von BASF ermittelt


CO2-Fußabdruck Analysetool von BASF für die Chemieindustrie

Dekarbonisierung beschäftigt die chemische Industrie. Doch noch ist es häufig mit viel Aufwand verbunden, Emissionen zu berechnen und transparent zu machen. Dr. Jochen Kurtz berichtete auf der Fachkonferenz Reporting & Analytics 2022 von den digitalen Lösungen bei der BASF.

Die Fachkonferenz Reporting & Analytics hat am 19.5.2022 unter dem Motto "Reporting Transformation – Wie Sie den Wandel durch vorausschauendes und nachhaltiges Reporting gestalten" als Hybridkonferenz in Berlin stattgefunden. In einem Vortrag von Dr. Jochen Kurtz, Vice-President Group Performance Management & Analytics bei der BASF SE, ging es um BASF‘s digitale Lösung für die automatisierte Berechnung aller Product Carbon Footprints.

Dekarbonisierung vorantreiben

Die chemische Industrie ist ein wesentlicher Emittent von Treibhausgasen, gleichzeitig basieren 95 % aller produzierter Produkte auf chemischen Prozessen. Neben regulatorischen Maßnahmen und eigenen Zielen der Unternehmen eigene Emissionen zu reduzieren vertritt BASF die Meinung, dass Dekarbonisierung insbesondere auch durch ein geändertes Einkaufs- und Endkundenverhalten vorangetrieben werden muss.

Emissionen transparent machen

Dazu muss aber erst einmal für jedes Produkt bis hin zu den Produkten, die es im Supermarkt zu kaufen gibt, die bei der Produktion pro kg entstandenen Emissionen transparent gemacht werden: der Product Carbon Footprint.  Wie für den Endverbraucher könnten dann auch Einkaufsentscheidungen in Unternehmen der Product Carbon Footprint (PCF) neben Preis und Qualität ein Entscheidungskriterium werden -  mit der Konsequenz, dass Druck auf die Reduktion der gleichen beim Lieferanten entsteht. Transparenz und Vergleichbarkeit sind damit sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen Anreize, um Treibhausgase einzusparen.

Ansatz bei BASF

Die BASF hat dieses Thema für ihr Portfolio von rund 45.000 Verkaufsprodukten und deutlich über 200 Produktionsstandorten angenommen um für jedes dieser Produkte einen PCF automatisiert und ISO-konform zu berechnen – ein Novum zumindest in der chemischen Industrie.

Dafür wurde das "Strategic CO2 Transparency Tool (SCOTT)" entwickelt. Bei SCOTT handelt es sich um eine Algorithmus-basierte Lösung, die innerhalb weniger Stunden automatisiert die Carbon Footprints aller rund 45.000 Verkaufsprodukte zur Verfügung stellen kann, im Einklang mit ISO Standards, dem GHG Protocol und industriespezifischen Regeln, sogenannte Category Rules. Die Berechnung folgt dem Cradle-to-Gate Ansatz: Es werden all jene Emissionen in die Carbon Footprints einbezogen, die bis zum Auslieferungpunkt der Produkte an die Kunden der BASF anfallen. Dafür greift BASF auf Primärdaten der eigenen Produktionsprozesse zurück, ergänzt um Industriedurchschnittswerte für zugekaufte Rohstoffe, da bislang nur wenige Lieferanten individuelle PCFs zur Verfügung stellen können.

Product Carbon Footprints berechnen

Die Berechnung der Product Carbon Footprints folgt folgendem Muster:

  • Initial erfolgt die Datenextraktion von Emissions-, Produktions- und Kostendaten aus existierenden ERP- und Data Warehouse Systemen. Dazu zählen Anlagenemissionen, Rezepturen, Energieverbräuche sowie Mengen eingekaufter Rohstoffe. Hinzu kommen PCFs von zugekauften Energien und Rohstoffen. Letzteres bislang basierend auf Industriedurchschnitten, die von einschlägigen Beratungshäusern in Datenbanken angeboten werden.
  • Daraufhin wird die Emissionsallokation auf Produkte entlang der BASF Wertschöpfungskette durchgeführt. Hierbei werden die Scope 1 und Scope 2 Emissionen der BASF Produktion einberechnet, sowie die Scope 3 Emissionen eingesetzter Rohstoffe.
  • Im letzten Schritt werden die Daten über die Emissionen in Dashboards nutzer-spezifisch und transparent dargestellt. So können bspw. die Rohstoffe oder Produktionsanlagen anhand ihres Einflusses auf den Product Carbon Footprint analysiert oder besonders emissionsintensive Produktionsprozesse innerhalb der Wertschöpfungskette identifiziert werden.

Automatisierte Lösung für ein großes Produktportfolio

Mithilfe der selbsterstellten SCOTT Lösung kann bei BASF Transparenz über die Emissionen eines riesigen Produktportfolios automatisiert hergestellt werden. Dies hilft BASF (und den Kunden des Unternehmens) bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen. Als nützliche Nebenprodukte haben sich auch die im Rahmen dieses Projekts gemachten Erfahrungen herausgestellt, die anderen Unternehmen, Industrieverbänden und Softwarefirmen zur Verfügung gestellt werden. Damit soll eine breite Standardisierung von Berechnungsmethoden der Product Carbon Footprints, insbesondere in der chemischen Industrie vorangetrieben werden. Über Partnerschaften mit Softwarefirmen werden neue Software-Lösungen entstehen, die dann auch von anderen Unternehmen eingesetzt werden können, u.a. von BASF’s Lieferanten.