VUCA fordert Veränderungen
Die Herausforderungen sind für Unternehmen aktuell sehr vielfältig und gehen auch an erfolgreichen Organisationen nicht spurlos vorüber. Management und Controlling werden vermehrt von einer VUCA-Welt geprägt und nicht nur die Budgetierung steht unter dem Einfluss von Industrie 4.0. Die SICK AG sieht sich dennoch in einer guten Position, um sich nun auf den Weg in Richtung der digitalen Transformation zu begeben. Die Maßnahmen im Controlling haben Berthold Ketterer (Senior Vice President Industrial Safety) und Johannes Wild (Head of Controlling Industrial Safety) anschaulich erläutert.
Zukünftige Erfolgsformel herleiten
Durch die Automatisierung in allen Regionen der Welt und Innovationen in den unterschiedlichsten Branchen konnte die SIC AG Umsatz, Investitionen und Gewinn in den letzten Jahren kontinuierlich steigern. Doch ist das auch in Zeiten von Big Data, Mass Customization und Digitalisierung noch der Fall? War die alte Unternehmenswelt noch von Stabilität und Klarheit geprägt, müssen die Unternehmen heute mit Komplexität und Unvorhersehbarkeit kämpfen.
In der Sparte Industrial Safety werden u.a. Laserscanner und Steuerungsplattformen produziert, die Sensoren enthalten. Die Anforderungen der Kunden an den Hersteller verändern sich. Stand früher das eigentliche Produkt des Unternehmens im Vordergrund, werden heute zusätzlich Services und Lösungen auf Basis der Auswertung von Sensordaten gefordert. Um diesen Ansprüchen gerecht werden und den Erfolg des Unternehmens auch in Zukunft gewährleisten zu können, strebt die SICK AG die langfristige Verknüpfung alle Produkte miteinander an.
Dieser Tatbestand hat dazu geführt, dass der bestehende Entwicklungsprozess grundsätzlich überarbeitet wurde (s. Abb. 2 der Bilderreihe). Die größte Herausforderung bestand laut der Referenten darin, das Umdenken in den Köpfen der Vertriebler voranzutreiben, da die materiellen Produkte zwar über einen langen Zeitraum beim Kunden bleiben, der Service jedoch kontinuierlich angepasst und angeboten werden muss.
Des Weiteren wurden auch unterschiedliche Vorgehensweisen in der Entwicklung, z.B. von Meilensteinen zu agilen Methoden, oder Organisationsformen, wie z.B. von der klassischen Hierarchie zu bisher nicht genutzten Netzen, eingeführt. Das Budget für die Finanzierung der neuen Ansätze und Start-Up-Initiativen wurde durch den Ertrag der Cash Cows ermöglicht.
Völlige Neuausrichtung des Budgetierungsprozesses
Nicht nur der Entwicklungsprozess, sondern auch der Budgetierungsprozess wurde neu ausgerichtet. Die traditionelle Budgetierung des Unternehmens war bottom-up getrieben und der Prozess nahm viele Wochen in Anspruch. Durch den Einfluss der VUCA-Welt haben sich Management und Controlling neue Ziele gesetzt. Die zeitgemäße Budgetierung sollte schneller und effizienter sowie aktueller und präziser sein. Dazu wurden folgende Maßnahmen bestimmt:
- Verkürzung des Zeitfensters für den Budgetierungsprozess auf 3 Wochen
- Entkopplung von Elementen vom kritischen Pfad des Budget-Prozesses
- Wegfall der Sichtungswoche und Knetphase vor Aufsichtsratssitzungen
- Einführung des Base Plan Budgetings
Base Plan entkoppelt Gemeinkostenentwicklung von Umsatzsteigerung
Hintergrund des Base Plans ist es, dass der Kostenaufbau in jeder Abteilung so gering wie möglich gehalten werden sollte, so Johannes Wild. Die von den Abteilungen gewünschten Wachstumsinitiativen werden erst einmal nicht in SAP eingepflegt. Das Controlling erstellt zuerst ein Ranking der Initiativen, das vom Vorstand begutachtet und freigegeben wird. Erst dann werden die für die ausgewählten Initiativen anfallenden Kosten in SAP abgebildet. Diejenige Abteilung, die die beste Leistung erbringt, erhält letztlich die Freigabe für die Realisierung ihrer Budgetinitiativen im nächsten Jahr.
Der Planungsaufwand konnte durch die Einführung des Base Plan Budgetings erheblich reduziert werden. Ein weiterer Vorteil ist die flexiblere Reaktion auf mögliche gesamtwirtschaftliche Veränderungen, da Maßnahmen nur blockweise freigegeben werden. Außerdem werden durch die Erneuerung des Budgetprozesses die finanziellen Mittel für das Unternehmenswachstum nach der Wichtigkeit allokiert und nicht wie zuvor nach Vergangenheitswerten.
Die Ansichten von Controllern und Managern fallen oft weit auseinander
Die Vorstellungen von Controllern und Managern sind oft konträr, nicht nur mit Blick auf das Budget. So möchten Controller bspw. eher die Chancen und Risiken gegenüberstellen und objektiv messen. Sie schauen vor allem auf das Ergebnis. Manager hingegen versuchen das Unternehmen positiv zu vermarkten und Potenziale aufzuzeigen. Sie konzentrieren sich auf Marktanteile und Stückzahlen.
Um dennoch die Veränderungsinitiativen erfolgreich zusammen gestalten zu können, haben sich Management und Controlling der SICK AG auf die folgenden Punkte geeinigt:
- gemeinsame Ziele,
- klare Regeln und Controlling als wirtschaftliches Gewissen,
- Vertrauen, gegenseitiger Respekt, Arbeitsteilung,
- Kraft der besseren Argumente entscheiden.
Zu Beginn wurde daher das Controlling direkt in den Managementprozess eingebettet. Somit ist das Controlling von Anfang an in die Aufgaben des Managements mit eingebunden (s. Abb. 4 der Bilderreihe): von der Ideensammlung und Produktdefinition über die Produktentwicklung bis hin zu Produktion und Vertrieb und damit dem Erfolg beim Kunden.
Der Head of Controlling Wild nannte in diesem Zusammenhang auch die Weiterentwicklung des Controllers vom Dienstleister zum Business Partner. Das neue Aufgabengebiet des Controllers umfasst dementsprechend nicht mehr Ad-hoc-Analysen und monatliche Reportings, sondern eher die Länderbetreuung, die Begutachtung der wirtschaftlichen Lage mit den wichtigsten Tochtergesellschaften und Business Units sowie die Koordination von Planungsabläufen. Um den neuen Aufgaben gerecht werden zu können, teilte man das Controlling in ein zentrales und ein dezentrales Controlling auf.
- Das zentrale Controlling konzentriert sich auf Systeme, Methoden, Prozesse und das Datenhandling.
- Das dezentrale Controlling hingegen fokussiert auf eine inhaltliche Anwendung und den Management-Support.
Zum Abschluss des Vortrages betonten Johannes Wild und Berthold Ketterer gemeinsam, dass Respekt, Kreativität und Vertrauen elementare Bestandteile für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Controllern und Managern sind.