Innovative Methoden der Kostensenkung vermutet man nicht gerade bei der Deutschen Bahn. Doch das von Wolfgang Heinrichs, CFO der DB Fernverkehr AG, vorgestellte Projekt belehrte die Teilnehmer des 27. Stuttgarter Controller-Forums eines Besseren. Dabei beeindruckten nicht nur das Prinzip, sondern auch das Change Management bei der Realisierung.
Ausgangspunkt des Projekts war die Notwendigkeit, die laufenden Kosten zu senken, um die anstehenden Investitionen zu verdienen. Derzeit hat die Bahn neue Hochgeschwindigkeitszüge für mehr als 4 Mrd. Euro bestellt. Die Zielgestaltung sieht dabei wie folgt aus:
Es gilt, die Fahrzeuginvestitionen trotz allgemein steigender Kosten zu verdienen.
Dazu wurden zunächst die Zielkosten im Konsens erarbeitet und vereinbart.
Danach setzte das eigentliche Kostenmanagement ein.
Als Ergebnis sollte eine nachhaltige Finanzierung und Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden.
Sorgfältige Abstimmung der Projektziele
Dabei wurde Vertrauen in Projekt und Auftraggeber von Anfang an mindestens ebenso wichtig bewertet wie Inhalte und Methoden. Deshalb nahm man sich auch viel Zeit, um Konsens unter den Stakeholdern (Vorstand und Bereichsleiter) zu schaffen. Diese Phase dauerte mehrere Monate.
Der Unterschied von Zielkosten und Effizienzkosten
Target Costing beantwortet die Frage: Was darf mein Produkt kosten? Die Antwort wird aus dem erzielbaren Preis abgeleitet. In einem komplexen Produktionsverbund wie bei der Bahn ist diese Frage nur schwer zu beantworten.
Der Effizienzkostenansatz, bei der Deutschen Bahn entwickelt von Horváth & Partners, zielte auf die Ermittlung eines wettbewerbsfähigen Kostenniveaus auf Basis von Benchmarks bei gegebener Qualität und Ressourcen- bzw. Produktionsstruktur.
Vorgehensweise beim Benchmarking
Da die Kostenziele somit vor allem über Benchmarking ermittelt wurden, ging die Arbeit im Projektteam weit über reines Rechnen hinaus. Folgende 4 Alternativen standen zur Verfügung.
Zunächst wurde geprüft, ob Marktpreise für eine Leistung verfügbar sind.
Anschließend wurde ein Kostenvergleich je Leistung vorgenommen, ggf. auch mit anderen Branchen.
Führte das zu keinem Ergebnis wurden Kostentreiberbäume erstellt und geprüft.
Waren alle Vorgehen von 1 – 3 nicht geeignet, wurden Top-Down-Vorgaben gemacht.
Status quo besser als erwartet
Die Vergleiche brachten zu einem großen Teil erfreuliche Ergebnisse. So konnte in den operativen Bereichen (Fahrzeugbetrieb, Wartung) eine vergleichsweise gute Performance festgestellt werden. Performance-Lücken gab es besonders im technischen Overhead-Bereich. Schuld war hier zum einen die hohe Komplexität der Leistungsstrukturen. Zum anderen lag es an der IT-Ausstattung, die Herr Heinrichs als „ausbaufähig“ bezeichnete. Im nicht-technischen Overhead wurden die Prozesse verschlankt, wodurch das Kostenvolumen um 5% gesenkt werden konnte.
Die Baustellen im Projekt
- Vermuteter geringer Handlungsdruck angesichts der guten Geschäftslage.
Die Methodik des Effizienzkostenansatzes wurde intensiv und kontrovers diskutiert. Hier war es wichtig, Vertrauen zu schaffen.
- Die Vergleichbarkeit mit den Peer-Group-Unternehmen wurde kontrovers diskutiert.
- Es gab einen hohen Abstimmungsaufwand.
- Andere Zieldimensionen (Service, Pünktlichkeit) müssen neben der reinen Kostenbetrachtung ebenfalls berücksichtigt werden, da Qualität und Pünktlichkeitsziele immer auch Auswirkungen auf Kostenstrukturen haben.
Veränderungen auch im Controlling
Auch im Controlling gab es Veränderungen. Früher konzentrierte sich der Controllingbereich stark auf Anpassung, Projekte und Berichterstattung von Finanzzahlen an den Konzern. Das Controlling im Sinne von Effizienzprüfungen wurde vielfach in einzelnen Bereichen durchgeführt, was Wolfgang Heinrichs als „Schattencontrolling“ bezeichnete. Heute agiert Controlling als verlässlicher Business Partner der Bereiche – geschäftsorientiert, vorausschauend und (mit-)verantwortlich für den Unternehmenserfolg. Auch die Verantwortung für einzelne Aufgaben ist nunmehr klar geregelt.