Kernherausforderungen des globalen Energiesystems
Zu Beginn ihres Vortrags zeigte Ines Abdelghani, Vice President und Head of Strategy, Technology and Innovation der Siemens Energy AG, globale Megatrends auf, welche die Wirtschaft und Veränderungen im Energiesektor vorantreiben. Besonderen Fokus legte sie auf die Globalisierung und betonte, dass heute die Orte, an denen Strom nachgefragt wird (Demand Center) nicht immer am gleichen Ort mit der Stromerzeugung (Supply Center) zusammenkommen. Folglich muss Strom über Ländergrenzen hinweg transportiert werden. Den Trend der voranschreitenden Digitalisierung, ein wichtiger Kernbestandteil der Strategie der Siemens Energy, nutzt das Unternehmen für die Entwicklung von neuen umsatzstarken Geschäftsmodellen. Laut Frau Abdelghani stellen sich schließlich für diese Megatrends drei Kernherausforderungen im globalen Energiesystem:
- Verfügbarkeit: Weltweit gibt es noch immer circa 600 Millionen Menschen ohne Zugang zu Strom.
- Bezahlbarkeit: Stromkosten müssen von Privat- und Industriekunden tragbar sein.
- Nachhaltigkeit: Energie muss Anforderungen zum bewussten Umweltschutz erfüllen.
Strategische Partnerschaften gewinnen an Bedeutung
"Es gibt kein Unternehmen, das diesen Weg allein schaffen kann. Wir müssen in der Industrie, im Energiebereich und in der Politik Hand in Hand partnerschaftlich zusammenarbeiten, um die Ziele der Dekarbonisierung zu erreichen“, bekräftigte Frau Abdelghani. Im internationalen Vergleich ist erkennbar, dass eine steigende Bereitschaft und Verpflichtung zur Reduktion der CO2-Emissionen bereits gegeben sind, jedoch werden diese noch nicht ausreichend in konkrete Investitionen konvertiert. Frau Abdelghani plädierte in diesem Zug für zeitnahe Investitionen in Infrastrukturprojekte, die eine Net-zero-CO2-Emission anstreben. Diese verfolgen das Ziel, einen Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre zu verhindern, indem alle vermeidbaren Emissionen reduziert und nicht vermeidbare Restemissionen aus der Atmosphäre entnommen werden.
Drei mögliche Technologien für eine Dekarbonisierung
"Knapp 45% der CO2-Emissionen entstehen im Energiesektor und wir haben eine große Bandbreite an Möglichkeiten und Technologien, um den Erzeugungssektor erfolgreich zu dekarbonisieren", erklärte Frau Abdelghani. Drei wesentliche Technologien stellen dabei die größten Hebel dar:
- Effizienzsteigerung von klassischen Gasturbinen, um so die CO2-Emission zu reduzieren.
- Substitution von Gas durch grünen Ammoniak (Fuel Shift).
- Erforschung von neuen Speichertechnologien, durch deren Nutzung eine umfassende Emissionsteuerung gewährleistet werden kann, um somit eine langfristige Stabilität des Energienetzwerkes sicherzustellen.
Sektorübergreifende Dekarbonisierung für ein langfristig erfolgreiches Ergebnis
Hervorzuheben ist, dass 58% der globalen CO2 -Emissionen nicht durch die Energieerzeugung verursacht werden (vgl. Abbildung oben). Für eine Gesamtdekarbonisierung benötigt es eine Emissionsreduzierung über alle Wirtschaftssektoren hinweg, da nur durch eine Verkoppelung dieser eine signifikante Reduktion der CO2-Emissionen sichergestellt werden kann. In diesem Kontext ging Frau Abdelghani auf die steigende Bedeutung von Wasserstofftechnologien ein, die insbesondere in den letzten Jahren immer mehr an Aufmerksamkeit gewonnen haben. Besonders durch die vielseitige Anwendbarkeit, nicht nur zur Erzeugung von Energie, sondern auch beispielsweise im chemischen Bereich, erlangen Wasserstofftechnologien eine wachsende Attraktivität.
Für das Jahr 2030 werden Investitionen in Höhe von über 300 Milliarden Euro weltweit in diesem Bereich erwartet und bereits knapp 230 Projekte weltweit wurden bereits zu neuen Wasserstofftechnologien gestartet. Frau Abdelghani geht persönlich davon aus, dass im Bereich Mobilität als First-Mover eine aktive Adaption von Wasserstofftechnologien stattfindet wird.
Für die Zukunft vermutet Frau Abdelghani nicht nur für Wasserstofftechnologien starke Investitionen, auch den Wärmesektor sieht sie als Hebel zur weiteren Dekarbonisierung und hierbei zusätzliche Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle. Gleichzeitig erwartet sie eine intensive Forschung an neuen zukunftsweisenden Speichertechnologien, da erneuerbare Energien künftig nur effizient nutzbar sein werden, sollte das Angebot an Möglichkeiten zur Energiespeicherung ausreichend sein.