Die kritischsten Erfolgsfaktoren bei Zusammenschlüssen und Beteiligungen
Was sind die für Sie kritischsten Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Beteiligung?
Matthias Siems: Zu allererst ein authentisches Management, danach eine belebende Vision, gepaart mit Energie und eine Hingabe der Verantwortlichen für die Entwicklung des Unternehmens. Wie erwähnt geht es darum einen Mehrwert zu schaffen und das heißt, dass das Produkt oder der Service einen Beitrag leisten muss, dass Menschen besser lernen, arbeiten, leben können. Der elementare Mehrwert der Ökonomie ist es, Lösungen zu schaffen und davon muss ich überzeugt werden, dass dies gelingen kann.
Und was sind die kritischsten Erfolgsfaktoren für einen Merger zwischen Unternehmen?
Siems: Ein Zusammenschluss klappt meiner Erfahrung nach nur dann, wenn sich die zwei Ursprungskulturen ergänzen, wenn sich die Produkte komplementieren und die Dienstleistungen bestärken. Nur dann wachsen Marktanteil und Image und in Folge auch die Finanzkennzahlen.
Dr. Mario Stephan: Beim Zusammenschluss von Unternehmen ist in 9 von 10 Fällen erfolgsentscheidend, dass sich die Unternehmen so früh wie möglich auf das gemeinsame neue Steuerungsmodell einigen. Wir betreuen gerade den Zusammenschluss zweier bekannter Unternehmen aus den Top 10 ihrer Branchen.
- Eines der Unternehmen plant rudimentär top-down, eines ausgiebig bottom-up.
- Bei einem Unternehmen sind viele interne Unterstützungseinheiten wie externe Servicepartner aufgestellt und verrechnen Planpreise, während beim anderen eine klassische Cost-Center-Denke vorherrscht, bei dem die Kosten einfach weiterberechnet werden.
Das klingt jetzt nach viel Detail, aber das ist es, was letztlich für eine schnelle Performance-Steigerung verantwortlich ist. Dass diese Aktivitäten mit einem begleitenden Change-Management betrieben werden, ist selbstredend. Kein Händchenhalten, sondern eine sauber strukturierte Begleitung des Veränderungsprozesse mit modernen Methoden und Tool.
Lassen Sie uns auf den Teilprozess der Preisfindung eingehen. Welche Bedeutung hat bspw. die Fähigkeit, ein Pokerface zu zeigen? Kann man damit 2 % oder 10 % vom Preis beeinflussen?
Siems: Ich bin mir sicher, dass es einige institutionelle Investoren gibt, die ein gutes Pokerface machen können. Pokerface ist für mich jedoch ohne Relevanz, weil man vielleicht ein oder zweimal ein Pokerface zeigen kann, aber nicht, wenn sich der Prozess über viele Treffen hinzieht und wenn Sie im Prozess regelmäßig mit Ihrem Geschäftspartner Essen gehen usw. Die Erfahrung zeigt, dass Sie durch Ehrlichkeit langfristig bessere Deals bekommen als durch Pokern. Ehrlichkeit führt weiter, weil man sich nicht ausgetrickst fühlt und gerne an seinen Geschäftspartner denkt. In meinem Geschäft muss man geduldig sein, weil viele Verkaufsprozesse erst dadurch in Gang kommen, dass man dem Verkäufer durch das eigene Netzwerk Verkaufsoptionen bietet, an die er oder sie vorher noch gar nicht gedacht hat. Und in diesem Prozess zählen Offenheit, Ehrlichkeit und Integrität. Ein Pokern würde Ihnen hier mehr kaputt machen als nutzen.
Herr Siems, woran scheitern M&A-Prozesse Ihrer Meinung am häufigsten?
Siems: Ich denke, es ist die Mischung aus zu viel Hoffnung, dass es schon klappen wird und Übereifer, d. h. der Glaube, dass mit viel Arbeit automatisch viel erreicht wird, ohne auf die richtige Arbeit zu achten. Wenn Sie im falschen Zug sitzen ist die Geschwindigkeit egal, weil die Richtung nicht stimmt. Für mich kommt zudem noch der Mut zur Wahrheit dazu, d. h. nichts zu versprechen was man nicht halten kann. Das gilt für die persönliche Beziehung aber auch bspw. in den Verhandlungen mit den Banken. Wenn Sie nicht offen darlegen, was realistisch in welcher Zeit erreicht oder getragen werden kann, belasten Sie sich und das Unternehmen. Wenn dann noch Liquiditätsengpässe hinzukommen und die Burn-Rate sich beschleunigt haben Sie keine Reserven mehr.
Interviewpartner:
Matthias Siems, Mitglied einer Unternehmerfamilie der Finanzindustrie mit 40-jähriger Tradition. Die Familie hat sich engagiert in der Bereichen Financial Industries, Railroads, Telecom, Real Estate, Entertainment, Shipping and FMCG. Dabei werden ausschließlich Beteiligungen mit einer Laufzeit von mindestens 8 Jahren ausgewählt.
Dr. Mario Stephan, promovierter Betriebswirt mit Fokus auf Unternehmenssteuerung und Performance Optimierung. Seit 20 Jahren in der Managementberatung tätig, aktuell als Leiter Unternehmenssteuerung und Digitalisierung bei Horváth & Partners in Zürich. Daneben fast ebenso lang tätig als Dozent für strategische Unternehmensführung an der Steinbeis-Hochschule Berlin.
Das Interview führte: Prof. Dr. Andreas Klein, Professor für Controlling an der SRH Hochschule Heidelberg und Herausgeber des Controlling-Beraters.
Lesen Sie auch Teil 1 dieses Interviews.
Das vollständige Interview finden Sie in: Andreas Klein (Hrsg.), " Mergers & Acquisitions im Mittelstand - Instrumente, Kennzahlen und Best-Practice-Prozesse", 1. Aufl. 2019.
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