Digitalisierung verändert Maßstäbe: "Schnell ist heute zu langsam!"
Die Digitalisierung wird die Controller in unbekanntem Maße herausfordern. Mit dieser Feststellung eröffnete der ICV-Vorsitzende Siegfried Gänßlen den 43. Congress der Controller. Zur Begrüßung der knapp 600 Teilnehmer interpretiert der ICV-Vorstandvorsitzende das Congress-Motto "Controlling on the Move". Move bedeutet Beweglichkeit und Tempo – mit Blick auf die Anforderungen der Digitalisierung stellt er fest: "Schnell" ist heute zu langsam.
Die Digitalisierung verändert Geschäftsmodelle, Kundenbeziehungen und Wettbewerbsstrategien – und das permanent. "Die Zukunft verändert sich ständig.", bringt Gänßlen den Unterschied zu früheren, relativ stabilen Märkten auf den Punkt.
Zukunftsfähigkeit sichern, Prozesseffizienz steigern, Big Data und Analytics anwenden können
Zwei Herausforderungen stellt der langjährige Hansgrohe-CEO in den Fokus: die Sicherung der Zukunftsfähigkeit und die Steigerung der Prozesseffizienz. Diese Aufgaben bilden jedoch auch Chancen für neue Claims der Controller, sofern diese offen für den Wandel sind.
Um ihrer Aufgabe der Rationalitätssicherung weiterhin nachkommen zu können, benötigen die Controller noch mehr als bisher Kenntnis von Märkten und Geschäftsmodellen einerseits sowie von Statistik und IT anderseits. Nur so können sie auch "Ergebnisse aus dem Computer" hinterfragen, so Gänßlen, denn "Big Data ist gut, aber es braucht auch Big Brain".
Das Congress-Motto "Controlling in Bewegung" soll als Aufforderung zu kontinuierlichem Lernen verstanden werden. Die Unternehmen müssen Mitarbeiter rechtzeitig weiterbilden, und Mitarbeiter müssen bereit sein, sich weiterzubilden: vom Umgang mit "Big Data" bis hin zur Fähigkeit, kognitive Systeme sinnvoll einzusetzen.
Über die Highlights des Congresses berichten wir in einer neuen Serie.
Bosch-Controller für Working-Capital-Optimierung mit Big Data-Analytics-Tool ausgezeichnet
Ein Höhepunkt des Montagsvormittags ist die Verleihung des ICV Controlling Excellence Awards, wie der bisherige ControllerPreis zukünftig heißt. Die Jury des Internationalen Controller Vereins (ICV), geleitet von Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, WHU – Otto Beisheim School of Management, Institut für Management und Controlling (IMC) und Vorsitzender des ICV-Kuratoriums, hatte drei Kandidaten für den Award nominiert:
- Brau Union Österreich AG, Linz;
- Robert Bosch GmbH, Division Powertrain Solutions (Diesel Systems), Stuttgart;
- Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek), Berlin.
Der Preis ging schließlich an das Controller-Team von Robert Bosch Powertrain Solutions für die Optimierung des Net Working Capital mit Hilfe von Big-Data-Analysen. Um Controller entsprechend dem eigenen Controller-Leitbild als Business-Partner zu etablieren, strebt Bosch Effizienzsteigerungen und einen höheren Automatisierungsgrad in den Basisprozessen an. Das Projekt wurde im Rahmen der Vision 2022 "Wegbereiter für Worldclass Controlling" realisiert und diente als Modell für die Nutzung der Chancen von Big Data.
Die Verwendung umfangreicher Transaktionsdaten zu Vorräten, Forderungen und Verbindlichkeiten erlaubten sehr detaillierte Analysen. Im Forderungsmanagement hat eine tagesgenaue Prüfung zu spät zahlende Kunden identifiziert. Das dadurch gebundene Kapital konnte um mehrere Millionen Euro reduziert werden.
Lessons Learnt – Wie sich die Welt für den Controller ändert
Die Preisträger Oliver Seitz, Björn Reitzenstein und Helge Sdahl zogen folgendes Fazit:
- Mit dem datengetriebenen Ansatz verlässt das Controlling ausgetretene Pfade und deckt bisher unbekannte Potenziale auf.
- Die Effizienzsteigerung wird durch eine multidimensionale Analyse aus einer mächtigen „Single Source of Truth“ erreicht.
- Die Ausrichtung auf Big Data erfordert eine stärkere Spezialisierung der Controller mit spezifischem Know-how (z.B. Fachexperte vs. Datenanalyst).
- Cross-Funktionale Teams zur Ergebnisanalyse => Controller arbeitet nicht mehr im „stillen Kämmerchen“.
- Bei der Einführung von Big Data Analytics ist ein begleitendes Change Management erforderlich.
- Das Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen, das Big Data Analytics Tool wird 2018 in den operativen Betrieb überführt.
Supply-Chain-Controlling und Krankenkassenkalkulation auf den nächsten Plätzen
Als weitere Neuerung stellt Jury-Präsident Prof. Dr. Jürgen Weber diesmal auch die Zweit- und Drittplatzierten vor:
- Die Controller der Brau Union Österreich AG wollen das finanzielle Wissen ihrer Managementpartner und deren Abteilungen erhöhen und so die Zusammenarbeit im Unternehmen, besonders in der Supply Chain, fördern. Dazu wurde ein Werkzeug geschaffen, mit dem alle Beteiligten ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg erkennen und Steuerungsgrößen identifizieren können. Aufbauend auf dem Steuerungsansatz des Konzerns verbindet es finanzielle mit nicht-finanziellen Steuerungsgrößen für alle Stellen innerhalb der Wertschöpfungskette. Damit wird das Verständnis für finanzielle Daten in auch operativen Bereichen weiterentwickelt.
- Ein Team der Barmer GEK hat ein gemeinsames Tool für alle Ersatzkassen entwickelt. Die Krankenkassen brauchen ein Instrument zur Finanzplanung. Die kassenindividuelle Planung muss mit einer Planung der Finanzentwicklung für die GKV flankiert werden, da diese die Grundlage auch für die Finanzentwicklung der Einzelkassen ist. Genau das bietet die nominierte Lösung. Als zentrale Größe wird dabei in einer Mittelfristplanung der von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu zahlende kostendeckende Beitragssatz ermittelt.