Unzufriedenheit im Management Reporting
Ein Großteil der Unternehmen ist mit dem Management Reporting nicht oder nur eingeschränkt zufrieden. Dies hat die Befragung von über 140 Experten für Controlling & Finanzen der aktuellen KPI-Studie 2013 gezeigt. Kritik zeigte sich insbesondere in drei Punkten:
- Die Menge an Informationen ist zu hoch.
- Die enthaltenen Informationen weisen nur eingeschränkte Steuerungsrelevanz auf.
- Den Berichten mangelt es an Zukunftsbezug und damit an Impulsen für Entscheidungen.
Klar wird hierbei, dass die Herausforderung des Reportings nicht (nur) in einer besseren Erstellung oder Darstellung der Berichte, sondern tiefer darunter in einer Verbesserung der Steuerungslogik liegt. Die Steuerungslogik zeigt auf, welche Key Performance Indikatoren zur Steuerung des Unternehmens eingesetzt werden und wie diese zu beeinflussen sind. Jens Gräf, bei Horváth & Partners verantwortlich für das Business Segment KPI und Management Reporting zeigte in seinem Vortrag auf der Fachkonferenz Reporting Anforderungen und Lösungsansätze für eine erfolgreiche KPI-Steuerung auf.
Konsistente Kennzahlensysteme als Fundament für erfolgreiche Steuerung
Was sind also die aktuellen Herausforderungen in der Steuerung? Hierzu stieg der Kennzahle-Experte gemeinsam mit den Teilnehmern in eine tiefere Analyse ausgewählter Fragestellungen der KPI-Studie ein:
KPIs sind selten systematisch ausgewählt: KPIs sollen die wesentlichen Steuerungsgrößen im Unternehmen darstellen. Aus einer Vielzahl möglicher Kennzahlen sind die richtigen zu finden. Hierfür bedarf es einer klaren Methodik bzw. definierter Auswahlkriterien. Die Studie zeigt, dass solche Auswahlkriterien in der Mehrheit der Unternehmen nicht eindeutig vorliegen. Ob die ausgewählten Kennzahlen tatsächlich den Schlüssel zum Erfolg darstellen, bleibt so zu hinterfragen.
- Fehlende Zusammenhänge in den Kennzahlensystemen: Zur Steuerung eingesetzte Kennzahlen müssen miteinander in Zusammenhang stehen, um schnell und einfach die Ursachen für Abweichungen zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In über 60% der Unternehmen werden zur Steuerung jedoch voneinander losgelöste Einzelkennzahlen eingesetzt. Die Steuerungswirkung des Kennzahlensystems ist folglich stark eingegrenzt. Zusammenhänge zwischen bspw. der strategischen und operativen Ebene sind nicht abbildbar.
- Bedarf nach nicht finanziellen und externen Informationen: Eine zukunftsgerichtete Steuerung bedarf vorlaufender Indikatoren. Eine Steuerung auf Basis finanzieller Größen kann jedoch immer nur zurückblicken. Die Ergebnisse der Studie zeigen hier eine positive Entwicklung auf: Zwar dominieren noch immer finanzielle Kennzahlen die Steuerung, der Anteil nicht finanzieller wird jedoch etwa von der Hälfte der befragten Unternehmen als zufriedenstellen beurteilt, etwa 40% sehen Bedarf nach mehr „non-financials“. Auffällig ist der starke Bedarf nach einer Integration externer Informationen in die Steuerung.
- Geschäftsmodelle werden nicht abgebildet: Einzigartige Unternehmen erfordern eine individuelle Steuerung. Folglich sind die Geschäftsmodelle, die „DNA“ der Unternehmen, auch in der Steuerung abzubilden. Es gilt, die richtigen KPIs zur Steuerung des Geschäftsmodells zu finden. Die Studie zeigt hier klaren Nachholbedarf auf: Lediglich die finanziellen Facetten des Geschäftsmodells, in Form der Kostenstruktur und des Erlösmodells, sind ausreichend in der Steuerung abgebildet. Die tatsächlichen Differenzierungsmerkmale, wie Kundensegmente, Vertriebskanäle, Schlüsselaktivitäten und -ressourcen, werden durch die zur Steuerung eingesetzten Kennzahlen unzureichend erfasst (s. Abb. 1 in der Bilderserie).
Entwicklung von Treibermodellen zur optimierten Steuerung
Die Lösung liegt nach Jens Gräf im Aufbau konsistenter Kennzahlensysteme. Eine Hilfe hierbei können Treiberbäume darstellen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie zunächst eine vollständige Identifikation aller relevanten Kennzahlen zur Steuerung des Unternehmens ermöglichen und dann die systematische Auswahl der KPIs unterstützen. Rechnerischen Verknüpfungen zwischen den Kennzahlen zeigen Zusammenhänge klar über alle Ebenen auf.
Die Auswahl der richtigen KPIs mit Hilfe von Treiberbäumen kann in fünf Schritten erfolgen (s. Abb. 2): Im ersten Schritt ist gemäß der Strategie und anderer Unternehmensmerkmale die richtige Top-KPI als Spitzenkennzahl auszuwählen. Ist diese identifiziert, muss sie im zweiten Schritt in finanzielle Größen z. B. entlang der Struktur der Deckungsbeitragsrechnung heruntergebrochen werden. Ist die niedrigste Ebene der finanziellen Größen erreicht, werden in Schritt 3 und 4 die Werttreiber zur Beeinflussung der finanziellen Größen ausgewählt und durch Kennzahlen messbar gemacht. Hierzu ist ein klares Verständnis des Geschäftsmodells erforderlich. Nur wenn dieses vorliegt, können die auch die richtigen Werttreiber und Kennzahlen ausgewählt werden. Den Abschluss bilden im fünften Schritt externe Indikatoren: Die meisten internen KPIs sind direkt oder indirekt von externen Entwicklungen abhängig. Auch wenn diese nicht immer beeinflusst werden können, sollte deren Entwicklung gemessen, prognostiziert und berichtet werden (Beispiel s. Abb. 3).
Treiberbäume optimieren Planung, Forecasting und Reporting
Worin liegen die Vorteile der Entwicklung durchgängiger Kennzahlensysteme? Zunächst ist ein übersichtliches Modell des Unternehmens in Form der wichtigsten Kennzahlen und deren Zusammenhänge existent. Aufbauend auf dieser Grundlage kann dann das Reporting wesentlich fokussiert und gleichzeitig seine Effektivität und Effizienz gesteigert werden. Doch auch die Planung kann vereinfacht werden. Durch eine effekt- oder treiberbasierte Vorgehensweise kann der Aufwand für Planung und Forecasting deutlich reduziert werden. Alle Veränderungen können so schnell bis hin zu den finanziellen Spitzengrößen geplant und simuliert werden. Ein weiterer Pluspunkt die Kommunikation. Jede Veränderung in der Steuerungslogik erfordert individuelle Change Management Maßnahmen. Die Treiberbäume vereinfachen maßgeblich die Kommunikation und Schulung. So kann bspw. jedem Mitarbeiter auf einfache Weise der Zusammenhänge bspw. zwischen Vertriebsmaßnahmen und dem Working Capital aufgezeigt werden (s. Abb. 4).
Controller müssen das Geschäftsmodell ihres Unternehmens für die Kennzahlenauswahl kennen
Die Auswahl der richtigen Kennzahlen ist folglich keineswegs eine triviale Aufgabe. Die Herausforderung liegt dabei nicht im Mangel an geeigneten Kennzahlen. Dies zeigt die Existenz zahlreicher KPI-Handbücher und Internetdatenbanken. Viel wichtiger ist es, aus der Menge von Kennzahlen die Richtigen auszuwählen. Dies erfordert ein klares Vorgehen und ein Verständnis darüber, wie im Unternehmen Wert geschaffen wird und welches dafür die wesentlichen Werttreiber sind. Das Geschäftsmodell muss bekannt und verstanden sein, um die DNA des Unternehmens möglichst vollständig abzubilden.
Folgende Denkaufgabe überließ Herr Gräf den Teilnehmern: Ab einer Unschärfe von nur etwa 5 % kann der Mensch an Hand seines Erbgutes nicht mehr vom Schimpansen unterschieden werden. Die Frage, die sich aufdrängt: Was sehen wir im Reporting dargestellt, wenn das Geschäftsmodell durchschnittlich nur zu weniger als 50 % abgebildet wird?