22Umsetzung des Nachhaltigkeitscontrollings ungleich verteilt
Nachhaltigkeitscontrolling gilt seit längerem als wichtiger Trend, die umfassende Umsetzung lässt jedoch noch auf sich warten. Teilweise haben Umweltaktivitäten in den Unternehmen mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass sie im Konflikt mit den übergeordneten Unternehmenszielen stehen. Auch eine rückständige Organisationsstruktur in Bezug auf Umwelt- und Sozialthemen ist bei der Etablierung eines Nachhaltigkeitscontrollings hinderlich. Trotzdem hat es in den letzten Jahren viele Fortschritte gegeben. Diese Fortschritte sind allerdings je nach Themengebiet unterschiedlich ausgeprägt.
1. Intensive Anwendung finanzorientierter Indikatoren
Rund die Hälfte der befragten Unternehmen nutzt finanzorientierte Indikatoren im Rahmen des Nachhaltigkeitscontrollings. Damit wird der finanziellen Perspektive mit Abstand am meisten Aufmerksamkeit geschenkt. Im Wesentlichen wollen die Unternehmen damit die Leistungsfähigkeit ihrer nachhaltigen Aktivitäten unter Beweis stellen. Die aktive Steuerung im Sinne eines Nachhaltigkeitsmanagements steht weniger im Fokus. Hier gibt es durchaus Nachholbedarf. Es scheint, als wenn einige Unternehmen Nachhaltigkeitscontrolling vor allem zur Rechtfertigung gegenüber Investoren und anderen Interessensgruppen betreiben anstelle zur aktiven Weiterentwicklung.
2. Ausgeprägte Prozessorientierung
Die Prozessorientierung ist im Nachhaltigkeitscontrolling signifikant ausgeprägt. Dies bezieht sich sowohl auf die intensive Nutzung von Ergebnisgrößen (z. B. Produktionskosten) als auch auf die Aufbereitung von Leistungstreibern (z. B. Materialeffizienz). Der Grund für die starke Prozessorientierung mag u.a. daran liegen, dass sich viele Veröffentlichungen mit Ressourceneffizienz und der Optimierung des Produktionsprozesses befassen. Ferner geben Umweltauflagen den Unternehmen zusätzliche Anreize, entsprechende Zahlen zu publizieren und Ressourcen einzusparen.
3. Marktorientiertes Nachhaltigkeitscontrolling vernachlässigt
Marktorientiertes Nachhaltigkeitscontrolling spielt bislang keine besondere Rolle. Die grundlegende Bedeutung nachhaltiger Aktivitäten für den Markterfolg wird zwar von vielen Unternehmen anerkannt. Ein Beispiel ist die negative Wirkung von Umweltskandalen auf die Reputation eines Betriebes. Allerdings werden nur wenige steuerungsrelevante Daten erhoben. Diese werden wiederum selten in ein systematisches Nachhaltigkeitscontrolling integriert. Für die Zukunft bleibt also noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.
4. Lernorientiertes Nachhaltigkeitscontrolling am wenigsten entwickelt
Am wenigsten konnten Ansätze zum lernorientierten Nachhaltigkeitscontrolling in der Praxis identifiziert werden. Auch wenn die Bedeutung dieser Perspektive durchaus anerkannt wird liegen quantifizierbare Daten kaum vor. Ein weiteres Manko ist, dass die Zusammenhänge zwischen Lernorientierung und den anderen Perspektiven schwer herzustellen ist. Aber genau hier liegt der Mehrwert. Es gehört zu den wichtigen Zukunftsaufgaben, aussagekräftige Kennzahlen für diese Perspektive zu definieren und deren Ergebnisse im Gesamtkontext zu interpretieren.
Wo steht Deutschland beim Nachhaltigkeitsreporting im internationalen Vergleich?
Neben der Erhebung von Kennzahlen im Rahmen des Nachhaltigkeitscontrollings hat auch die Berichterstattung über nachhaltige Themen an Bedeutung gewonnen. Europa hat hier traditionell eine Vorreiterrolle inne, da hier 71 % aller Unternehmen Nachhaltigkeitsreports erstellen. Besonders vorbildlich sind Großbritannien und Japan, wo nahezu 100 % erreicht werden (siehe Abbildung 1). Deutschland positioniert sich im guten Mittelfeld.
Unternehmen in anderen Regionen schlafen jedoch nicht! 69 % der Befragten in Amerika berichten über ihr nachhaltiges Handeln, dicht gefolgt von Firmen im Nahen Osten und Afrika mit 61 %. Mit 49 % Zustimmung hinkt Asien bislang noch hinterher. Eine positive Ausnahme ist China, wo 60 % Zustimmung erzielt wurden. Damit ist das Land gleichauf mit den Niederlanden, Spanien und Italien.
Grundlagen
Dieser Beitrag beruht zwei Publikationen. Eine Veröffentlichung stammt aus dem Haufe Controlling Office:
Strategisch fundiertes Nachhaltigkeitscontrolling – Konzeption und Umsetzung in der Praxis
Die zweite Veröffentlichung basiert auf einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG aus dem Jahr 2011.