Plan-Ist oder Ist-Ist-Vergleich?
Planungen sollen die Zielerreichung unterstützen und vor Überraschungen schützen
Planung spielt im Controlling eine zentrale Rolle. Ohne Planung ist die Führung eines Unternehmens nicht denkbar – selbst in turbulenten Krisenzeiten nicht, in denen Pläne keine gewohnt hohe Standzeit besitzen. Generell wollen die Manager und die Anteilseigner frühzeitig Klarheit darüber, was auf das Unternehmen zukommt. Nicht nur der Kapitalmarkt liebt keine Überraschungen („no surprise“).
Eine bekannte Controller-Weisheit lautet: Keine Planung ohne Kontrolle. Insofern ist das Controlling nicht nur durch systematische Planung geprägt, sondern auch durch regelmäßige Plan- bzw. Soll-Ist-Vergleiche. Beides galt schon in einer Zeit, als die Controller noch Planer oder Kostenrechner hießen. Die Kostenrechnung wurde vor gut einem halben Jahrhundert von einer Ist-Rechnung zu einer kombinierten Ist- und Plan-Rechnung weiterentwickelt; kostenstellenbezogene Kostenplanung und regelmäßige Abweichungsanalysen helfen, die Kosteneffizienz auf Kurs zu halten.
„Schlendrian nicht mit Schlendrian vergleichen“
Planwerte wurden deshalb eingeführt, um belastbare Referenzgrößen für die Ist-Kosten zu gewinnen und zu vermeiden, aktuelle Ist-Kosten nur mit weiter zurückliegenden Ist-Kosten vergleichen zu müssen, um dadurch Hinweise für die Veränderung der Kosteneffizienz zu erhalten. Von Eugen Schmalenbach, dem Ur-Vater der deutschen Betriebswirtschaftslehre, stammt das Zitat, dass man damit nur Schlendrian mit Schlendrian vergleichen würde.
Heute erleben Istwerte eine Renaissance. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Prognose bzw. des Forecasting. Forecasts basieren auf Istwerten und deren Entwicklung. Im Zuge der Digitalisierung werden sie mittlerweile in vielen Unternehmen bereits „durch die Maschine“ erstellt, mit sehr guter Prognosegüte. Die hinter den Istwerten stehenden Zusammenhänge sind – in normalen Situationen – also zum einen konstant genug, um darauf eine valide Prognose stützen zu können. Zum anderen steckt in den Istwerten ein Effizienzniveau, das dem von Planwerten nahe kommt – sonst wären die Istwerte für die Steuerung nicht so bedeutsam. Exakt hier liegt ein zentraler Unterschied zur Plankostenwelt in den 1950er Jahren: Schlendrian kann sich heute niemand mehr erlauben; er würde im Wettbewerb nicht bestehen.
Sind Abweichungen zum Vorjahr nicht die wichtigeren Abweichungen als die zum Plan?
Brauchen Unternehmen – einen Schritt weiter gedacht – dann überhaupt noch eine detaillierte Planung? Reichen nicht aus dem Wettbewerb abgeleitete Benchmarks zusammen mit Ist-Kosten zur laufenden Kostenkontrolle aus? In einem Forschungsprojekt habe ich kürzlich den Controller der Leica Camera AG, Volker Hagemann, interviewt. Der Prägnanz wegen möchte ich seine Sicht der Thematik im Original wiedergeben:
„Nehmen wir mal an, wir würden das Vorjahr nehmen als Plan und das ganze Jahr gegen das Vorjahr laufen lassen. Wenn Sie dann in einem Monat plötzlich eine Riesenabweichung haben, müssen Sie sich eh damit beschäftigen. Und was habe ich denn gekonnt, wenn ich vorhergesehen habe, dass wir im Mai doppelt so viele Reisekosten haben? Dann wird mir das bei den Monatszahlen gar nicht auffallen. Vielleicht ist es mir bei der Planung aufgefallen, aber nur weil ein cleverer Manager schnell die Reisekosten erhöht hat, kommt er dann locker im Tagesgeschäft durch. Wäre es nicht besser, wenn ich das zum Vorjahr vergleiche und dann frage: ‚Was ist da passiert?‘ Bekomme ich dann eine ordentliche Begründung dafür, ist es in Ordnung. Wenn es keine ordentliche Begründung gibt, dann nutzt mir auch nichts, wenn es geplant war. Lohnt sich also der hohe Aufwand, den wir betreiben, um auf Kostenarten- und Kostenstellenebene für jeden Monat eine sehr detaillierte Planung zu betreiben, wirklich?”
Vielleicht versuchen Sie selbst einmal, für ihr Unternehmen diese Frage zu beantworten. Ich bin gespannt, zu welchem Ergebnis Sie dabei kommen!
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