structure follows strategy und das controlling auch

Eigentlich selbstverständlich: Denn die Strategie bestimmt Zielbildung und Planung. Und aus der Struktur werden die Kennzahlen abgeleitet, aus denen Handlungsbedarf und Maßnahmen abgeleitet werden. Prof. Jürgen Weber hat darüber hinaus einen weiteren Controllingbereich identifiziert, der sich nach der Strategie richten muss.

Strategie wird wichtiger – bezogen auf das Unternehmen wie auf den Controllingbereich selbst

Was hat Controlling mit Strategie zu tun? Jeder wird sofort an den Beitrag der Controller denken, den sie im Strategieprozess des Unternehmens leisten. Eng daran beteiligt zu sein, war lange Zeit ein Wunschtraum der Controller. Er wird zunehmend erfüllt, obwohl – wie wir aus dem WHU Controller Panel wissen – durchaus noch Luft nach oben ist. Schaut man in Richtung größerer Unternehmen, so gibt es dort einen weiteren regelmäßigen Bezugspunkt: Die – sehr umfangreichen – Controllerbereiche beschäftigen sich zunehmend mit der eigenen Strategie. Einen wesentlichen Anschub dafür hat die Diskussion über die neue Rolle des Business Partners geleistet. Der Kranz an Festlegungen und Planungen reicht von einem neuen Leitbild bis hin zu konkreten Personalentwicklungsprogrammen.

Controlling-Strategie muss Veränderungen der Unternehmensstrategie berücksichtigen

Was sollte aus konzeptioneller Sicht in einer solchen Bereichsstrategie enthalten sein? Natürlich all das, was man dort schon heute findet. Was ich aber vermisse, ist eine striktere Ausrichtung an der Unternehmenssteuerung. Da geht es nicht um Einzelaspekte wie eine homogenere Informationsbasis im Controlling oder die Verkürzung von Planungsfristen. Diese Themen sind zwar wichtig, und in den meisten Unternehmen gibt es bei ihnen auch noch viel zu tun. Ich habe vielmehr den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen dem Geschäft eines Unternehmens und dessen Steuerung im Blick, dies auch wegen der aktuell starken Veränderungen im wirtschaftlichen (und gesellschaftlichen) Kontext der Unternehmen.

„Steering follows structure follows strategy“

Die meisten von Ihnen werden die empirische Erkenntnis von Alfred Chandler kennen, die er vor mehr als einem halben Jahrhundert in dem bekannten Satzfragment zusammengefasst hat: „Structure follows strategy.“ Sie ist intuitiv plausibel und auch deshalb allgemein anerkannt. Unterschiedliche Geschäftsstrategien erfordern unterschiedliche Strukturen, mit denen sie umgesetzt werden. Von dieser Grundregel sollte nur dann abgewichen werden, wenn es dafür ganz besondere Gründe gibt („keine Regel ohne Ausnahme“). Mit „Strukturen“ hat man dabei zumeist die (Aufbau-)Organisation im Blick, die z.B. funktional oder objektbezogen ausgeprägt sein kann. Wenn man der Chandler´schen Idee aus einer Steuerungsperspektive heraus folgt, müsste der Zusammenhang aber noch um einen weiteren ergänzt werden: „Steering follows structure follows strategy“ – so explizit die Aussage eines Konzerncontrollers, den ich kürzlich interviewt habe. Nur die Organisationsstruktur zu betrachten, greift zu kurz. Strukturen können ganz unterschiedlich gelebt werden, und darauf, wie dieses erfolgt, hat die Steuerung einen erheblichen Einfluss.

Wie die Strategie Aktualitätsanforderungen und Planungsrichtung bestimmt

Einen strikten Zusammenhang von Steuerung und Strategie zu sehen, letztere als bestimmend für erstere zu erkennen, liefert einen konzeptionellen Rahmen, um die vielen angesprochenen strategischen Ideen der Controllerbereiche zu ordnen und auszurichten. Um nur zwei Beispiele zu nennen:

  • Sich zu jedem Zeitpunkt die Kosten in Echtzeit anschauen zu können, macht z.B. in einem Geschäft, das keine hohe Dynamik besitzt, keinen Sinn.
  • Nur noch top-down zu budgetieren, ist keine besonders gute Idee dann, wenn durch die Komplexität der Leistungserstellung dem Wissen der dezentralen Führungskräfte eine große Bedeutung zukommt.

Strategischer Bedarf bestimmt den Werkzeugkasten

Aber der genannte Zusammenhang sollte noch durch ein weiteres Element ergänzt werden: „Tools follow steering.“ Die Instrumente des Controllings werden meines Erachtens immer viel zu absolut, losgelöst von ihrer konkreten Einsatzumgebung betrachtet. Ein solcher Bezug ist aber erforderlich, wie das folgende Beispiel zeigt: Einer hohen Schnelllebigkeit des Geschäfts kann durch eine Intensivierung der Investitionsplanung und einer stärkeren Kopplung der operativen Planung an diese begegnet werden (steering follows strategy). Hieraus leitet sich der Bedarf an stärker ausgefeilten Tools der Investitionsrechnung ab, verbunden mit einer Reduzierung der Komplexität der Kostenrechnung: Entscheidungen zur Veränderung der Kapazität sind dann c. p. wichtiger als solche zu deren Nutzung (tools follow steering). Controller sollten also neu über ihre Toolbox nachdenken, nicht primär vom Instrument herkommend („wir haben das genaueste Planungsverfahren“), sondern von dessen Nutzung. Außerdem machte ein laufendes Überprüfen der Instrumente Sinn. Also noch ein Element strategischer Arbeit der Controller!


Weitere Kolumnen von Prof. Weber finden Sie hier:

10 Jahre Controlling im Spiegel von Kolumnen im Controller Magazin


Schlagworte zum Thema:  Strategie, Controlling