Ansatzpunkt der Untersuchung
Das reformierte Haushalts- und Rechnungswesen, wendet die in der Privatwirtschaft funktionierenden Steuerungsinstrumente auf den öffentlichen Sektor an. Da die privatwirtschaftlichen Prinzipien im öffentlichen Sektor zu dysfunktionalen Ergebnissen führen, bedarf das politische System einer genauen Untersuchung. Darüber hinaus ist eine nachhaltige politische Unterstützung wesentlich für eine erfolgreiche Umsetzung eines Reformprojekts. Eine politikwissenschaftliche Beteiligung ist aktuell jedoch nicht zu erkennen.
Auf dieser Grundlage und einer bisher überschaubaren Datenlage ist es nach Meinung der Referenten, Prof. Dr. Christoph Hönnige, Universität Göttingen, und Andreas Schmid, Horváth & Partners, notwendig, eine Vorstellung davon zu erhalten, ob und wie das reformierte Haushalts- und Rechnungswesen öffentlicher Verwaltungen Einfluss auf das politische System nimmt.
Prof. Dr. Christoph Hönnige und Andreas Schmid zeigen in ihrer Untersuchung auf, dass eine Beeinflussung politischer Werte und ein politisches Handeln durch den Reformversuch nicht zu erkennen ist. Zudem ist auch eine verbesserte Steuerungsfunktion zur Beherrschung der Schuldenkrise durch das reformierte Haushalts- und Rechnungswesen nicht zu erwarten.
Hohe Rücklaufquote
Der Rücklauf der Befragung war im Vergleich zu anderen empirischen Untersuchungen hoch. Mit einem signifikanten Anteil der öffentlichen Ausgaben an den Gesamtausgaben des Staates sei der ausgewertete Rücklauf der Ergebnisse aller Teilnehmer aus Bund, Ländern und Kommunen eine hervorragende Grundlage für eine nachfolgende valide Interpretation, so Schmid.
Hohe Korrelationsergebnisse der Hypothese bei Ländern und Kommunen
Ein Zusammenhang zwischen „politisch-administrativer Funktion“ und „politischer Beteiligung“ wurde belegt wonach wichtige Erkenntnisse über die Beeinflussung des politischen Handelns abgeleitet werden können.
Die Hypothese, dass die Instrumente ihre politisch-administrative Funktion unter einer Beteiligung der Politik zur Einführung des neuen Haushalts- und Rechnungswesens erfüllen, findet auf Ebene der Länder und Kommunen hohe Zustimmung. Statistische Ergebnisse zeigen demnach, dass die politische Beteiligung am Reformprozess absolut notwendig sei, um erfolgreiche Steuerungsmöglichkeiten erzielen zu können. Tendenziell ist jedoch die tatsächliche politische Beteiligung nicht ausreichend. Nach Herrn Schmid lässt sich unter diesen Voraussetzungen kein effektives Steuerungsmodel entwickeln – eine Beeinflussung der politischen Werte und somit das politische Handeln der Politiker sei nicht zu erwarten.
Keine Steuerung mit Hilfe des neuen Haushalts- und Rechnungswesens auf Ebene der Länder
Werden die Länder sowie Kommunen konkret danach gefragt, ob mit Hilfe des neuen Haushalts- und Rechnungswesens aktuell auch Steuerungsaufgaben übernommen werden, so zeigt sich, dass die beiden Einrichtungen dieses Steuerungsinstrument nicht ausschließlich nutzen. Kommunen wenden tendenziell dagegen vermehrt das neue Steuerungsinstrument an. Ein höherer Verschuldungsgrad sowie die Gebührenanrechnung stellen einen höheren Anreiz für die Kommunen dar, die neuen Steuerungsinstrumente aktiver anzuwenden, so Schmid.
Kritische Ansicht staatlicher Institutionen
Die Analyse des Rechnungshofes Baden-Württemberg zeigt ferner auf, dass sich das Reformprojekt nicht amortisiert. Zudem rechnet das Bundesministerium der Finanzen mit einem negativen Kapitalwert und auch das Land Berlin sieht keinen Effizienzgewinn durch die Reformierung des Haushalts- und Rechnungswesens. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Herausforderung des hohen Reformaufwandes hinzuweisen.
Fazit: Eine Verbesserung der Steuerungsfunktion ist nicht zu erwarten
Als Fazit ihrer Untersuchung weisen Prof. Dr. Christoph Hönnige und Andreas Schmid in ihrem Vortrag darauf hin, dass eine Verwaltungsreform ohne Politikreform nicht durchzusetzen sei. Das Ziel, die erfolgreich angewandten Steuerungsfunktionen aus der Privatwirtschaft mittels eines reformierten Haushalts- und Rechnungswesens im öffentlichen Sektor zu nutzen, ist auf Grundlage ihrer Ergebnisse nicht zu erwarten.