Veränderungen wahrnehmen mit modernem Trendscreening und Collaborathon-Workshops
Google akquirierte in den Jahren 2013 und 2014 über 50 Unternehmen und erschließt sich - nicht nur auf diesem Wege - eine Branche nach der anderen. Wo attraktive Margen zu finden sind und wachsende Märkte prognostiziert werden, müssen die sogenannten „Big Four“ (Google, Amazon, Facebook, Apple) als neue Wettbewerber gefürchtet werden und mit ihnen die täglich neuen Start-ups. „Wir können dabei zusehen wie Branchengrenzen erodieren und vollkommen neue Wettbewerber Margen und Marktanteile übernehmen“, sagt Dr. Sylvie Römer, Leiterin des Beratungsfeldes Markets & Innovation bei Horváth & Partners. Anhand von Praxisbeispielen zeigt sie, wie es Unternehmen gelingen kann, Trends umfassend zu erkennen und für rechtzeitige und richtige Reaktion zu sorgen.
Die klassischen Quellen und Vorgehensweisen der strategischen Analysen sind im Hinblick auf diese Entwicklungen anzupassen. Informationsquellen wie Crowdfunding-Plattformen, Think Tanks oder Start-up Ticker spielen eine immer bedeutendere Rolle. Als neue Möglichkeit zur Identifikation von künftigen Potenzialen erläutert Dr. Sylvie Römer die sogenannten Collaborathon-Workshops. Dort treffen sich hochrangige Vertreter von Unternehmen zu bestimmten Fokusthemen, in der Regel ausgewählten Trends, mit dem Ziel gemeinsame Business-Potenziale zu identifizieren und diese durch Kooperation zu heben.
Ebenso wichtig wie die Modernisierung der Screening-Quellen ist eine effiziente Organisation des Trendscreening. Als ideales Modell erachtet Frau Dr. Römer eine Kombination aus zentraler Steuerung und dezentraler Aufgabenverteilung. Hierbei übernimmt jedes Mitglied im Innovationssystem entsprechend seiner Rolle sein Trend-Aufgabenpaket nach Interessen und Kompetenzen, während zeitgleich eine tagesaktuelle Datenhaltung und Informationsweitergabe ermöglicht wird. Sind für das Unternehmen relevante Trends und Potenziale identifiziert, gilt es diese im wichtigen und anspruchsvollen nächsten Schritt effizient zu organisieren. State-of-the-Art zur Bewahrung des Überblicks über relevante Trends sind „Trend Books“ mit anschaulichen „Trend One pagern“ (s. Abb. 1 in der Bilderserie).
Trends in Zukunftsbilder beschreiben und Innovationsfelder ableiten
„Trends und Markttreiber führen in eine neue Welt, der Direktsprung von Trend auf Lösung ist häufig zu kurz gedacht“, berichtet Innovationsexpertin Römer. Eine hervorragende Grundlage für die Ausrichtung von innovationsbasierten Wachstumsstrategien sind Zukunftsbilder, die die komplexen Auswirkungen vernetzter Trends greifbar und verständlich machen (S. Abb. 2 in der Bilderserie). Mit einem klar identifizierten Zukunftsbild lassen sich eigene Kernkompetenzen mit den Bedürfnissen der zukünftigen Kunden abgleichen und überzeugende Nutzenversprechen finden.
Eine Möglichkeit zur Erstellung solcher Zukunftsbilder sind Szenarioanalysen. Die Referentin verweist hier auf den Vortrag von Marcus Getta, Leiter Innovationsmanagement der Thüga AG, der eine gemeinsam mit Horváth & Partner durchgeführte Szenarioanalyse für die Energiebranche vorstellt.
Aspekte wie Machtverteilungen im Markt detailliert beschreiben
Der wesentliche Mehrwert der Zukunftsbilder entsteht vor allem durch ihren vielfachen Einsatz: Im Strategieprozess, bei der Gestaltung neuer Geschäftsmodelle, zur Validierung der Vision und auf der Suche nach Innovationen. Ferner merkt Frau Dr. Römer an, dass sich das volle Potenzial von Zukunftsbildern erst entfaltet, wenn wichtige Marktaspekte wie beispielsweise Machtverteilungen oder Kundenwünsche konkret beschrieben werden und eine ansprechende Visualisierung gefunden wird. Präzise Szenarioarbeit kann zudem die Ableitung von Frühindikatoren ermöglichen, mit denen sich prüfen lässt, ob die Entwicklungen der Realität nach wie vor mit den Prognosen übereinstimmen.
Roadmap mit Marktmeilensteinen entwickeln
Zukunftsbilder sind noch kein Fahrplan für rechtzeitiges Handeln. Erst wenn daraus eine Roadmap mit Marktmeilensteinen abgeleitet wird, können die Schwerpunkte der eigenen Innovationstätigkeit (sogenannte Innovationsfelder) nicht nur inhaltlich festgelegt, sondern deren Erschließung auch rechtzeitig geplant werden. „Die Entwicklung von Innovationsfeldern ist Teil von best-in-class-Strategieprozessen und damit Kernaufgabe aller Strategen“, erläutert Dr. Sylvie Römer. Innovationsfelder bilden gemeinsam mit ihren Erschließungsplänen, Budgets und Ressourcenzuordnungen die Kernbestandteile von Innovationsstrategien (S. Abb. 3 in der Bilderserie).
Innovationen durch Inkubatoren beschleunigen
Frühzeitiges Handeln scheitert jedoch - gerade bei radikalen Innovationen und Geschäftsmodellen - viel zu oft an der Trägheit und dem Denken etablierter Organisationen. Hier helfen externe und interne Inkubatoren, um ausreichend Freiraum für schnelle Reaktionen zu schaffen und zum Beispiel mit passenden Start-ups zu kooperieren statt zu konkurrieren. „Auf diese Weise konnten wir die Adaptionsfähigkeit großer Unternehmen signifikant beschleunigen und aus drohenden Konkurrenten Partner machen“, berichtet Dr. Sylvie Römer.
Eine der größten unternehmerischen Herausforderungen dieser Tage ist für die meisten Unternehmen sicher die Digitalisierung, wie die Referentin bekräftigt. Einige Branchen wurden bereits von der Digitalisierungswelle erreicht - bei einigen steht diese noch aus. Bezahlen ohne Bank, Online-Hochzeiten und selbstfahrende, untereinander vernetzte Autos sind heute keine verrückten Visionen mehr sondern die Realität. Dr. Sylvie Römer ist überzeugt: "Mit einem passenden Innovationssystem lassen sich jede Herausforderung durch aktuelle Trends annehmen und jede Innovationsstrategie realisieren."