Bisheriger Steuerungsansatz bietet nur eingeschränkte Transparenz
Anhand eines Fallstudienunternehmens aus dem Maschinenbau zeigte Dr. Stefan Binnewies, Leiter Controlling der Jungheinrich AG, auf, welche Steuerungsprobleme traditionell in dieser Branche bestehen und wie eine wertschöpfungsorientierte Unternehmenssteuerung erfolgreich umgesetzt werden kann.
Das Fallstudienunternehmen ist in der Investitionsgüterindustrie tätig und durch eine Kundenauftragseinzelfertigung gekennzeichnet. Es gliedert sich in die zwei Wertschöpfungsstufen Produktion (inkl. Einkauf und F&E) sowie Vertrieb auf. Die Produktion besteht aus drei rechtlich selbständigen Werken innerhalb Deutschlands, während der Vertrieb sich aus den einzelnen Vertriebsgesellschaften in den Ländern und einer zentralen Verwaltungs- bzw. Entscheidungseinheit in Deutschland zusammensetzt (vgl. Abbildung 1).
Die einzelnen Landesgesellschaften im Vertrieb platzieren ihre Aufträge direkt bei den Produktionswerken zu länderspezifisch festgelegten Preisen, die sich über so genannte Länderrabatte auf die Listenpreise der globalen Bruttopreisliste der Produkte bestimmen. Diese länderspezifischen Konditionen können durch zusätzliche Rabatte für Großkunden/Großprojekte auftragsindividuell ergänzt werden (vgl. Abbildung 2).
Aus dieser Konstellation ergeben sich zwei zentrale Problemstellungen des bisherigen Steuerungsansatzes:
- Die Transparenz über die Erfolgsbeiträge der beiden Wertschöpfungsstufen Produktion und Vertrieb ist eingeschränkt. So führt beispielweise eine Veränderung des Ländermixes im Vergleich zur Vorperiode lediglich aufgrund der unterschiedlichen Länderrabatte zu einer Verbesserung/Verschlechterung des Produktionsergebnisses.
- Die Trennung der Verantwortlichkeiten in Bezug auf die Preisgestaltung zu den externen Kunden ist unvollständig. Dies resultiert aus der Teilnahme der Produktion an den Prozessen zur Festlegung der Länderrabatte und der Bewilligung zusätzlicher Großkundenrabatte. Der Vertrieb hat somit nicht die vollständige Verantwortung über die Festlegung der Preise und damit nicht die alleinige Möglichkeit zur Beeinflussung der Absatzmengen.
Umsetzung eines wertschöpfungsorientierten Steuerungsansatzes
Zur Überwindung dieser Probleme wurde ein neuer wertschöpfungsorientierter Steuerungsansatz definiert, der sich auf das Konzept des Value Chain Controlling stützt und dabei zwei Kernelemente beinhaltet:
- klare Definition und vollständige Trennung der Verantwortlichkeiten entlang der Wertschöpfungskette (Business Design) und
- Transparenz über die Erfolgsbeiträge (Werteflusssteuerung).
Dies wurde über folgende Maßnahmen umgesetzt:
- Bündelung der Preisverantwortung beim zentralen Vertriebsstab und
- Einführung eines neuen Transferpreises zwischen Produktion und Vertrieb (vgl. Abbildung 3).
Erfolgsfaktoren der Einführung einer neuen Steuerungslogik
Anhand des Fallbeispiels konnte aufgezeigt werden, dass auch pragmatische Änderungsansätze zur Neuausrichtung einer Steuerungslogik erfolgreich implementiert werden können. Bei der Bewältigung der Herausforderung der Einführung einer neuen wertschöpfungsorientierten Steuerung haben sich im Fallbeispiel drei Aspekte als zentrale Erfolgsfaktoren erwiesen:
- Konzentration des Projektes auf die wesentlichen, steuerungsrelevanten Inhalte;
- einfaches und mit wenig Aufwand umsetzbares IT-Konzept zur Implementierung der neuen Steuerungslogik sowie
- Schaffung einer einjährigen Übergangs- bzw. Lernphase als wesentliches organisatorisches Element im Rahmen des Change Managements.
Grundlagen
Der Beitrag beruht auf der Präsentation „Wertschöpfungsorientierte Konzernsteuerung im Maschinenbau in unsicheren Märkten“ von Dr. Stefan Binnewies, Leiter Controlling Jungheinrich AG, im Rahmen des 26. Stuttgarter Controller-Forums am 19. September 2012 in Stuttgart.
Autor:
Dipl.-Kfm. Mike Schulze ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Strascheg Institute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE) der EBS Business School in Oestrich-Winkel.