Big Data, Predictive Analytics, Robotics Process Automation und moderne BI-Tools sind nur einige wenige technologische Entwicklungen, die das Reporting revolutionieren werden. Durch sie wird das Berichtswesen von Morgen schneller, individueller, automatisierter und analytischer. Strukturen und Abläufe werden damit völlig anders sein. Entsprechend ist die Digitalisierung nicht nur als eine technische Entwicklung zu verstehen. Sie verändert auch
- die Kultur,
- die Entscheidungswege und
- die Rollen
in den Unternehmen.
Wie der Wandel zum digitalen Reporting erfolgreich gelingt, war daher die Kernfragestellung der 13. Fachkonferenz Reporting & Analytics von Horváth & Partners. Über die Veranstaltung berichten wir in einer neuen Serie.
Fachvorträge über modernes Reporting & Analytics
Das Programm des zweitätigen Expertenforums am 06. und 07. Juni zeichnete ein umfassendes Bild der aktuellen Themen und Entwicklungen im Reporting. Veranstalter waren Jens Gräf und Dr. Johannes Isensee von Horváth & Partners. Über zwei Tage standen zehn Fachvorträge auf dem Programm. Jeder von ihnen bot den runhd 120 Teilnehmern einen realistischen und offenen Einblick in aktuelle Projekte und fertige Lösungen inklusive der Beweggründe, Erfolgsfaktoren und Fallstricke.
Auch wenn jeder Vortrag ein ganz individuelles Thema beleuchtete, zeigte sich der Leitfrage der Konferenz entsprechend: Für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Reportings ist es unabdingbar den Menschen - in Form des Controllers, des Managers und aller anderen am Berichtsprozess beteiligten Akteure - in Veränderungsprozesse einzubinden, in diese zu fördern und weiterzuentwickeln. Wie dies geht lesen Sie in dieser Serie zu den Highlights der Fachkonferenz, unter anderem am Beispiel von REWE, Siemens, ECE, ABB, Semperit, Allianz Suisse und Borealis.
Reporting Revolution: Wandel mit hoher Geschwindigkeit
"Viele der heutigen Themen haben wir selbst in den Konferenzen der letzten beiden Jahre noch als Vision von übermorgen diskutiert. Dass diese nun heute bereits in Erprobung oder produktiven Anwendung sind, zeigt die Schnelligkeit und Kraft des Wandels. Jedes Unternehmen muss sich dabei die Frage stellen, wie der eigene Weg aussehen kann und von welchen Ansätzen sinnvoll für eine bessere Steuerung Gebrauch gemacht werden kann", erklärte Jens Gräf in seiner Eröffnungsansprache und Begrüßung der Teilnehmer.
Modernes Reporting mit Online Dashboards
Ein modernes Reporting bedingt nicht nur eine anwenderfreundliche Berichtsoberfläche, sondern auch eine umfassende, einheitliche und zentrale Datenbasis. Wie bei der REWE Group eine konzernweit einheitliche, nutzerfreundliche und effiziente Reporting-Lösung eingeführt wurde, zeigte im ersten Vortrag Hendrik Heerens, Funktionsbereichsleiter Controlling International bei der REWE Group, zusammen mit Florian Werner, Horvath & Partners. Ziel des REWE-Projekts ConCERT sei laut Heerens die Realisierung einer Konzernplattform für modernes Reporting, Analyse und Planung. Zentrale Elemente der Lösung bilden empfängerguppen- und themenspezifische Dashboards, die bei Bedarf einen weiteren drill-down entsprechend definierter Rollen und Navigationspfade erlauben.
Self-Service im Reporting
Wie Self-Service im Reporting die Entscheidungsfindung im Industriekonzern Siemens verbessert, schilderte Daniel Asbach (bei Siemens Commercial Head of Business Intelligence). Self-Service, so Asbach, ist bei Siemens ein wichtiger Bestandteil der Initiative „From #Data2Impact!“. Anspruch dieser Initiative sei es, den Nutzern flexible, auf sie zugeschnittene Analysewerkzeuge anstatt starrer Berichte anzubieten. Damit am Ende aber dennoch alle über die gleichen Informationen sprechen, bedingt ein erfolgreicher Self-Service-Ansatz gewisse Voraussetzungen. Hierzu zählen nach den Erfahrungen bei Siemens u.a.
- eine einheitliche und qualitative Datenbasis,
- eine ordnende Governance und
- entsprechende Schulungen der Nutzer.
Steuerung digitaler Geschäftsmodelle und Predictive Analytics
Als Betreiber von Shopping-Centern befindet sich auch das Hamburger Unternehmen ECE in Mitten des digitalen Wandels. Auf der einen Seite legen digitale Händler wie Amazon & Co. ein erhebliches Innovationstempo vor, auf der anderen Seite erwarten die Konsumenten ein immer stärker digitalisiertes Einkauferlebnis. Dem Controlling bei ECE eröffnen sich, so Ulf Steinhop, Director Controlling & Risk Management der ECE Projektmanagement G.m.b.H. & Co. KG, mit dem digitalisierten Einkaufszentrum neue Möglichkeiten zur Analyse und Optimierung von internen Abläufen. Das Controlling beschränkt sich damit nicht mehr "nur" auf Finanzdaten, sondern umfasst beispielsweise auch die gezielte Analyse und Optimierung von Besucherflüssen und Parkkapazitäten. Hinzukommt die virtuelle Modellierung und Gestaltung der operativen Kernprozesse im Einkaufszentrum. Dies erfordert eine Modernisierung der Controlling-Instrumente und eine entsprechende Rolle im Unternehmen.
Wie mittels Predictive Analytics manuelle Forecasts durch automatische Prognosen ersetzt werden können, berichtete Patrick Jung von der ABB. Als Industriekonzern ist die ABB auf möglichst gute Prognosen des Auftragseingangs angewiesen, damit unter anderem Kapazitäten geplant werden können. Um die Qualität und Effizienz der Forecast zu steigern, wurde bei ABB mittels Algorithmen und interner wie externer Daten ein Vorhersagemodell für einen automatisierten Forecast entwickelt und in die tägliche Steuerung integriert. Auch wenn laut Jung diese Modelle hoch komplex sind, ist bei ABB gelungen, die automatische Prognose auch für Fachanwender verständlich das Reporting zu integrieren. Zur Sicherstellung der Verständlichkeit und Akzeptanz, zeigen die Berichte auch die jeweils relevanten Einflussgrößen und liefern einfache Hinweise auf die Modellgüte. Richtig eingesetzt, so die Erfahrung, sind automatische Prognosen ein probates Mittel um den Aufwand im Controlling zu reduzieren und gleichzeitig einen besseren Blick nach vorne zu erlauben.
Mit Robotics Process Automation Controller entlasten und begeistern
Dass Mitarbeiter im Controlling ihre Zeit in die Analyse der Geschäftsentwicklung oder die Weiterentwicklung von Controlling-Instrumenten investieren, ist allen bekannt. Viel zu häufig, so die Erfahrung von Daniel Turi, Leiter Finanzdatenmanagement bei der Allianz Suisse, sind qualifizierte Mitarbeiter aber mit "stupiden" Tätigkeiten, wie dem Kopieren von Daten aus einem System in ein anderes, beschäftigt. In der Folge hat man bei der Allianz frühzeitig ein Competence Center für den Einsatz von Robotics im Finanzbereich aufgebaut. Hier unterstützen Experten die Fachbereiche bei der Automatisierung von manuellen Prozessen durch Software-Roboter. Turi berichtet, dass richtig eingesetzt und kommuniziert RPA bei der Allianz ein enormes Potenzial entwickelt. So wird RPA heute bei den Mitarbeitern keinesfalls kritisch gesehen, sondern führt im Gegenteil zu einer Begeisterung in den Bereichen, da sie von lästigen Aufgaben befreit werden.
Autonomes Performance Management
Mit dem Zielbild für ein "Autonomes Performance Management" ging Juan-Carlos Mani vom Unternehmen und gleichnamigen Software-Produkt TRUFA (= Trüffelschwein) noch einen Schritt weiter. Mit TRUFA, so Mani, wollen wir den Entscheidern zu jedem Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen datengetrieben vorschlagen. Das System analysiert dabei Zusammenhänge zwischen allen erdenklichen Kennzahlen zur Laufzeit und liefert entsprechende Hinweise und Vorschläge, beispielsweise zur Steigerung der Ertragskraft oder der Kundenzufriedenheit. Wichtig sei, dass die Lösung direkt auf den operativen Quelldaten und nicht auf aggregierten Datenlogiken, wie sie beispielsweise in BW-Systemen vorliegen, aufsetzt.
Transformation im Finanzbereich bei Semperit und Borealis
Ansätze und Erfahrungen aus einer ganzheitlichen Transformation des Finanzbereichs und einer Neuausrichtung des Reportings, zeigten zudem Frank Gumbinger, CFO der Semperit AG, und Anja Krusel, Vice President Group Controlling der Borealis AG. Beide Referenten erklärten, wie die Effektivität und Effizienz des Finanzbereichs durch organisatorische und prozessuale Neuausrichtung ganzheitlich und langfristig gesteigert werden. Im Reporting, so die Erfahrungen aus beiden Unternehmen,
- ist die Steuerung zu harmonisieren,
- die Anzahl der erstellten Berichte zu reduzieren, manuelle Excel-Lösungen durch geeignete BI-Systeme zu ersetzen und
- eine entsprechende Datenbasis so aufzubauen, dass manuelle Korrekturen und Anpassungen im Record-to-Report Prozess vermieden werden können.
Mit Change Management den Wandel zum Erfolg führen
Jede Veränderung im Reporting kann nur erfolgreich gelingen, wenn Ziele und Weg klar beschrieben sind und mögliche Ängste und Widerstände frühzeitig ausgeräumt werden können. Aus einem übergreifenden Blickwinkel fassten die Horváth & Partners-Berater Dr. Johannes Isensee und Jürgen Marschik die aktuellen Treiber der "Reporting Revolution" zusammen. Die Veränderung im Reporting, so Isensee, müsse im Kern drei Dinge umfassen:
- Die Weiterentwicklung der Reporting-Philosophie (z. B. Akzeptanz von Predictive Analytics),
- eine deutliche Steigerung der Effizienz im Reporting (durch ein kritisches Hinterfragen aller Leistungen und geeignete Formen der Automatisierung und Zentralisierung) sowie
- den frühzeitigen Aufbau von digitalen Datenplattformen.
Change Management wird noch unterschätzt
Am Beispiel eines aktuellen Kundenprojekts zeigte Jürgen Marschik Werkzeuge und Beispiele für erfolgreiches Change Management auf. Dieses leider immer noch unterschätzte Thema, müsse nach Ansicht des Beraters in vielen Projekten an Bedeutung und Professionalität gewinnen.
Kulturelle bzw. persönliche Veränderungen können nicht kurzfristig erreicht werden. Vielmehr müssen solche Veränderungen als ein langwieriger Prozess verstanden werden, bekräftigte auch der Experte für Change Management Michael Timmermann, Founder & Managing Partner von Timmermann Partners. Ziel und Erfolg jedes Veränderungsmanagements liege darin, die Mitarbeiter aus ihrer Komfortzone in eine Lernzone zu bewegen, ohne sie aber dabei zu überfordern und ggf. zu frustrieren. Diese Aufgabe, so Timmermann, kommt jedem Einzelnen insbesondere aber den Führungskräften zu. Dabei geht es darum, Verantwortung für Veränderung zu übernehmen, diese richtig zu kommunizieren und insbesondere selbst auch vorzuleben.
Echtzeit Benchmarking: Aktuelle Themen und Herausforderungen
Welche Themen die anwesenden Experten aus Finance & Controlling aktuell bewegen, wie weit der Wandel zum digitalen Reporting bereits fortgeschritten ist und welche Themen als künftig relevant erachtet werden zeigte die Online-TED-Befragung, die von Steffen Schneider und Jens Gräf (beide Horváth & Partner) durchgeführt wurde. Zu den wichtigsten aktuellen Themen zählen demnach
- die Digitalisierung,
- die Automatisierung und
- der Aufbau von Dashboard bzw. Cockpit-Lösungen.
Das heutige Reporting, so die Ergebnisse der Befragung, ist noch immer dominiert von vordefinierten Berichte, die inzwischen überwiegend elektronisch verteilt werden (S. Abb. 1 in der Bilderserie). Im Wandel zum digitalen Reporting liegt die wesentliche Herausforderung im Aufbau einer geeigneten Datenbasis (S. Abb. 2 in der Bilderserie). Während in den Vorjahren der Einsatz von Robotics im Reporting noch skeptisch gesehen wurde, gewinnt dieses Thema heute deutlich an Verbreitung und Interesse (S. Abb. 3 in der Bilderserie).
Networking und spontane visuelle Protokolle zu jedem Vortrag
Ein wichtiges Element der Konferenz ist der Austausch zwischen Experten. Neben persönlichen Gesprächen in den Pausen, bot die gemeinsame Abendveranstaltung einen bestmöglichen Rahmen. Zu guter Letzt ist darauf hinzuweisen, dass jeder Vortrag in Form eines Graphic Recordings durch Gabrielle Heinze live visualisiert wurde (S. Abb. 4 in der Bilderserie) und die nächstjährige Konferenz bereits für den 05. und 06. Juni 2019 terminiert ist.