CSDDD: EU-Lieferkettenrichtlinie

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ist am 5.7.2024 als Richtline 2024/1760 im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden. Eine Umsetzung in deutsches Recht hat bis zum 26.7.2026 zu erfolgen, was voraussichtlich auch deutlicher Änderungen am Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bedarf.

Nachdem Ende 2023 eine erste Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union über ihre sehr unterschiedlichen Vorstellungen zur Ausgestaltung und insbesondere zur Zielgruppe der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) erzielt wurde, die dann im Rat der EU zunächst wieder aufgekündigt wurde, konnte nach erneuter Überarbeitung am 15.3.2024 eine erneute Einigung erzielt werden. Am 19.3.2024 hat auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments dem Kompromisstext zugestimmt. Dieser wurde nun nach Übersetzung in alle Amtssprachen der EU nun im EU-Amtsblatt vom 5.7.2024 veröffentlicht.

Die Ziele der EU-Lieferkettenrichtlinie

Die Europäische Kommission hatte im Februar 2022 einen Legislativvorschlag zur CSDDD veröffentlicht. Unternehmen werden analog zum Lieferkettensorgfaltpflichtengesetz (LkSG) verpflichtet, ihre negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt zu identifizieren und zu verringern. Im Unterschied zum LkSG sind die zu beachtenden Vorgaben aber noch deutlich weiter gefasst, sodass insbesondere auch Umweltpflichten (etwa das 1,5°-Klimaziel) zu beachten sind – nach § 2 LkSG werden dagegen 20 ganz konkrete internationale Vereinbarungen (überwiegend Sozialabkommen der Internationalen Arbeitsorganisation und lediglich eine Vereinbarung über den Umgang mit Quecksilber und eine zum Müllexport) benannt, die es (nur) zu beachten gilt. Dabei gelten die neuen Sorgfaltspflichten auch entlang der Wertschöpfungskette, welche die vorgelagerten Geschäftsbeziehungen (wie Zulieferer) und anders als beim LkSG auch die nachgelagerten Aktivitäten (wie Vertrieb oder Recycling) umfasst.

Dabei sind jedoch in der finalen Fassung einige Erleichterungen hinzugekommen. Es sind zwar weiter auch über das nächste Glied der Kette hinaus die Sorgfaltspflichten wahrzunehmen (im LkSG gibt es hier Beschränkungen), doch können die Sorgfaltspflichten geringer ausfallen bei Kettengliedern, die in Ländern agieren, über die keine wesentlichen Länderrisiken bezüglich der Sorgfaltspflichten bekannt sind. Können nachteilige Auswirkungen auf Menschenrechte oder die Umwelt bei Geschäftspartnern nicht verhindert oder beendet werden, müssen die Geschäftsbeziehungen wie im LkSG als letztes Mittel eingestellt werden. Die Sorgfaltspflichten sind in die Unternehmenspolitik und das Risikomanagement zu integrieren, wobei anzumerken ist, dass bereits jetzt viele Sorgfaltspflichten auf Basis gesetzlicher Vorgaben bestehen, so dass häufig nur eine zusammenfassende Betrachtung erfolgen muss. Es ist eine enge Verbindung auch zur europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung feststellbar, da dort bei der Prüfung der Sorgfaltspflichten in ESRS 1 etwa auf die ebenfalls noch umzusetzende CSDDD verwiesen wird.

Exkurs: Das Lieferkettensorgfaltpflichtengesetz (LkSG)

Das LkSG gilt bereits seit dem 1.1.2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern in Deutschland. Seit dem 1.1.2024 gilt der Schwellenwert von 1.000 Arbeitnehmern.

Kompromisstext der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)

Die betroffenen Unternehmen der CSDDD

Die Zielgruppe entspricht nicht mehr wie noch vom Parlament angestrebt der der Nachhaltigkeitsberichterstattung, da nicht auf § 267 HGB abgestellt wird,

  • sondern grundsätzlich nur sehr große EU-Unternehmen mit Nettoumsatzerlöse von über 450 Millionen EUR und mehr als 1.000 Beschäftigten betroffen sind (allerdings gelten die 1.000 Beschäftigten für den Gesamtkonzern, nicht wie im LkSG nur in Deutschland beschäftigte Personen).
  • Für große Drittstaatenunternehmen sollen mit einer Streckung von 3 Jahren nach Inkrafttreten der CSDDD Nettoumsatzerlöse von über 300 Millionen EUR in der EU auch einbezogen werden, wobei die Europäische Kommission eine Liste betroffener Drittstaatenunternehmen veröffentlichen wird.

Es gibt aber eine zeitliche Staffelung der Anwendung:

  • Anwendung ab dem 26. Juli 2027 für EU-Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 1.500 Millionen EUR (ebenfalls Drittstaatenunternehmen mit einem EU-weiten Nettoumsatz > 1.500 Millionen EUR),
  • Anwendung ab dem 26. Juli 2028 für EU-Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 900 Millionen EUR (ebenfalls Drittstaatenunternehmen mit einem EU-weiten Nettoumsatz > 900 Millionen EUR).
  • Anwendung ab dem 26. Juli 2029 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 450 Millionen EUR (ebenfalls Drittstaatenunternehmen mit einem EU-weiten Nettoumsatz > 450 Millionen EUR).

Unternehmen haben ebenfalls gestaffelt und frühestens für ab dem 1. Januar 2028 beginnende Geschäftsjahre jährlich einen Bericht über die Beachtung ihrer Sorgfaltspflichten auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen (Art. 16 Abs. 1 CSDDD). Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht gem. der CSRD aufstellen müssen, haben keinen CSDDD-Bericht zu veröffentlichen (Art. 16 Abs. 2 CSDDD).

Unterstützende Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten geplant

Anders als zum LkSG sind unterstützende Maßnahmen von den EU-Mitgliedstaaten vorzunehmen. So sollen verpflichtet Portale mit Handreichungen (wie Leitlinien der Europäischen Kommission) eingerichtet und ggf. indirekt betroffene KMU besonders unterstützt werden.

Erhebliche Sanktionen

Die Sanktionen sind erheblich. So sollen verhängte Sanktionen stets veröffentlicht werden, was zu Reputationsschäden führen kann. Darüber hinaus sind Bußgelder im Umfang von bis zu 5 Prozent der Nettoumsatzerlöse vorgesehen. Auch die zivilrechtliche Haftung wird gestärkt, was für Unternehmen eine durchaus große Bedrohung sein könnte. Betroffene (inkl. Gewerkschaften und NGOs) können innerhalb von 5 Jahren Ansprüche geltend machen.

Die wichtigsten Inhalte des EU-Richtlinienentwurfs haben wir in einer ausführlicheren News für Sie zusammengefasst.

Auswirkungen auf das LkSG und CSRD/ESRS

Die anstehende Umsetzung in deutsches Recht wird Auswirkungen auf das deutsche LkSG haben, welches bis Mitte 2026 angepasst werden muss. Zudem wird offenbar diskutiert, ob nicht bis zur Umsetzung der CSDDD das von Unternehmensseite als sehr große bürokratische Last empfundene LkSG abgeschwächt oder gar in bestimmten Bereichen ausgesetzt wird – konkrete Formulierungsvorschläge dazu liegen aber noch nicht vor. Gerüchten zufolge könnten die kurzfristig mit dem (ausstehenden) Referentenentwurf/Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) kommen.

Auch ist die CSDDD relevant für die Ausgestaltung des Dialogs mit den Stakeholdern im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse des ESRS 1 in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, weshalb eine zeitnahe Klarheit über die konkrete Ausgestaltung angesichts der seit dem Geschäftsjahr 2024 beginnenden Berichtspflicht dringend nötig ist.

Zur Richtlinie in deutscher Sprache:

RICHTLINIE (EU) 2024/1760 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Juni 2024 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und der Verordnung (EU) 2023/2859

In eigener Sache: Wie treibe ich Nachhaltigkeit im Unternehmen voran?

In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neuesten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere Ausgaben:

LkSG-Sorgfaltspflichtenberichte können ersetzt bzw. später eingereicht werden dürfen

EU-Kommission erlässt Übersetzungskorrekturen an ESRS Set 1

Ergebnisse der Pilotgruppe von DIHK und DRSC zum Entwurf des VSME ESRS