Häusliches Arbeitszimmer: Argumente für 100%igen Betriebsausgabenabzug
Bei Selbstständigen, die nur im Außendienst beim Kunden, auf der Bühne und in ihrem heimischen Arbeitszimmer arbeiten, unterstellen die Sachbearbeiter ohne nähere Überprüfung, dass sich der Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers befindet. Doch diese pauschale Unterstellung lässt sich mit cleveren und ausführlichen Erläuterungen aushebeln, wie zwei rechtskräftige Finanzgerichtsurteile belegen. Die Folge: Die Kosten im Zusammenhang mit dem Home-Office dürfen nicht nur beschränkt auf 1.250 Euro pro Jahr als Betriebsausgabe verbucht werden, sondern in voller Höhe.
Urteil 1: Handelsvertreter kann Mittelpunkt im Arbeitszimmer haben
Ein Handelsvertreter hat seinen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer, wenn er zu Hause Kundenakquise betreibt, die Auftragsannahme und -abwicklung vornimmt, Proben verschickt, Lieferungen überwacht und Reklamationen annimmt und bearbeitet. Die Betreuung des Kunden rundet die im Arbeitszimmer vorgenommene Tätigkeiten nur ab. Folge: In diesem Fall dürfen 100% der Arbeitszimmerkosten den Gewinn mindern (FG Münster, Urteil v. 5.3.2015, Az. 5 K 980/12).
Urteil 2: Dirigent und Orchestermanager muss Mittelpunkt nicht automatisch auf der Bühne haben
Selbst bei einem Dirigenten und Orchestermanager kann nachgewiesen werden, dass sich die qualifizierteren Arbeiten im Arbeitszimmer abspielen und die Bühnenarbeit nur von untergeordneter Bedeutung ist. In einem Urteilsfall konnte der Selbstständige das Finanzgericht Baden-Württemberg mit folgenden Argumenten vom 100%-igen Betriebsausgabenabzug für die Arbeitszimmerkosten überzeugen: Zu den Aufgaben im Arbeitszimmer gehören Koordination von Auftritten und Proben, Werbung für Sponsorengeldern, Öffentlichkeitsarbeit, Einstudieren von Partituren und das Anhören von Audioaufnahmen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 4.3.2015, Az. 6 K 610/14).
Diese beiden Urteile zeigen, dass es sich lohnt, dem Finanzamt ausführlich die Gewichtung der Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer und außerhalb schriftlich darzulegen. Je umfangreicher die Ausführungen sind, desto schwieriger dürfte es für den Sachbearbeiter im Finanzamt sein, den Ausführungen des Selbstständigen keinen Glauben zu schenken und den Betriebsausgabenabzug einfach auf 1.250 Euro pro Jahr zu beschränken.
Praxis-Tipp: Kosten für das Arbeitszimmer getrennt buchen
Dass überhaupt Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, müssen die Arbeitszimmerkosten getrennt von den übrigen Betriebsausgaben verbucht oder aufgezeichnet werden (§ 4 Abs. 7 EStG). Wer sich an diese strenge Aufzeichnungsvorschrift nicht hält, darf keinen Cent der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer Gewinn mindernd verbuchen.
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