Bilanzierungspflicht 2017: Grenzen erhöht

Durch das Bürokratie-Entlastungsgesetz wurden die Grenzwerte für die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht geändert. Lesen Sie heute, welche Auswirkungen dies hat und worauf Sie achten müssen.

Die Grenzwerte für die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sind erhöht worden (Bürokratie-Entlastungsgesetz vom 28.7.2015, BGBl. vom 31.7.2015 Teil I, Seite 1400). Für Einzelkaufleute im Sinne des HGB ist die Umsatzgrenze von 500.000 EUR auf 600.000 EUR und die Gewinngrenze von 50.000 EUR auf 60.000 EUR erhöht worden.

Viele Unternehmen dürfen jetzt eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen

Da die Umsatz- und die Gewinngrenze höher liegen, können Betriebe, die bisher nach Handelsrecht buchführungspflichtig sind, künftig ihren Gewinn durch eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln. Die Verpflichtung, einen Jahresabschluss zu erstellen, entfällt insoweit. Die steuerlichen Grenzwerte für die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sind inhaltsgleich in die AO übernommen worden, sodass es für die Buchführungspflicht nach Handels- und Steuerrecht keine unterschiedlichen Grenzwerte gibt.

Bilanzierungspflicht: Grenzen in handelsrechtlicher Anwendung

Einzelkaufleute im Sinne des HGB dürfen ihren Gewinn mit einer Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen ihr Umsatz 600.000 EUR und ihr Jahresüberschuss (Gewinn) 60.000 EUR nicht überschritten hat. Für Einzelkaufleute, die ihren Gewinn mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, gelten dann nur die steuerlichen und nicht aber die handelsrechtlichen Regelungen.

Anwendung nach dem 31.12.2015

Die höheren Grenzwerte sind erstmals für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen. Wurden die neuen Grenzwerte in den Geschäftsjahren 2014 und 2015 nicht überschritten, kann ab 2016 der Gewinn mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt werden.

Vorsicht: Bei Überschreiten der Grenzen handelsrechtlich bilanzierungspflichtig

Sobald an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen einer der Grenzwerte wieder überschritten wird, besteht handelsrechtlich wieder Bilanzierungspflicht. Es werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, zu welchem Zeitpunkt der Übergang zu erfolgen hat. Nach Überschreiten von mindestens einem Grenzwert ist demnach die Handelsbilanz

  • bereits für das Jahr aufzustellen, in dem der Grenzwert überschritten wird, bzw.
  • für das Folgejahr, nachdem der Grenzwert überschritten wurde.

Diese unterschiedliche Beurteilung gibt es auch für den umgekehrten Fall, in dem keiner der Grenzwerte überschritten wird.

Praxis-Hinweis:

Eine gesetzliche Regelung existiert nicht. Da es Argumente für jede dieser beiden Lösungen gibt, muss der Unternehmer entscheiden, welche Lösung er bevorzugt. Die einmal getroffene Entscheidung ist dann dauerhaft beizubehalten.

Die Entscheidung über den Zeitpunkt, zu dem eine Handelsbilanz aufzustellen ist, wirkt sich auch steuerlich aus, weil die handelsrechtliche Bilanzierungspflicht gemäß § 5 EStG den Unternehmer verpflichtet, auch für steuerliche Zwecke eine Bilanz zu erstellen.

Bilanzierungspflicht: Grenzen in steuerlicher Anwendung

Bei Unternehmern, die nicht nach HGB buchführungspflichtig sind, richtet sich die Bilanzierungspflicht allein nach den Regeln des Steuerrechts. Die neuen steuerlichen Grenzwerte sind erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen.

Wichtig:

  • Die Finanzverwaltung soll niemanden zur Buchführungspflicht und Bilanzierung ab 2016 auffordern, dessen Umsatz/Gewinn vor dem 1.1.2016 zwar den bisherigen Schwellenwert, nicht aber den neuen Schwellenwert übersteigt (§ 19 Abs. 3, 4, 8 und 9 EG-AO).
  • Fordert das Finanzamt jetzt einen Unternehmer auf, zum 1.1.2016 von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung zu wechseln, dann sollte er dagegen Einspruch einlegen, wenn sein Umsatz 600.000 EUR und sein Gewinn 60.000 EUR nicht übersteigt. Der Unternehmer kann dann bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung bleiben. Sollte sich das Finanzamt weigern, kann sich der Unternehmer auf das Bürokratie-Entlastungsgesetz berufen. Es macht schließlich keinen Sinn, wenn der Unternehmer nach dem Übergang zur Bilanzierung gleich wieder zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung wechseln könnte.

Übergang von der Bilanzierung zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Beim Übergang zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung stellt die Schlussbilanz, z. B. zum 31.12.2015, die Grundlage dar. Hier sind alle betrieblichen Werte erfasst (z. B. Bank, Kasse, Anlagevermögen, Forderungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungen, Waren- und Materialbestände). Wegen der systembedingten Unterschiede der beiden Gewinnermittlungsarten kommt es beim Übergang zu Unstimmigkeiten. Damit kein falscher Gesamtgewinn ausgewiesen wird, muss jede Position der Steuerbilanz untersucht und folgende Fragen beantwortet werden:

  • Welche Gewinnauswirkungen haben sich bereits nach der Systematik der Bilanzierung ergeben?
  • Welche Gewinnauswirkungen treten bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein?
  • Welche Gewinnauswirkungen treten nach dem Wechsel ohne Zu- und Abrechnungen ein?

Beim Übergang von der Bilanzierung zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung entsteht in der Regel per Saldo ein negativer Korrekturposten. Gewinnerhöhungen durch Korrekturposten, die zu einer deutlichen Erhöhung der Steuerbelastung führen, sind selten. Das ist der Grund, warum eine Verteilung auf einen Zeitraum von bis zu drei Jahren beim Übergang von der Bilanzierung zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht zugelassen ist (R 4.6 Abs. 2 EStR). Der Korrekturposten ist wie folgt zu ermitteln:

 

Hinzurechnungsbetrag

Geschäftsvorfälle, die sich noch nicht Gewinn erhöhend ausgewirkt haben und sich nach dem Übergang zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch nicht mehr auswirken werden

 

- Abzugsbetrag

Geschäftsvorfälle, die sich bereits Gewinn erhöhend ausgewirkt haben und die bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein zweites Mal erfasst werden und

Geschäftsvorfälle, die sich noch nicht Gewinn mindernd ausgewirkt haben und sich nach dem Übergang zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch nicht mehr auswirken

= Korrekturposten

zu erfassen im ersten Jahr nach dem Übergang

 

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