rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Weitere Bekanntgabe von Verwaltungsakten an den Steuerpflichtigen nach Fristverlängerungsantrag und Einsprucheinlegung durch Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Steuerberater Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärungen beantragt, darf das FA dennoch nach Fristablauf dem Steuerpflichtigen persönlich die Erinnerung wegen der ausstehenden Steuererklärungen zusenden sowie anschließend einen Zwangsgeldandrohungsbescheid bekanntgeben.
2. Legt der Steuerberater gegen diesen dem Steuerpflichtigen persönlich bekanntgegebenen Zwangsgeldandrohungsbescheid - unter Beifügung des Bescheids - Einspruch ein, so ist ab diesem Zeitpunkt zu vermuten, dass der Steuerpflichtige seinen Steuerberater auch zur Empfangnahme von künftigen Verwaltungsakten bevollmächtigt hat. Bei Zweifeln muss das FA den Steuerberater zum Nachweis seiner Bevollmächtigung auffordern. Auch wenn das FA diese Aufforderung unterlässt, darf es aber weitere Bescheide, wie den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid, nach wie vor dem Steuerpflichtigen persönlich bekanntgeben, solange keine schriftliche Empfangsvollmacht für den Berater vorgelegt wird.
Normenkette
AO 1977 § 80 Abs. 1 S. 3, § 122 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 328 Abs. 1, §§ 332-333
Tatbestand
Am 30. September 1998 beantragte der jetzige Prozeßbevollmächtigte des Klägers, ein Steuerberater, für die Abgabe der Steuererklärungen des Klägers für 1997 betr. USt, GewSt und ESt stillschweigende Fristverlängerung bis zum 28. Februar 1999. Da die Steuererklärungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht beim FA eingingen, wurde der Kläger persönlich vom FA mit Schreiben vom 29. März 1999 an die Abgabe der Erklärungen erinnert.
Nachdem auch diese Frist fruchtlos verstrichen war, drohte das FA dem Kläger persönlich mit Bescheid vom 5. Mai 1999 ein Zwangsgeld von je 100,– DM, zusammen 200,– DM, für den Fall an, daß die ESt- und USt-Erklärungen nicht bis zum 25. Mai 1999 eingereicht würden.
Am 4. Juni 1999 ging beim FA dieser Androhungsbescheid wieder ein, auf dem der Steuerberater handschriftlich angefügt und unterschrieben hatte:
„Dagegen Einspruch und Antrag auf AdV.”
Mit Bescheid vom 24. Juni 1999 setzte das FA gegenüber dem Kläger persönlich wegen der Nichtabgabe der ESt- und USt-Erklärungen für 1997 das angedrohte Zwangsgeld von je 100,– DM, zusammen 200,– DM, fest.
Auch diesen Bescheid erhielt das FA zurück, und zwar am 23. Juli 1999. Auch hier hatte der Steuerberater handschriftlich vermerkt und unterschrieben:
„Dagegen Einspruch und Antrag auf AdV.”
Nunmehr wandte sich das FA mit einem Schreiben vom 29. Juli 1999 an den Steuerberater und teilte ihm mit, daß dem Kläger AdV nicht gewährt werden könne, da der Rechtsbehelf nicht begründet worden sei. Um Begründung innerhalb von zwei Wochen werde gebeten. Der Steuerberater reagierte darauf nicht.
Mit im wesentlichen gleichlautenden Einspruchsentscheidungen vom 16. September 1999, von denen sich eine auf die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld betr. die ESt-Erklärung und die andere sich auf die USt-Erklärung bezieht, wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Beide Einspruchsentscheidungen wurden an den Steuerberater adressiert und ihm bekanntgegeben.
Diese beide Einspruchsentscheidungen und die zugrundeliegenden Bescheide betr. Zwangsgeldandrohung und -festsetzung hat der Kläger am 28. September 1999 mit zwei getrennten Klagen angefochten (299247 K 2: ESt; 299248 K 2: USt). Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. März 2000 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger trägt vor: Die angefochtenen Bescheide seien nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Aufgrund des vom Steuerberater eingereichten Fristverlängerungsantrages für die Abgabe der Steuererklärungen 1997 habe das FA davon ausgehen müssen, daß der Steuerberater als sein Bevollmächtigter i. S. von § 80 Abs. 3 AO anzusehen gewesen sei. Zumindestens hätte das FA vor Erlaß der Bescheide bei ihm oder bei seinem Steuerberater nachfragen müssen.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidungen vom 16. September 1999 und die zugrundeliegenden Bescheide betr. Zwangsgeldandrohung- und -festsetzung für ESt und USt 1997 vom 5. Mai 1999 und 24. Juni 1999 aufzuheben.
Das beklagte FA beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Es führt aus: Da keine schriftlich erteilte Vollmacht auf den Steuerberater vorgelegen habe, sei es nicht verpflichtet gewesen, die angefochtenen Bescheide dem Steuerberater bekanntzugeben.
Nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die mündliche Verhandlung durch Beschluß wieder eröffnet. Auf das Schreiben des Vorsitzenden vom 19. April 2000 (Bl. 31 f. GA 299247 K 2) und die Reaktionen des FA (Schriftsatz vom 3. Mai 2000 Bl. 33 GA) und des Klägers (Schriftsatz vom 10. Mai 2000 Bl. 36 f. GA) wird verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die weiteren zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die den Kl...