rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschluss eines Verrechnungsvertrages ohne Einschaltung des steuerlichen Beraters. Abrechnungsbescheid
Leitsatz (amtlich)
Das FA ist grundsätzlich gehalten, einen Verrechnungsvertrag unter Einschaltung des steuerlichen Beraters eines Stpfl. zu schließen. Eine unmittelbar ohne Beteiligung des Steuerberaters geschlossene Vereinbarung ist unwirksam.
Normenkette
AO § 80
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 22.07.2004; Aktenzeichen VII B 16/03) |
Tenor
Der Abrechnungsbescheid vom 25. Juni 1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2000 wird insoweit abgeändert, als die Verrechnung der Umsatzsteuerguthaben i.H. von 16.729,70 DM mit den Steuerschulden des Ehemannes der Klägerin unzulässig ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit einer vom Beklagten vorgenommenen Verrechnung.
Die Klägerin betreibt seit 1995 einen Baustoffhandel sowie ab 1996 eine Gaststätte. Der Ehemann der Klägerin unterhielt bis Ende 1996 einen Betrieb für Bagger- und Abbrucharbeiten. Gegenüber diesem bestanden erhebliche Steuerforderungen, deren Realisierung Schwierigkeiten bereitete. Ende 1996 wurde der Betrieb des Ehemannes wegen Überschuldung eingestellt. Die Klägerin hatte bisweilen in den Steuerangelegenheiten ihres Mannes Kontakt mit der Vollstreckungsstelle des Beklagten.
Nachdem der Klägerin für die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 1995 jeweils Umsatzsteuerguthaben zustanden, nahm der Beklagte im Anschluss an Telefonate mit der Klägerin am 30. Januar bzw. 15. März 1996 eine Verrechnung dieser Guthaben über insgesamt 16.729,70 DM mit den Steuerschulden des Ehemannes der Klägerin vor. In der Folge entstand zwischen den Beteiligten Streit über die Zulässigkeit dieser Verrechnungen. Der Beklagte erließ am 25. Juni 1997 einen Abrechnungsbescheid über den Vollzug der Verrechnungen. Hiergegen legte die Klägerin am 25. Juli 1997 Einspruch ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 14. April 2000 als unbegründet zurückwies. Dagegen richtet sich die am 17. Mai 2000 erhobene Klage.
Die Klägerin beantragt,
den Abrechnungsbescheid vom 25. Juni 1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2000 insoweit abzuändern, als die Verrechnung der Umsatzsteuerguthaben i.H. von 16.729,70 DM mit den Steuerschulden des Ehemannes der Klägerin unzulässig ist.
Die Klägerin macht geltend (Bl. 1 ff.), die Verrechnung sei ohne vorherige Absprache mit ihrem steuerlichen Berater erfolgt. Bei den von ihr mit dem Beklagten (Herrn X.) geführten Telefonaten sei ihr damit gedroht worden, man werde ihren Ehemann zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und zur Einstellung des Gewerbes zwingen, sofern keine Zustimmung zur Verrechnung erfolge. Gelegentlich der Verrechnung seien ihrem Ehemann auch unzulässiger Weise ihre Guthaben offenbart worden. Der Beklagte habe im Übrigen auch die steuerliche Vertretung ignoriert. Seitens ihres steuerlichen Beraters sei dem Beklagten mit Schreiben vom 9. November 1995 (Bl. 7) mitgeteilt worden, er solle von Auf- und Verrechnungen absehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Nachdem zumindest bei einem der beiden Telefonate die Klägerin initiativ geworden sei, sei keine weitere Kontaktaufnahme mit deren steuerlichem Berater vor Abschluss eines Verrechnungsvertrages erforderlich gewesen.
Mit Gerichtsbescheid des Berichterstatters vom 13. August 2002, der Klägerin am 23. August 2002 zugestellt, wurde die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 23. September 2002, beim Finanzgericht am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Abrechnungsbescheid vom 25. Juni 1997 ist nicht rechtmäßig, da der von den Beteiligten geschlossene Verrechnungsvertrag nicht wirksam ist.
1. Rechtsgrundlagen
Abrechnungsbescheide nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO entscheiden auf der Grundlage der Steuerbescheide nach § 218 Abs. 1 Satz 1 AO und der sonstigen Verwaltungsakte, durch welche die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis festgesetzt werden, über Streitigkeiten, welche die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) betreffen; sie entscheiden also darüber, ob und inwieweit der (im Allgemeinen durch Steuerbescheid) festgesetzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis noch zu verwirklichen ist oder ob er bereits erfüllt ist, weil eine bestimmte Zahlungsverpflichtung z.B. durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung, Erlass, Eintritt der Zahlungsverjährung oder infolge von Vollstreckungsmaßnahmen erlos...