vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IX R 25/23)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verarbeitung personenbezogener Daten: Überlassung im Rahmen der Betriebsprüfung – Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO – Erstreckung auf Art und Weise der Datenverarbeitung durch das FA

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das FA ist nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO verpflichtet, dem Steuerpflichtigen eine Kopie der personenbezogenen Daten, die es bei dessen Außenprüfung erhoben hat, zur Verfügung zu stellen.
  2. Demgegenüber besteht kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der bei der Datenverarbeitung im Rahmen der Außenprüfung angewandten Methoden und Kriterien sowie deren Tragweite und Auswirkungen.
  3. Für einen weitergehenden Anspruch auf Auskunft über die Auswertung und Interpretation der erhobenen Daten und die Verfahrensdokumentation der eingesetzten Prüfsoftware fehlt in der DSGVO eine Rechtsgrundlage.
 

Normenkette

DSGVO Art. 4 Nrn. 1-2, Art. 12 Abs. 1 S. 2, Art. 15 Abs. 1, 3; AO § 32c Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1, § 32i Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2015, 2016, 2017

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.01.2024; Aktenzeichen IX R 25/23)

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in K. ein Geschäft und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Das beklagte Finanzamt begann im Jahr 2019 bei der Klägerin mit einer Außenprüfung, die sich auf die Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2015 bis 2017 bezog. Die Klägerin stellte dem Prüfer Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datenträgern zur Verfügung. Mit Schreiben vom 10. Juli 2019 wandte sich das beklagte Finanzamt an die Klägerin und bat hinsichtlich von ihm festgestellter angeblicher Mängel der Buchführung der Klägerin um Erläuterungen. Die Klägerin gab mit Schreiben vom 18. Juli 2019 eine Stellungnahme ab. Ferner bat sie das beklagte Finanzamt um Folgendes:

1. Sie in die vom beklagten Finanzamt vorgenommenen Schritte von der Datenübernahme über die Bearbeitung der Rohdaten bis hin zur Auswertung und deren Interpretation einzuweisen.

2. Auf eine CD/DVD oder einen USB-Stick alle Daten zu exportieren, die das beklagte Finanzamt im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung eingelesen und erzeugt habe, und sie ihr zur Verfügung zu stellen. Dazu seien die Regeln, die der Verarbeitung der Daten zu Grunde gelegen hätten, offenzulegen. Hierzu gehörten sämtliche beim beklagten Finanzamt erstellten Kalkulationen sowie die Metadaten nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DSGVO), sofern eine automatisierte Entscheidungsfindung zum Einsatz gekommen sei. Weiter seien die Methoden und Kriterien sowie die Tragweite und Auswirkungen der Datenverarbeitung darzustellen.

3. Ihr sämtliche Dateien in einem lesbaren und von ihren Bevollmächtigten veränderbaren Tabellenformat (z.B. einer Excel Datei) zur Verfügung zu stellen. Die dabei vorzulegende Verfahrensdokumentation müsse insbesondere

- eine Beschreibung der sachlogischen Lösung,

- die Beschreibung der programmtechnischen Lösung,

- eine Beschreibung, wie die Programm-Identität gewahrt werde,

- eine Beschreibung, wie die Integrität von Daten gewahrt werde und

- die Arbeitsanweisungen für den Anwender enthalten.

Hierbei gehe es darum, welche Programmlogik hinter den einzelnen Tools stecke, wie ihre Plausibilität begründet werde und wie diese Tools konkret rechneten. Da sich in der Praxis einige Tools in der Anwendung als fehlerhaft erwiesen hätten, werde auch um Auskunft gebeten, wie die Steuerverwaltung organisiert sei, solche Fehler zentral zu erfassen und ihre Behebung zu gewährleisten. Auch werde Wert auf die Arbeitsanweisungen für den Anwender (Prüfer) gelegt.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2020 lehnte das beklagte Finanzamt den Antrag ab, soweit über die bisher mitgeteilten Prüfungsfeststellungen hinaus Auskunft erteilt werden solle. Einer weitergehenden Auskunft stehe das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 32c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO und § 32a Abs. 2 AO entgegen. Eine Herausgabe aller verarbeiteten Daten, insbesondere von der Datenübernahme über die Bearbeitung bis hin zu den Auswertungen und deren Interpretationen, der Re-Export aller von der Klägerin überlassenen Daten zu Prüfungszwecken, die Zurverfügungstellung aller Daten im Excel-Format sowie eine Verfahrensdokumentation über die vorgenommenen Verarbeitungsregeln würden die Klägerin in die Lage versetzen, die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich zu erschweren. Sie würde insbesondere in die Lage versetzt, steuerlich bedeutsame Sachverhalte zu verschleiern, steuerlich bedeutsame Spuren zu verwischen und/oder Art und Umfang der Erfüllung steuerlicher Mitwirkungspflichten auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden einzustellen. Ein Anspruch auf die Herausgabe von In...

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