Leitsatz
Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand über und scheidet einer der bisherigen Miteigentümer aus der Gesamthand aus mit der Folge, dass die Übertragung seines Miteigentumsanteils auf die Gesamthand nicht nach § 5 Abs. 1 GrEStG von der GrESt befreit ist, ist die Festsetzung von GrESt für diesen Erwerbsvorgang nicht in entsprechender Anwendung des § 16 GrEStG aufzuheben, wenn später die Rückgängigmachung dieses Ausscheidens vereinbart wird.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1, § 16 GrEStG
Sachverhalt
A, B und C waren zu je einem Drittel Gesellschafter der Klägerin, einer GbR, sowie Miteigentümer eines Grundstücks. Im März 2003 brachten sie ihre Miteigentumsanteile in die Klägerin ein und bewilligten und beantragten eine Grundbuchberichtigung, da C seine Beteiligung an der Klägerin auf A und B übertragen habe.
Das FA gewährte daher die Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 GrEStG nur zu 2/3 und setzte wegen des restlichen Drittels die Steuer fest.
Im Juni 2003 hoben A, B und C die Vereinbarungen über das Ausscheiden des C auf und kamen überein, dass C "in der Gesellschaft" verbleibe. Sodann beantragte die Klägerin, den Steuerbescheid gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Das FA lehnte dies ab; das FG hielt dieses Begehren für berechtigt.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt. Er verneinte eine Regelungslücke und führte aus, § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG lasse nach seinem klaren Wortlaut und unter Berücksichtigung seines systematischen Zusammenhangs mit den Rechtsvorgängen des § 1 GrEStG eine Erstreckung auf das "Rückgängigmachen" eines Befreiungstatbestands nicht zu.
Hinweis
Die verschiedenen Tatbestände des § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG befassen sich mit dem Rückgängigmachen von Erwerbsvorgängen, dem Rückerwerb von Grundstücken oder der Nichtigkeit eines dem Erwerbsvorgang zugrunde liegenden – besser: ihn konstituierenden – Rechtsgeschäfts. Sie verweisen damit alle auf die Erwerbsvorgänge nach § 1 GrEStG.
Soweit bei einem Grundstückserwerb durch eine Gesamthand eine der Steuerbefreiungen der §§ 5 und 6 GrEStG deshalb nicht gewährt werden kann, weil einer der Gesamthänder im Zug des Grundstücksübergangs aus der Gesamthand ausscheidet, betrifft dies lediglich die Höhe der festzusetzenden Steuer und nicht die Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Erwerbsvorgangs; diese sind und bleiben erfüllt. Andernfalls würde sich die Frage einer Steuerbefreiung gar nicht stellen. Wie das Ausscheiden hat auch dessen "Rückgängigmachen" keinen Einfluss auf die Tatbestandsmäßigkeit des Erwerbsvorgangs.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.9.2005, II R 36/04