Ein zentrales Anliegen der Logistik ist es, sicherzustellen, dass die Prozesse und Aktivitäten in der spezifischen Wertschöpfungskette von der Lieferung über die Leistungserstellung bis zum Verkauf und ggf. der Produktrücknahme eines Unternehmens so ablaufen, wie es sein soll. Waren oder Materialien müssen zu dem Zeitpunkt in der benötigten Qualität verfügbar sein, zu dem die Produktion sie benötigt. Auch der Versand oder die Rücknahme von Waren bei Reklamationen muss problemlos abgewickelt werden können. Insofern ist die ausschließliche oder überwiegende Betrachtung der Logistik unter Kostengesichtspunkten heute nicht mehr zeitgemäß. Denn was nützt es, zu sehr niedrigen Kosten zu arbeiten, wenn man dafür z. B. häufig Terminschwierigkeiten bekommt? Die Folgeprobleme, etwa Produktionsunterbrechungen oder Verzug der Auslieferung von Waren an Kunden, übertreffen niedrige Kosten dann bei weitem.
Daher sollte man zur Beurteilung der Gesamtgüte der Logistik neben den Kosten immer auch weitere Aspekte einbeziehen, etwa
- Anteil der pünktlich und am richtigen Ort zugestellten Waren (Einkaufs- und Verkaufsgüter);
- Anteil der mängelfrei gelieferten Waren;
- Anzahl der Unterbrechungen in Produktion, Verkauf oder Service, die durch Lieferprobleme verursacht wurden;
- Anteil Lieferanten, mit denen die Zusammenarbeit reibungslos klappt.
Zu jedem dieser und ggf. weiterer Punkte sollte ein Zielwert formuliert werden, der mindestens erreicht bzw. erfüllt werden muss. Liegen die Istwerte unterhalb der Zielwerte, muss geprüft werden, ob und welche Maßnahmen erforderlich sind. Das kann vom Austausch einzelner Lieferanten über den Wechsel von Beschaffungsgütern bis hin zu internen Optimierungen wie Prozessverbesserungen oder einer schnelleren Digitalisierung mit Anpassungen in der eigenen IT gehen.
Eine einfache Bewertung der Logistik mit einem Punktwertverfahren kann z. B. wie folgt aussehen:
Bewertungsfaktoren |
Gewicht in % |
Planwerte |
Istwerte |
Bewertung Ausprägung z. B. 1–10 |
Gesamtwert |
Kosten |
30 |
250.000 EUR |
260.000 EUR |
9 |
2,7 |
Lieferqualität |
20 |
>95 % |
91,5 % |
8 |
1,6 |
Lieferterminzuverlässigkeit |
20 |
>97 % |
93,8 % |
7 |
1,4 |
Anzahl von durch Logistik verursachte Probleme |
20 |
<10 |
9,5 |
10 |
2,0 |
Anteil Lieferanten ohne Probleme |
10 |
>98 % |
96,9 % |
9 |
0,9 |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
Gesamtwerte |
100 |
|
|
|
8,6 |
Zunächst müssen die für die Bewertung relevanten Faktoren benannt werden und es muss festgelegt werden, mit welchem Gewicht sie in die Bewertung einfließen. Im Beispiel haben z. B. die Kosten einen Anteil von 30 % und die Lieferqualität einen Anteil von 20 %. Dann werden die Ziel- oder Planwerte eingegeben und den Istwerten gegenübergestellt. Die Bewertung kann dann z. B. so erfolgen, dass man Werte von 10 (Planwerte werden vollständig erreicht) bis 1 (Planwerte werden überhaupt nicht erreicht) vergibt. Wichtig ist, die Skalierung je Bewertungsfaktor festzulegen, damit nachvollziehbar ist, wie eine Bewertung zustande kommt.
Beispiel Kosten: Entspricht der Ist- dem Planwert, werden 10 Punkte vergeben. Liegen die Kosten bis 5 % über dem Planwert, werden 9 Punkte vergeben, liegen die Kosten bis 10 % über dem Planwert, gibt es 8 Punkte usw. Für jeden Faktor muss ein solches Schema erstellt werden. Durch Multiplikation der erreichten Ausprägungen mit dem Gewicht eines Faktors ergibt sich der Gesamtwert je Faktor. Die Gesamtwerte werden addiert und am Ende lässt sich sehen, wie man im Unternehmen in Sachen Logistik positioniert ist. Maximal sind 10 Punkte möglich. Im Beispiel beträgt der Gesamtwert 8,6. Das bedeutet, dass die Logistik insgesamt einen Zielerfüllungsgrad von 86 % hat. Damit gibt es insgesamt eine Abweichung zwischen Plan- und Zielwerten von deutlich mehr als 10 % und es ist erforderlich, Verbesserungen umzusetzen. Dazu kann man z. B. in der Tabelle prüfen, wo es die größten Abweichungen gibt – im Beispiel ist das die Lieferterminzuverlässigkeit – und hier zunächst Maßnahmen umsetzen
MIt einer solchen oder ähnlichen Bewertung ist es möglich, die Logistik und ihre Leistungsfähigkeit für ein Unternehmen insgesamt zu beurteilen, und die Kosten zwar einzubeziehen, aber eben nur als einen von mehreren Faktoren.