Neues BMF-Schreiben zum betrieblichen Schuldzinsenabzug
Das Bundesfinanzministerium hat ein neues Schreiben zum betrieblichen Schuldzinsenabzug und insbesondere zu dessen Begrenzung nach § 4 Abs. 4a EStG veröffentlicht (BMF-Schreiben v. 2.11.2018, IV C 6 - S 2144/07/10001 :007) Dieses ersetzt verschiedene ältere Schreiben zu diesem Thema und berücksichtigt vor allem die neuere Rechtsprechung des BFH.
Praxis-Hinweis: Neues BMF-Schreiben grundsätzlich sofort anwendbar
Das neue BMF-Schreiben gilt grundsätzlich für alle offenen Fälle. Insofern ist zu prüfen, ob die Aussagen in dem neuen BMF-Schreiben für Steuerpflichtige positiver sind als die bisherigen. Dieses gilt insbesondere für die Anerkennung des BFH-Urteils vom 14.3.2018 (X R 17/16), der die zentrale Bedeutung in dem BMF-Schreiben zukommt. Nach dieser Entscheidung umfasst der Begriff des Gewinns auch Verluste, sodass diese für sich allein nicht zu Überentnahmen führen. Das BMF hatte bis zu diesem Urteil die Auffassung vertreten, dass auch Verluste bei der Berechnung der Überentnahmen zu berücksichtigen sind (so BMF-Schreiben v. 17.11.2005, Tz. 11). Nunmehr stellt auch das BMF allein auf den Entnahmeüberschuss ab, um die nicht abziehbaren Schuldzinsen zu berechnen. Diese Art der Berechnung dürfte im Regelfall für Steuerpflichtige positiver sein, muss aber nicht. Das neue BMF-Schreiben eröffnet in dieser Hinsicht ein Wahlrecht für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2018 begonnen haben.
Zu beachten ist eine weitere Übergangsregelung in Rz. 46 des neuen BMF-Schreibens. Der Verweis auf die Übergangsregelung in den Rz. 30 bis 32d des Schreibens vom 17.11.2005 dürfte allerdings aufgrund des Anwendungszeitpunkts für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.5.2008 begonnen haben, kaum noch Bedeutung haben. Insgesamt stellt das neue BMF-Schreiben eine für Steuerpflichtige recht gute Arbeitshilfe dar, wenn man sich mit der komplexen Thematik der Berechnung von nicht abziehbaren betrieblichen Schuldzinsen auseinander zu setzen hat. Dass die gesetzliche Regelung ein Ärgernis bleibt, steht auf einem anderen Blatt.
Rechtlicher Rahmen des Schuldzinsenabzugs
Es versteht sich aufgrund allgemeiner Grundsätze, dass Schuldzinsen als Betriebsausgabe abzugsfähig sind, da sie der Sicherung von Einnahmen dienen. Deshalb ist zunächst zu prüfen, ob von einer solchen betrieblichen Veranlassung ausgegangen werden kann. Um allerdings den Abzug in solchen Fällen zu beschränken, in denen es zu einem Schuldzinsenabzug aufgrund eines letztlich als privat angesehenen Sachverhalts kommt, hat der Gesetzgeber eine Beschränkung für den Abzug durch die Schaffung des § 4 Abs. 4a EStG eingeführt. Dies betrifft vor allem die Fälle von sog. Überentnahmen.
Eine Überentnahme ist hierbei der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden hierbei typisiert mit 6% der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt. Sodann sind 2.050 Euro abzuziehen. Der restliche Betrag ist dem Gewinn hinzuzurechnen.
Als Besonderheit ist zu beachten, dass der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens stets zulässig ist. Es ist insgesamt ersichtlich, dass die genaue Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen somit einige Berechnungen erfordert und der Gesetzestext viele Fragen offenlässt. Das BMF hat denn auch bereits in der Vergangenheit verschiedene BMF-Schreiben zu § 4 Abs. 4a EStG erlassen. Diese sind jedoch auch durch die Rechtsprechung des BFH teilweise überholt gewesen, sodass ein neues BMF-Schreiben angezeigt war.
Wesentlicher Inhalt des neuen BMF-Schreibens
Der wesentliche Inhalt des BMF-Schreibens lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Einleitend stellt das Schreiben klar, dass es nur für betrieblich veranlasste Schuldzinsen gilt. Dies setzt voraus, dass eine betriebliche Veranlassung gegeben ist und keine Beschränkung des Abzugs aufgrund von Überentnahmen erfolgt (Rz. 1).
- Der erste lange Abschnitt des Schreibens (Rz. 2 bis 7) betrifft die Frage, wann Schuldzinsen betrieblich veranlasst sind. Hierzu wird auf verschiedene Urteile des BFH, die aber alle bereits älter sind, verwiesen. Maßgeblich ist der Verwendungszweck der Darlehensmittel. Es liegt auf der Hand, dass Darlehen zur Finanzierung außerbetrieblicher Zwecke nicht betrieblich veranlasst sind. Besondere Fragen können sich ergeben, wenn betrieblicher und privater Zahlungsverkehr über ein Konto abgewickelt werden. Zur Abgrenzung verweist das BMF-Schreiben auf ein anderes BMF-Schreiben vom 10.11.1993. Anschließend wird klargesellt, dass es Steuerpflichtigen freisteht, aus einem Betrieb Barmittel zu entnehmen und im Anschluss betriebliche Aufwendungen durch Darlehen zu finanzieren. Dies wird als Zwei-Konten-Modell bezeichnet. Drei Beispiele verdeutlichen die Anwendung und Schuldzinsenberechnung in diesen Fällen.
- Ist die betriebliche Veranlassung festgestellt, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob im Einzelfall die vorstehend dargestellte Begrenzung des Schuldzinsenabzugs zur Anwendung kommt. Hierzu trifft der II. Abschnitt des BMF-Schreibens genauere Ausführungen (Rz. 8 bis 15). Definiert werden zunächst die Begriffe Gewinn, Entnahme und Einlage. Unter Anwendung der Rechtsprechung des BFH v. 14.3.2018 stellt das BMF klar, dass der Begriff des Gewinns auch einen Verlust umfasst und stellt weitere Einzelheiten dar. Diese betreffen vor allem die Übertragung von Wirtschaftsgütern oder Mitunternehmeranteilen. Zwei weitere Beispiele verdeutlichen dies.
- Abschnitt III. stellt die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages nach § 4 Abs. 4a Satz 3 und 4 EStG dar (Rz. 16 bis 22). Auch an diesem Punkt schlägt sich das BFH-Urteil vom 14.3.2018 nieder.
- Wie oben skizziert gelten Besonderheiten bei Investitionsdarlehen nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG. Auch in dem hierzu einschlägigen Abschnitt IV. sind neuere Urteile des BFH eingefügt worden (Rz. 23 bis 26).
- Abschnitt V. betrifft den Schuldzinsenabzug bei Mitunternehmerschaften (Rz. 27 bis 39). Hierbei gibt es einige Besonderheiten zu beachten, die sich vor allem daraus ergeben, dass die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG eine betriebsbezogene Gewinnhinzurechnung ist, der Begriff der Überentnahme jedoch gesellschafterbezogen ist. Ein Berechnungsbeispiel stellt die Anwendung bei Mitunternehmerschaften dar.
- Abschließende Abschnitte stellen klar, dass § 4 Abs. 4a EStG bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anwendung findet (Abschnitt VI.), nicht aber bei einer Gewinnermittlung nach § 13a EStG (Durchschnittssätze in der Landwirtschaft) oder § 5a EStG (sog. Tonnagesteuer) und betreffen Anwendungsregelungen (Abschnitt VII.).
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