Vorsteuerabzug aus Anzahlungen
Praxis-Hinweis: Es ist ratsam, sich vor der Anzahlung von der Seriosität des Lieferanten zu überzeugen
Diese Entscheidung des BFH (BFH Urteil vom 17.07.2019 - V R 9/19), die im Interesse der Steuerpflichtigen nur begrüßt werden kann, war nach der Vorabentscheidung des EuGH in der Rechtssache Kollroß und Wirtl so auch zu erwarten.
Zentral ist dabei zunächst die Aussage,
- dass das Recht auf Vorsteuerabzug für eine geleistete Anzahlung nicht allein deshalb versagt werden darf,
- weil die Lieferung tatsächlich nie erfolgt ist und
- auch – aus Sicht des Lieferanten – stets fest stand,
- dass es niemals zu einer Lieferung kommen würde.
Allerdings ist weiterhin erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Anzahlung alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung bekannt sind und die Lieferung aus der Sicht des Erwerbers sicher erschien. Deshalb scheidet der Vorsteuerabzug dann aus, wenn der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass die Lieferung unsicher ist. Wann dies aber der Fall ist, darüber lässt sich trefflich streiten, so dass sich Steuerpflichtige nicht darauf verlassen sollten, dass das Finanzamt in entsprechenden Fällen den Vorsteuerabzug einfach gewährt. Besser ist es, sich vor der Zahlung einer Anzahlung davon zu vergewissern, dass man es mit einem seriösen Lieferanten zu tun hat.
Vorsteuerabzug aus Vorausrechnung mit Steuerausweis, jedoch ohne Lieferung
Der Kläger bestellte im Jahr 2010 ein Blockheizkraftwerk bei einer GmbH. Diese stellte eine Vorausrechnung über den Liefergegenstand mit einem gesonderten Steuerausweis aus. Die Lieferung unterblieb jedoch. Die GmbH fiel in die Insolvenz, die Verantwortlichen wurden wegen Betrugs verurteilt. Der Kläger machte den Vorsteuerabzug aus seiner Anzahlung geltend. Diesen verweigerte das Finanzamt jedoch. Demgegenüber gab das Finanzgericht der Klage statt. Auf die Revision hatte nunmehr der BFH abschließend über die Sache zu befinden.
BFH folgte EuGH und ließ Vorsteuerabzug aus Anzahlungen zu
Der BFH wies die Revision des Finanzamts ab, nachdem er zuvor dem EuGH einige der hier maßgeblichen Rechtsfragen zur Beantwortung vorgelegt hatte. Dieser entschied durch Urteile vom 31.5.2018 (EuGH Urteil vom 31.05.2018 - C-660/16 und C-661/16). Nach diesen Entscheidungen des EuGH sah der BFH eine Berechtigung des Klägers zum Vorsteuerabzug aus den Anzahlungen. Die gesetzlichen Anforderungen an den Vorsteuerabzug sah er als erfüllt an. Auch war davon auszugehen, dass der Eintritt des Steuertatbestandes zum Zeitpunkt der Anzahlung als sicher anzusehen war, wie dies der EuGH fordert. Maßgeblich ist hierbei, dass zum Zeitpunkt der Anzahlung alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestandes bereits bekannt sind, so dass der Gegenstand der Lieferung genau bestimmt ist. Dies war hier der Fall.
Nicht maßgeblich ist hingegen, dass von Anfang an feststand, dass es zu der Lieferung des Blockheizkraftwerks niemals kommen sollte. Dies hindert einen Vorsteuerabzug nur dann, wenn der Anzahlende dies wusste oder hätte wissen müssen. Beides war hier nicht der Fall. Auch ist der Kläger hier nicht verpflichtet gewesen, den Vorsteuerabzug nach § 17 UStG zu berichtigen.
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