Die Auswirkungen der Inflation auf das Sparverhalten
Der Begriff Inflation klingt relativ abstrakt, tangiert jedoch jede Privatperson, den Staat und sämtliche Unternehmen anhand ihres Ausgabe- oder Sparverhaltens, denn sie bewirkt einen Kaufkraftverlust bzw. beschreibt die Teuerungsrate von Gütern, Dienstleistungen etc. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als Ziel der Preisniveaustabilität eine jährliche Inflationsrate von 2 % festgelegt, welche sie versucht durch ihre geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen zu erreichen.
In Deutschland sank die Teuerungsrate 2018 auf 1,8 % – in der EU auf 1,6 %
Nachdem die Teuerungsrate – bemessen anhand des harmonisierten Verbraucherpreisindexes (HVPI) – in der Bundesrepublik Deutschland laut online Statistik-Portal statista im Oktober 2018 ihr zwischenzeitliches Hoch der letzten Jahre bei 2,3 % p.a. erreichte, verringerte sich diese binnen der letzten Monate auf eine Jahresrate von 1,6 % laut Veröffentlichung für Dezember 2018. In der Eurozone war eine ähnliche, jedoch weniger ausgeprägte Tendenz ersichtlich. Im Oktober lag die Rate bei 2,2 % und sank bis Dezember 2018 ebenfalls auf 1,6 % jährlich.
Energiepreisindikator drosselte Preissteigerung
Das Ziel der Preisniveaustabilität der EZB wird derzeit sowohl in Deutschland als auch innerhalb der Eurozone gem. vorgenannter Veröffentlichungen erreicht. Die EZB bemisst ihr Inflationsziel jedoch an der Preissteigerung exklusive Energie- und Lebensmittelpreisen, da diese als sehr zyklisch und schwankungsanfällig erachtet werden. Um die Vergleichbarkeit der aufgeführten Inflationsraten mit der Kernrate zu ermöglichen, müssten beispielsweise Preisveränderungen von Rohstoffen bereinigt werden. Die derzeitige Auswirkung ist jedoch vergleichsweise gering: Da der Preis eines Barrel Rohöl der Sorte Brent im Verlauf des Jahres 2018 zwar sehr volatil war, per Saldo jedoch nur eine geringfügige und zudem negative Veränderung aufwies, drosselte dieser bedeutende Energiepreisindikator die Preissteigerung sogar.
Änderung in der Notenbankpolitik der EZB
Per Jahresende 2018 beendete die EZB ihr bis dato 2,6 Bio. EUR umfassendes Anleihekaufprogramm und nahm somit einen ersten, jedoch bedeutenden Schritt in ihrer Notenbankpolitik der letzten Jahre vor. Fortan werden ausschließlich Fälligkeiten und Zinserträge neu investiert. Der Notenbankzins der Eurozone wurde jedoch nicht angehoben, sondern verharrt demnach weiterhin auf dem Rekordtief von null Prozent, um die Kreditvergabe des Bankensektors und die Konjunktur nicht zu belasten. Erste Schritte der Leitzinserhöhung wurden zudem bis heute nicht in Aussicht gestellt.
USA: Es wird erwartet, dass die Fed ihre Zinssteigerungen unterbricht
Das US-Pendant zur EZB, die Fed (Federal Reserve System), steigerte ihren Leitzins binnen der letzten zwei Jahre bereits in neun Schritten à 0,25-%-Punkten von 0,00 bis 0,25 % auf mittlerweile 2,25 bis 2,5 % und die Wirtschaft in den USA hat ihr Wachstum zwar verlangsamt, jedoch nicht unterbrochen. Wann und in welchem Ausmaß die EZB der Fed folgen mag, wird derzeit mit Spannung erwartet. Eine Antwort wird jedoch noch einige Monate, wenn nicht sogar das ein oder andere Jahr auf sich warten lassen.
Wie beeinflusst die Preissteigerung das Sparverhalten?
Da Zinsen als Preis des Geldes einen nennenswerten Einfluss auf Inflationsraten haben, stellt sich die Frage, wie eine Preissteigerung im Gegenzug Einfluss auf das Sparverhalten bzw. die reale Wertentwicklung investierter Gelder nimmt.
Angenommen ein Betrag von 500.000 EUR soll vermeintlich risikolos angelegt werden, kann ein Investor derzeit lediglich einen Zinsertrag von maximal null Prozent erwarten. Die Einschränkung auf den vorgenannten Maximalertrag muss angebracht werden, da die Einlagenfazilität, zu der Banken Gelder bei der EZB anlegen, derzeit mit -0,4 % p.a. negativ rentiert. Hinterlegt eine Bank einen entsprechenden Betrag bei der Zentralbank der Eurozone, muss sie zeitgleich einen weiteren Zinsverlust akzeptieren. Diese Zinsverluste werden von einigen Banken an Sparer weitergegeben, weshalb selbst eine Nullverzinsung derzeit nicht selbstverständlich ist.
Zurück zum Beispiel der Geldanlage von 500.000 EUR ohne Rendite, welche jedoch dem Kaufkraftverlust der aktuellen, 1,6-prozentigen, jährlichen Inflationsrate unterliegt. Angenommen, der Zins bleibt die nächsten 3 Jahre auf dem derzeitigen Niveau, kann der Anleger nach diesem Zeitraum nur noch über einen inflationsbereinigten, realen Wert in Höhe von 476.748 EUR verfügen und muss einen rechnerischen Verlust von 23.252 EUR akzeptieren. Wird dieses Beispiel über einen längeren Anlagezeitraum fortgeführt, weitet sich die kalkulatorische Wertverringerung nach 10 Jahren auf 73.388 EUR aus.
Kaufkrafterhalt nur durch Rendite von 2,31 % möglich
Um die derzeitige Kaufkraft des angelegten Betrags zu erhalten, ist demnach mindestens eine Nachsteuerrendite in Höhe der Inflationsrate nötig. Unter Berücksichtigung von 25 % Abgeltungssteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 %, ist eine Vorsteuerrendite in Höhe von etwa 2,31 % nötig, ohne einen realen Mehrwert zu generieren. Unterliegt der Anleger zudem der Kirchensteuer, steigt die Anforderung an die Höhe der Vorsteuerrendite weiter. Unter Ausschluss der Berücksichtigung einer Konfessionszugehörigkeit und unter Annahme der thematisierten Steuerbelastung ist die Realisierung einer Anlagerendite von 2,31 % jährlich ausschließlich unter Inkaufnahme entsprechender Investitionsrisiken möglich. Verdeutlicht wird dies beispielsweise durch die Rendite einer 30-jährigen deutschen Staatsanleihe, welche derzeit eine Rendite von ca. 0,72 % p.a. aufweist. Auch unter der Annahme, dass das Bonitätsrisiko der Bundesrepublik Deutschland vermeintlich gering ist und unterstellt wird, dass die Deutsche Finanzagentur auch in 30 Jahren in der Lage ist, ihre Schulden zu tilgen, muss der Anleger ein überproportionales Zinsänderungs- bzw. Durationsrisiko über eben 30 Jahre tragen, welches zumindest zwischenzeitlich mit großer Wahrscheinlichkeit zu hohen Verlusten führen kann, da mittel- bis langfristig von Steigerungen des Marktzinses auszugehen ist. Sollte der Anleger sein Geld nicht über 30 Jahre investieren wollen, ist es unumgänglich, ein Bonitätsrisiko einzugehen, um die aktuelle Kaufkraft real zu erhalten.
Duration – die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer: so wird das Durationsrisiko berechnet
Veranschaulichen lässt sich das Durationsrisiko anhand eines weiteren, sehr stark vereinfachten Beispiels, einer zehnjährigen AAA-gerateten Anleihe, welche beispielsweise von der Bundesrepublik Deutschland emittiert wurde. Diese weist derzeit eine Rendite von ca. 0,1 % p.a. auf. Die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer bzw. Duration dieser Anleihe beträgt demnach 9,95 Jahre und entspricht somit nahezu der Anleihelaufzeit. Beide gleichen sich, da der Investor während der Laufzeit keine nennenswerten Rückflüsse durch Zinszahlungen erhält, welche die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer rechnerisch verkürzen würden. Steigt in diesem Fall beispielsweise der risikoadäquate Marktzins nur moderat von nahe null um einen Prozentpunkt, so fällt der Anleihekurs um 9,95 %. Der Kursverlust entspricht somit der Veränderung des Zinsniveaus, multipliziert mit der Duration der Anleihe. Der Kurs notiert daher etwa 10 % unter dem Ursprungsniveau und dies, obwohl mit der ursprünglichen Investitionsrendite nicht mal ein Realwerterhalt möglich war. Die Inflation und das Zinsniveau sind somit sehr eng miteinander verbunden.
Was empfehlenswert ist: Geldanlage in Floating Rate Notes
Für einen Geldanleger, welcher von Inflation und steigendem Marktzinsniveau ausgeht, ist die Geldanlage in Floating Rate Notes – sogenannten Floatern, also variabel verzinslichen Anleihen – ratsam. Diese richten ihre Verzinsung bzw. Rendite am vorherrschenden Zinsniveau aus und passen sie quartalsweise oder halbjährlich an. Ihre Kapitalbindungsdauer bzw. Duration ist daher vergleichsweise kurz und die Börsenkurse reagieren entsprechend deutlich geringer auf Zinsniveauveränderungen als Anleihen mit langen Laufzeiten und fixen Zinskupons.
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