Der digitale Euro als nächste Entwicklungsstufe des Europäischen Währungssystems
Corona beschleunigt den Trend zur Digitalisierung – auch von bargeldloser Zahlung
Wenn der Corona-Pandemie etwas Positives abgewonnen werden darf, dann lediglich die Beschleunigung des Trends zur Digitalisierung zahlreicher Geschäftsvorfälle. Hierunter fallen auch gewisse Zahlungsmöglichkeiten, denn vielerorts werden Verbraucher seit Monaten bereits aufgefordert, möglichst bargeldlos zu zahlen. Ob dabei Kreditkarten, online Zahlungsabwickler oder Mobilfunkgeräte genutzt werden, bleibt bisher festzustellen, dass das bestehende Währungssystem bei weitem noch nicht als digitalisiert erachtet werden kann. Die Anforderungen an eine vollständig digitale Währung und deren Vorteile für Verbraucher gehen weit über die kontaktlose Zahlung im Supermarkt oder im Internet hinaus.
Digitalisierung des bestehenden Geldsystems
Überweisungen in andere Länder oder Währungsregionen bedürfen heutzutage noch einer gewissen Dauer. Durch derartige Verzögerungen werden auch internationale Geschäftsprozesse aufgehalten bzw. verlängert. Digitale Zahlungsmittel haben hingegen den Vorzug, schnellstmöglicher Übertragbarkeit. In einer optimalen Welt digitalisierter Zahlungsabwicklungen ist ein Geldtransfer somit innerhalb von Sekunden und unter minimalen Transaktionskosten möglich. Ein weiterer Vorteil ist die Integration sogenannter Smart Contracts, welche über die Blockchain, auf der die digitale Währung beruht, vollautomatisiert und ohne menschliches Eigreifen abgewickelt werden können.
Umfangreicher Anpassungsbedarf des traditionellen Zentralbanksystems
Das Ziel der Einführung digitaler Zahlungsmöglichkeiten sämtlicher Zentralbanken und somit auch der EZB ist es,
- die Vorteile traditioneller Währungen bzw. Währungssysteme in Form von Buch- und Bargeld in die digitale Welt zu übertragen und
- mit deren Vorzügen zu kombinieren.
Die EZB würde somit weiterhin als Oberaufseherin und Hüterin des Geldes in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion fungieren, ihre aktuelle Tätigkeit jedoch in die digitale Welt der Finanz- und Geschäftstransaktionen übertragen.
Zeitlich ist beabsichtigt das weitere Vorgehen im aktuellen Jahr zu konkretisieren. Zuvor laufen bereits erste Pilotprojekte in Zusammenarbeit mit Interessengruppen und internationalen Partnern hinsichtlich der Ausgestaltung der neuen Digitalwährung. Mit einer konkreten Umsetzung und Nutzbarkeit des digitalen programmierbaren Euros ist wahrscheinlich nicht vor dem Jahr 2024 zu rechnen. Derartige zeitliche Prognosen waren den Pressenkonferenzen der Zentralbanker bereits zu entnehmen. Schließlich sind zahlreiche juristische Rahmenbedingungen anzupassen und auch die EZB selbst muss interne Prozesse an die neuen Anforderungen heranführen, um einem digitalen Euro das gleiche Maß an Vertrauen zu verleihen, welches die traditionelle Währung aufweist. Dies ist auch nötig, damit die Schwankungsintensität bisheriger kryptografischer Währungen vermieden wird. Schließlich ist es nicht das Ziel der Notenbanken einen neuen Bitcoin o.ä. zu schaffen, sondern digitales Zentralbankgeld zu formen.
Forderung einer Roadmap zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Interessengruppen
Der Bundesverband deutscher Banken forderte daher bereits Mitte des Jahres 2020 in einem Positionspapier der Bundesregierung und der Europäischen Kommission die Unterstützung der EZB sowie der Bankenbranche um einen einheitlichen Konsens zwischen allen involvierten Instanzen zu schaffen und ein konkretes Entwicklungsprogramm zu erarbeiten.
In einer Stellungnahme verdeutlichte die EZB, dass die digitale Währung das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen solle ( siehe hier). Diese Aussage ist zum aktuellen Zeitpunkt und für die nähere Zukunft sicher richtig und unausweichlich, um eine Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen und Ängsten vorzubeugen. Langfristig ist jedoch zu erwarten, dass digitale Zahlungsmittel das Bargeld ablösen, sobald sämtliche Geldfunktionen auch in der digitalen Welt sichergestellt sind und Verbraucher sich daran gewöhnt haben.
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