Einspruch: (Zwangs-)Ruhe vor dem Sturm

Der Steuerbescheid fällt nur selten zur Zufriedenheit aus. Viele Steuerpflichtige machen sich daher die anhängigen Verfahren zu Nutze und halten den eigenen Steuerbescheid mithilfe eines Einspruchs offen. Wie Sie in solchen Fällen dafür sorgen können, dass das Verfahren ruht und wie die Abläufe bei einer Zwangsruhe des Einspruchsverfahrens aussehen, hat das Bayerische Landesamt für Steuern in einer aktuellen Verfügung zusammengestellt.

Bei an den Finanzgerichten laufenden, interessanten Verfahren Einspruch einlegen

Vor den deutschen Finanzgerichten laufen viele Verfahren anderer Steuerpflichtiger. Einspruch lohnt es sich dann einzulegen, wenn Sie sich auf solche laufenden Gerichtsverfahren beziehen möchten. Gibt es beispielsweise vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Bundesfinanzhof ein für Sie interessantes Verfahren, sollten Sie in Ihrem Einspruch das „Ruhen des Verfahrens“ beantragen. Dann wird über Ihre Angelegenheit solange nicht entschieden, bis der Prozessausgang klar ist. Eine Übersicht über anhängige Verfahren gibt es zum Beispiel auf der Internetseite des Bundesfinanzhofs. Auch der Bund der Steuerzahler listet auf seiner Homepage die Musterklagen auf, die der Verband führt.

Finanzbehörden können Zwangsruhe für Einspruchsverfahren anordnen

Die obersten Finanzbehörden können durch eine Allgemeinverfügung für gleichgelagerte Fälle außerdem auch anordnen, dass Einspruchsverfahren hier zwangsweise ruhen. Damit hat sich vor kurzem das Bayerische Landesamt für Steuern in einer Verfügung befasst (S 0622.1.1-20/6 St42) und klargestellt, dass eine solche Zwangsruhe nicht bereits dadurch eintritt, dass ein Musterverfahren anhängig ist. Es muss hinzukommen, dass der Steuerpflichtige sich in seinem Einspruch auf das anhängige Verfahren stützt. Der Steuerpflichtige muss im Zweifel nachweisen können, dass das genannte Musterverfahren anhängig ist. Sollte er das nicht tun oder aber das Finanzamt der Meinung sein, dass der Ausgang des Verfahrens nicht relevant ist, muss der Sachbearbeiter den Steuerzahler zur Rücknahme des Einspruchs auffordern.

Zwangsruhe bezieht sich nicht immer auf den gesamten Einspruch

Häufig legen Steuerzahler gegen verschiedene Bestandteile des Steuerbescheids Einspruch ein. Die Zwangsruhe erfasst daher nicht den gesamten Einspruch, sondern lediglich den Bereich, für den die Allgemeinverfügung ergangen ist. Die Finanzämter müssen dann gegebenenfalls die nicht ruhenden Teile des Einspruchs separat behandeln und darüber entscheiden.

Möglicherweise hat sich der Steuerpflichtige auch gar nicht auf das tatsächlich anhängige Musterverfahren berufen, für das eine Zwangsruhe beim Einspruch vorgesehen war. Wenn das Finanzamt aber selbst ein Interesse an der Verfahrensruhe hat, schreibt es den Steuerzahler an und weist ihn auf das Ruhen des Verfahrens hin. Äußern Sie sich in einem solchen Fall nicht, geht das Finanzamt davon aus, dass Sie mit diesem Vorgehen einverstanden sind.

Zwangsruhe kann mit entsprechendem Antrag durch den Steuerpflichtigen beendet werden

Die Zwangsruhe endet automatisch, sobald das betreffende Musterverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Eine mögliche Verfassungsbeschwerde im Anschluss an ein beendetes Revisionsverfahren ändert daran nichts. Aber auch der Steuerpflichtige kann die Verfahrensruhe beenden – indem er einen entsprechenden Antrag stellt. Begründen muss er diesen Antrag nicht.

Praxis-Tipp: Mit dem Einspruch die sogenannte Aussetzung der Vollziehung beantragen

Wenn Sie Einspruch eingelegt haben, bedeutet das noch nicht, dass Sie eine mögliche Steuernachzahlung nicht überweisen müssen. Daher ist es wichtig, dass Sie zusammen mit dem Einspruch die sogenannte Aussetzung der Vollziehung zu beantragen. Das bedeutet, dass der strittige Steuerbetrag so lange nicht bezahlt werden muss, bis die Finanzbehörde über den Einspruch entscheidet.

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