Kriterien zur Bestimmung des Beitrags für Tätigkeiten auf den Klimaschutz
Am 9.12.2021 wurde im Amtsblatt der EU die finale Fassung der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission vom 4.6.2021 veröffentlicht, die zum 1.1.2022 in Kraft tritt. Damit wird Artikel 10 Abs. 3 bzw. Artikel 11 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2020/852 durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien erfüllt, anhand deren bestimmt wird,
- unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet und
- ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet.
Auf insgesamt 349 Seiten wird darin für die einzelnen Branchen (klassifiziert nach der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE) und deren Tätigkeiten in die Kriterien klassifiziert, die im Kontext etwa der Initiative zur nachhaltigen Finanzierung (Sustainable Finance) direkte Wirkungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse (kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen) sowie hohe Relevanz für alle übrigen Unternehmen haben.
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Wie der Tätigkeitsbegriff auszulegen ist
Wie bereits bei der Zahlungsberichterstattung i.S.d. §§ 341s ff. HGB (Vgl. IDW Praxishinweis 1/2017, Tz. 23 und Tz. 31) ist fraglich, wie der Tätigkeitsbegriff auszulegen ist:
- Entweder ist bei der Beurteilung der Industrie- bzw. Wirtschaftszweigzugehörigkeit auf die NACE-Einordnungssystematik (NACE-Code gem. Hauptwirtschaftstätigkeit) abzustellen (Vgl. z.B. Bischoff/Kreipl/Müller, 2016, 288–293)
- oder die Ausübung von Tätigkeiten in einem der Industrie-/Wirtschaftszweige könnte ohne Berücksichtigung des Anteils der Tätigkeiten an der Wertschöpfung (NACE-Kriterium für die Identifikation der Hauptwirtschaftstätigkeit) gemeint sein, d.h. auch dann, wenn es sich lediglich um eine Nebentätigkeit handelt, wird die Pflicht zur Beachtung ausgelöst. (So Bundesamt für Justiz (zitiert nach IDW Praxishinweis 1/2017, Tz. 23).
Rechtssicher kann m.E. die Tätigkeit nur durch Zuordnung zu der NACE-Klasse bestimmt werden, da eine Sanktionierung eine klare Kennung voraussetzt, die nur mit der NACE-Klassifikation extern vorliegt. Daher ist bei der Beurteilung der Industrie- bzw. Wirtschaftszweigzugehörigkeit auf die NACE-Einordnungssystematik respektive den – bei mehreren und integrierten Tätigkeiten – ggf. nach der Top-down-Methode zugeteilten NACE-Code abzustellen.
Nebentätigkeiten in einem der erfassten Industriezweige sind insofern unbeachtlich. Maßgeblich für die Zuordnung eines NACE-Codes zu einer Einheit ist dabei deren Hauptwirtschaftstätigkeit, wobei unter der Haupttätigkeit jene zu verstehen ist, die den größten Beitrag zur Wertschöpfung dieser Einheit leistet (Vgl. dazu und im Folgenden Eurostat (Hrsg.), NACE Revision 2: Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft, S. 27ff.
Sofern Tätigkeiten einer Einheit mehr als einer NACE-Klasse zuzurechnen sind und keine der Tätigkeiten mehr als 50 % der Wertschöpfung ausmacht (in diesen Fällen ist die Hauptwirtschaftstätigkeit eindeutig identifizierbar), ist die Einheit gem. einer Top-down-Methode einzuordnen (Beispiele für die Branchenzuordnung finden sich bei Bischoff/Kreipl/Müller, 2016, 290 und Kreipl, 2016, 300).
In 3 Artikeln werden detaillierte Beschreibungen der Bewertungstechniken gegeben
Inhaltlich besteht die delegierte Verordnung aus drei Artikeln, wobei diese dann durch sehr detaillierte Beschreibungen der jeweiligen Bewertungstechniken der Branchen (Wirtschaftstätigkeiten) ergänzt werden:
Artikel 1: Die technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit wesentlich zum Klimaschutz beiträgt und anhand deren bestimmt wird, dass diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen der übrigen Umweltziele gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2020/852 vermeidet, sind in Anhang I (S. L 442/12-145) enthalten.
Artikel 2: Die technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit wesentlich zur Anpassung an den Klimawandel beiträgt und anhand deren bestimmt wird, dass diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen der übrigen Umweltziele gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2020/852 vermeidet, sind in Anhang II (S. L 442/146-345) enthalten.
Im Artikel 3 wird das Inkrafttreten mit Wirkung zum 1.1.2022 festgelegt.
Zusätzlich sind noch Anlagen
- zur Klassifikation von Klimarisiken,
- Kriterien für die nachhaltige Nutzung und
- den Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
- Kriterien für die Verwendung und das Vorhandensein von Chemikalien sowie
- Kriterien für Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Die Herausforderungen für die Unternehmen mit dieser sehr detaillierten Darstellung wird sogar für die DAX30-Unternehmen deutlich. Das DRSC eine Umfrage zum Stand der Implementierungsaktivitäten in Bezug auf die EU-Taxonomie-Verordnung durchgeführt und die Ergebnisse im April 2021 in einem Kurzbericht veröffentlicht. Die wichtigsten Erkenntnisse sind, dass nahezu sämtliche Unternehmen sich aktuell mit der Umsetzung befassen, allerdings mit unterschiedlichem Fortschrittsgrad. Die Bestimmung taxonomierelevanter und -konformer Wirtschaftsaktivitäten wird derzeit von mehr als 50 % der befragten Unternehmen in Form eines aktiven Projekts verfolgt. Andere Unternehmen befinden sich diesbezüglich noch in der Planungsphase. Ein geringer Teil der Unternehmen gab an, sich noch nicht mit der Umsetzung befasst zu haben. Wenige Unternehmen haben bestimmte Teilaspekte der Implementierung bereits weitgehend abgeschlossen. Nur die Hälfte der Unternehmen geht derzeit fest davon aus, die Berichtspflichten ab dem Jahr 2022 erfüllen zu können. Zu den größten Herausforderungen gehören die Datenverfügbarkeit vor dem Hintergrund der komplexen Vorgaben sowie die Zuordnung der Geschäftstätigkeit innerhalb der NACE.
Hier finden Sie die 9-seitige Studie des DRSC.
Hier finden Sie die delegierte Verordnung.
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