Herausforderungen in der Mittelstandsfinanzierung
Die Politik scheint entschlossen, bewusst die Bedeutung von Banken zugunsten einer forcierten Schaffung der Kapitalmarktunion zurückzudrängen. Dies hat aller Voraussicht nach erhebliche Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), d. h. auf ca. 99 % aller Unternehmen in Deutschland.
Können Banken noch die entsprechenden Leistungen für KMU erbringen?
Um im internationalen Standortwettbewerb bestehen zu können, benötigen diese Unternehmen eine „atmende“ Betriebsmittelfinanzierung und langfristige Kapitalzusagen für die fristenkongruente Re-Finanzierung des Anlagevermögens, für Sicherungsgeschäfte sowie für die Abwicklung von Auslandsgeschäften. Es ist fraglich, ob Banken angesichts der strukturellen Eingriffe dem Mittelstand morgen noch das notwendige Leistungsspektrum heutiger Unternehmensfinanzierung bieten können. Schwer vorstellbar erscheint, dass eine stärker kapitalmarktbasierte Unternehmensfinanzierung diesen flexiblen Bedarf kompensieren kann.
Besonderheiten im Mittelstand bedingen besondere Anforderungen an Banken
Der Mittelstand braucht Banken, weil er strukturell kaum kapitalmarktfähig sein kann. Steuerlich motivierte Organisationsstrukturen mit z. B. Betriebsaufspaltungen von Betriebs- und privaten Vermögensbereichen erschweren diesen Betrieben mangels Vermögensmassen einen Kapitalmarktzugang. Grundsätzlich kann der Kapitalmarkt die vom individuellen Geschäftsmodell abgeleiteten Finanzierungsbedürfnisse mangels Skaleneffekten auch kaum bedienen. Darüber hinaus stellen Markenpflege sowie die kapitalmarkterforderlichen Reporting- und Controlling-Strukturen für KMU unverhältnismäßige Aufwandsposten dar.
Vielfältige Entwicklungen erschweren die Finanzierung im Mittelstand
Aktuell führt die Finanzmarktregulierung bei Banken bereits zu steigenden Kapital- und Liquiditätsanforderungen, auslösend nicht nur Kredit- sondern auch sonstige Angebotsbeschränkungen. Die resultierende Fristen-Inkongruenz von Aktiv- und Passivseite wie auch eine potenziell steigende Volatilität in Risikopositionen wirkt unmittelbar negativ auf das Rating der KMU, was wiederum die Durchschnittsbonität des Forderungsvermögens der Banken verschlechtert. Damit steigen aber exponentiell deren Refinanzierungskosten durch die aufsichtsrechtlich additiv erforderliche Eigenmittelunterlegung. Zudem ist der neue aufsichtliche Kreditrisikostandardansatz weniger risikosensitiv und damit teurer in der Eigenmittelunterlegung. Der gleichzeitige Anstieg der Kapitalanforderungen, die unter Druck stehenden Renditeergebnisse der Banken sowie immer umfangreichere Informations- und Dokumentationspflichten mit der Folge steigender regulatorischer Overheadkosten provozieren damit eine noch rigidere, ressourcenoptimierte Kapitalallokation der Banken. Gepaart mit den neuen ESG-Faktoren (Environmental Social Governance) erfolgen so bereits heute zielgerichtete Aussteuerungen von eher weniger Ertrag bringenden KMU – mit steigender Tendenz.
Unternehmensspezifische Finanzierungslösungen auch weiterhin essenziell
Angesichts der Herausforderungen sollte vordringlichstes Ziel für den Standort Deutschland sein, das gewohnte Leistungsspektrum an unternehmensspezifischen Finanzierungslösungen zu erhalten, um letztlich auch negative Folgen für Beschäftigung, Steueraufkommen und öffentliche Haushalte zu vermeiden.
Hinweis: Die hier geäußerten Ansichten spiegeln die Position der Autoren und nicht notwendigerweise die von BaFin, BDI, DIHK und VDB wider.
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