Jahressteuergesetz 2020 und weitere Änderungen
Das wichtigste Steuergesetz des Jahres war sicherlich das Jahressteuergesetz 2020 v. 21.12.2020 (BGBl. I 2020, S. 3096). Dieses sieht eine Vielzahl von Änderung in nahezu allen Bereichen des Steuerrechts vor. Erhebliche Änderungen hat das UStG erfahren.
Diese lassen sich in zwei Bereiche einteilen, nämlich
- die Regelungen, die auf der Umsetzung einer weiteren EU-Richtlinie in deutsches Recht berufen und
- die übrigen Neuerungen.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen dabei nur helfen, sich einen Überblick über die anstehenden Neuregelungen verschaffen zu können. Sofern ein Steuerpflichtiger oder sein Berater erkennt, dass er von den Gesetzesänderungen betroffen ist, ist eine eingehende Befassung mit den Regelungen unerlässlich.
Umsetzung des EU-Digitalpakets
Zunächst wurde das EU-Digitalpaket zum 1.7.2021 umgesetzt. Dieses sieht wiederum eine Vielzahl von teils recht komplexen Änderungen vor. Erneut stellt sich die Frage, ob eine dermaßen komplexe Regelung erforderlich gewesen ist. Auch wenn anzuerkennen ist, dass das Wirtschaftsleben, gerade bei grenzüberschreitenden Vorgängen, komplex ist, bleibt festzuhalten, dass komplizierte Regelungen nicht gerade zur Akzeptanz beitragen. Im Einzelnen sind als Änderungen zu nennen:
- Nach § 3c UStG ist der Ort der Lieferung beim Fernverkauf normiert. Der Ort der Lieferung ist bei einem innergemeinschaftlichen Fernverkauf grundsätzlich dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (§ 3c Abs. 1 Satz 1 UStG, § 3c Abs. 2 UStG). Wird der Gegenstand von einem Drittland in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt, gilt als Ort der Lieferung der Mitgliedsstaat, wenn die Steuer im besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k erklärt wird (§ 3c Abs. 3 UStG). § 3c Abs. 4 UStG normiert Ausnahmen von dieser Regelung für kleine Unternehmer (§ 3c Abs. 4 UStG) sowie für bestimmte Gegenstände, z.B. neue Fahrzeuge (§ 3c Abs. 5 UStG). Ab 1.4.2021 können sich Unternehmer für das Verfahren registrieren, § 3c UStG tritt allgemein ab 1.7.2021 in Kraft.
- In § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG wird für die Lieferung mittels einer elektronischen Schnittstelle zudem eine Warenlieferungsfiktion ausgesprochen.
- In § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG wird ab 1.7.2021 eine fiktive Reihengeschäftsregelung normiert, wenn die Lieferung der Ware von einem Unternehmer über eine elektronische Schnittstelle unterstützt wird. Ist der liefernde Unternehmer ein Unternehmer aus einem Drittland oder gelangt die Ware aus dem Drittlandsgebiet (bis Warenwert von 150 EUR) in das Gemeinschaftsgebiet, wird der Unternehmer, der die elektronische Schnittstelle unterhält, so behandelt, als wenn er die Ware selbst erhalten und geliefert hätte.
- Die Einfügung des § 18i UStG betrifft ein besonderes Besteuerungsverfahren für von nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmen hinsichtlich sonstiger Leistungen (§ 18i UStG).
- Ein besonderes Besteuerungsverfahren gilt ferner für den innergemeinschaftlichen Fernverkauf, für Lieferungen innerhalb eines Mitgliedsstaates über eine elektronische Schnittstelle und für von im Gemeinschaftsgebiet, nicht aber im Mitgliedsstaat des Verbrauchs ansässige Unternehmen hinsichtlich sonstiger Leistungen (§ 18j UStG).
- Schließich gibt es ein besonderes Besteuerungsverfahren bei Einführung von Gegenständen in Sendungen aus dem Drittland mit einem Sachwert von bis zu 150 EUR (§ 18k UStG).
- Außerdem gibt es eine Vielzahl von detaillierten neuen Bestimmungen hinsichtlich des Verfahren bei den besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18i bis k UStG. Die Änderungen betreffen § 16, § 18, § 18e, § 18h sowie § 21a, § 22, UStG.
- Der Pflichtenkatalog des § 22f UStG für den Betreiber einer elektronischen Schnittstelle sowie die Haftung nach § 25e UStG wurden ausgeweitet. Auch der Katalog der Ordnungswidrigkeiten nach § 26a UStG wurde neu gefasst.
Sonstige wesentliche Änderungen des UStG durch das JStG 2020
Neben den Änderungen aufgrund der Umsetzung des Digitalpakets haben sich weitere Änderungen des UStG ergeben, die eine Vielzahl von Bestimmungen betreffen:
- Erweiterung der Steuerbefreiung von Leistungen, die der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens dienen nach § 4 Nr. 14f UStG, von Pflege- und Betreuungsleistungen nach § 4 Nr. 16 UStG sowie Beherbergungsleistungen für Studierende nach § 4 Nr. 23 UStG. Diese Regelungen gelten ab 1.1.2021.
- Für Telekommunikationsleistungen wird durch § 13b Abs. 2 Nr. 12 UStG eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers geschaffen. Dies gilt ab 1.1.2021 (BMF-Schreiben v. 23.12.2020, III C – 3 – S 7279/19/10006 :002).
- § 14 Abs. 4 Satz 5 UStG wurde neu eingefügt und damit das Gesetz um den Hinweis ergänzt, dass die Berichtigung einer Rechnung kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 AO und § 233a Abs. 2a AO sein soll. Dies gilt ab dem Tag der Gesetzesverkündung.
- § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG ist neu ab dem Tag der Gesetzesverkündung. Bei Preisnachlässen und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Lieferkette, die nicht an den unmittelbaren Abnehmer erfolgen, liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nur vor, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist. Die Finanzverwaltung hat diese Auffassung schon zuvor vertreten.
- Die Durchschnittsbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach § 24 UStG wird für Umsätze nach dem 31.12.2021 neu geregelt. Eine Umsatzgrenze von 600 TEUR wird eingefügt.
- § 27a Abs. 1a UStG stellt jetzt klar, dass eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer keine Wirkung entfaltet, wenn diese zu betrügerischen Zwecken genutzt wird. Dies gilt ab 1.1.2021. Nach § 27a Abs. 2 Satz 3 UStG melden die Landesfinanzbehörden die erforderlichen Daten an das Bundeszentralamt für Steuern.
Sonstige Änderungen des UStG im Jahr 2020
Kurz soll ergänzend auf sonstige wichtige Änderungen des UStG im Jahr 2020 hingewiesen werden:
- Die allgemeine Absenkung der Umsatzsteuersätze für die Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020; dieser Punkt wurde bereits vielfach erörtert und soll hier nicht weiter angesprochen werden. Dies gilt auch für die Absenkung der Umsatzsteuersätze in der Gastronomie (ohne Getränke). Hier finden Sie weiterführende Informationen: Befristete Senkung der Umsatzsteuersätze und Dauerleistungen
- Die zwingende Anwendung des § 2b UStG für juristische Personen muss erst ab 1.1.2023 erfolgen. Die Frist wurde um zwei Jahre verlängert.
- Für die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) wurde der Fälligkeitszeitpunkt verschoben (vgl. hierzu BMF-Schreiben v. 6.10.2020, III B 1 – Z 8201/19/10005: 005, BStBl. I 2020, S. 984)
Fazit
Die Umsatzsteuer war im Jahr 2020 sicherlich wiederum eine der dynamischsten Steuern. Die Vielzahl der Änderungen erfordert eine ständige Prüfung der eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten. Sehr schnell können bei der Umsatzsteuer Fehler dadurch passieren, dass sich die Gesetzeslage oder Verwaltungsauffassung ändert, ohne dass der Steuerpflichtige dies bemerkt. Da es sich bei umsatzsteuerlichen Vorgängen oftmals um immer wiederkehrende Vorgänge handelt, können Fehler oft sehr teuer werden. Insofern ist höchste Achtsamkeit geboten.
Weitergehende Literatur:
Hörster, NWB 2020, S. 2804
Joost/Oldenburg, MwStR 2020, S. 773, S. 822, S. 879
Becker/Michelutti, DStR 2020, S. 1817
Bathe, BC 2020, S. 562
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