Pflege eines Schwerbehinderten – wenn Geschwister Anspruch auf Pflegekindergeld haben
Schwester als gesetzliche Betreuerin des schwerbehinderten Bruders bestellt
„Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen“. Beinahe jeder kennt dieses Sprichwort und tatsächlich werden viele Eltern einen wahren Kern darin entdecken. Dennoch ist es so, dass mit zunehmendem Alter und wachsender Selbstständigkeit des Kindes der Betreuungsbedarf sinkt. Anders ist das, wenn Sohn oder Tochter schwerbehindert sind. In diesem Fall übernehmen Eltern oft lebenslang Betreuungsaufgaben und nach deren Tod sehen sich dann Geschwister in der Verantwortung. So war es auch in einem Fall, in dem das Finanzgericht des Saarlandes aktuell über einen Kindergeldanspruch entschieden hat.
Nach dem Tod der Mutter hatte die Schwester die Betreuung ihres 68-jährigen Bruders übernommen und war auch vom zuständigen Amtsgericht als seine gesetzliche Betreuerin bestellt worden. Dass eine ständige Begleitung notwendig war, war bei dem von Geburt an zu 100 Prozent schwerbehinderten Mann schon früher festgestellt worden. Im Haushalt der Schwester bewohnte er am Wochenende ein eigenes Zimmer. Während der Woche lebte er mit Unterstützung der Lebenshilfe in einer eigenen Wohnung. Als Einkünfte erhielt er Eingliederungshilfe sowie Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Seine Mutter hatte zusätzlich Kindergeld bezogen.
Kriterien für den Kindergeldanspruch
Als neue Betreuerin ihres Bruders beantragte auch die Schwester das Pflegekindergeld. Diesen Antrag lehnte die Familienkasse jedoch ab, da nach ihrer Einschätzung kein Pflegekindschaftsverhältnis bestand. Grund dafür war, dass der Mann unterstützt von der Lebenshilfe eine eigene Wohnung bewohnte. Gegen diese Entscheidung wehrte sich die Schwester vor dem FG des Saarlandes (FG des Saarlandes Urteil vom 13.12.2018 - 2 K 1254/17). Dabei wies sie darauf hin, dass die Wohnsituation bereits zu Lebzeiten der Mutter in gleicher Form bestanden hatte.
Anders als die Familienkasse sah das Gericht die Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld bei der Klägerin als erfüllt an. Seine Entscheidung begründete es damit, dass sie als gerichtlich bestellte Betreuerin für ihren Bruder verantwortlich war und sich auch um sämtliche materiellen Belange gekümmert hatte. Daraus leiteten die Richter ab, dass der Haushalt der Schwester Lebensmittelpunkt ihres Bruders war. Die zusätzliche eigene Wohnung stand dem nach Einschätzung des Gerichts nicht entgegen.
Endgültige Klärung durch den BFH
Rechtskräftig ist die Entscheidung bisher jedoch nicht, da das FG des Saarlandes wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat. Geführt wird sie dort unter dem Aktenzeichen III R 9/19. Wer in einem vergleichbaren Fall einen ablehnenden Bescheid von der Familienkasse erhalten hat, sollte daher Einspruch einlegen und dabei auf das anhängige Verfahren beim BFH verweisen.
Praxis-Tipp: Besonderheiten beim Kindergeld für Kinder mit Behinderung
Grundsätzlich haben alle Eltern bis zum 18. Geburtstag ihres Kindes Anspruch auf Kindergeld. Sind Kinder arbeitslos oder in Ausbildung, verlängert sich der Zahlungszeitraum. Spätestens am 25. Geburtstag endet jedoch der Anspruch auf die staatliche Zahlung. Anders ist dies nur bei behinderten Kindern, die sich auch als Erwachsene nicht selbst finanziell unterhalten können. In diesem Fall zahlt der Staat lebenslang Kindergeld. Voraussetzung dafür ist, dass die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist. Außerdem muss sie die Ursache dafür sein, dass das Kind nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann. Dies wird angenommen, wenn der Grad der Behinderung 50 % oder mehr beträgt. Dies ist beim Antrag auf Kindergeld nachzuweisen. Lebt das Kind in einer betreuten Einrichtung, erhebt oft das zuständige Sozialamt Anspruch auf die Zahlung. Entstehen jedoch auch den Eltern Kosten, steht ihnen auch das Kindergeld zu.
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