Steuerliche Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen beim fiktiven Zugewinnausgleich
Zusätzlich zur Trauer um einen geliebten Menschen kommen auf die Angehörigen zahlreiche Behördengänge und oft auch einige Kosten zu. Außerdem meldet sich das Finanzamt und verlangt Auskunft zum Vermögen, um die Erbschaftssteuer zu berechnen. Dabei geht es bei Ehepaaren darum, die Finanzlage des verstorbenen Partners zu ermitteln.
Vermögen der Ehepartner im Todesfall ermitteln
Haben die Ehepartner nichts anderes in einem Ehevertrag vereinbart, leben sie nach in Deutschland geltendem Recht in einer Zugewinngemeinschaft. Dabei bleiben die Vermögen der Eheleute auch während der Ehe getrennt. Stirbt einer der beiden Partner, wird – genau wie im Fall einer Scheidung – der sog. Zugewinn errechnet. Dies ist der Teil an Vermögen, der während der Ehe dem jeweiligen Ehegatten zugeflossen ist – und der durchaus unterschiedlich hoch sein kann. Dazu zählen Geldvermögen, Aktien, Immobilien, aber auch Gegenstände wie Autos, Möbel oder Bilder.
Wie hoch das Erbe schließlich ausfällt, ergibt sich durch mögliche in einem Testament getroffene Bestimmungen sowie die Zahl und Art der Miterben. Erben Kinder neben dem Ehegatten, steht diesem per Gesetz ein Viertel des Vermögens zu. Bei Verwandten zweiter Ordnung wie zum Beispiel Eltern ist es die Hälfte. Hinzu kommt entweder pauschal ein weiteres Viertel des Vermögens als Zugewinnausgleich oder der Pflichtteil zzgl. des nach den tatsächlichen Vermögensverhältnissen berechneten Zugewinns.
Welche Beträge bei der Erbschaftssteuer berücksichtigt werden
Zur Berechnung der Erbschaftssteuer wird zusätzlich ein fiktiver Zugewinnausgleich ermittelt. Damit soll sichergestellt werden, dass dem Ehepartner unabhängig von der pauschalen Viertel-Regelung und im Rahmen seiner Freibeträge der Betrag steuerfrei gestellt wird, der ihm tatsächlich als Ausgleichszahlung zustünde.
Nicht immer eindeutig ist allerdings, welche Werte in den fiktiven Zugewinnausgleich hineingerechnet werden müssen. So hatte das Finanzamt München (FG München Urteil vom 17.10.2018 - 4 K 1948/17) nun in einem Fall zu entscheiden, bei dem ein Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht worden war. In der Vergangenheit hatte die Verstorbene bei 2 Erbfällen einen Pflichtteilsanspruch gehabt. Obwohl keiner der beiden erfüllt wurde, berücksichtigte sie das Finanzamt bei der Ermittlung des Anfangsvermögens der Ehefrau. Der fiktive Zugewinnausgleich für die Erbschaftssteuer wurde dadurch zu niedrig angesetzt, was zu einer höheren Belastung für den Ehegatten führte.
Der Ehemann klagte daraufhin gegen die Finanzbehörde und bekam recht. In seiner Entscheidung verwies das Gericht auf den gesetzlichen Wortlaut. Demnach ist Voraussetzung für die Berücksichtigung von Vermögen im Anfangsvermögen, dass dies tatsächlich erworben wurde. Im Fall eines Pflichtteilsanspruchs trifft das aber nur dann zu, wenn er geltend gemacht wurde. Rechtskräftig ist die Entscheidung des FG München bisher jedoch nicht, da das Gericht die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat.
Praxis-Tipp: Werte bei der Ermittlung des fiktiven Zugewinns prüfen
Erben Eheleute von ihrem verstorbenen Partner, sollten sie grundsätzlich prüfen, welche Werte die Finanzbehörde in welcher Form berücksichtigt. Zu beachten ist dabei, dass auch Vermögen, das ein Ehepartner während der Ehe durch Erbschaft oder Schenkung erhält, zu seinem Anfangsvermögen hinzugerechnet werden muss. Dies erhöht demnach nicht den erwirtschafteten Zugewinn im Verlauf der Ehe. Entscheidend ist allerdings, dass es dem Verstorbenen tatsächlich zugeflossen ist. Rechnet das Finanzamt Werte hinzu, auf die der Ehegatte lediglich einen Anspruch hatte, sollte der Erbe mit Verweis auf das Urteil des FG München Einspruch gegen die Berechnung einlegen.
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