Steuerlicher Verlustabzug bei Ausbuchung wertloser Aktien möglich
„Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“ So lautete eine der vielen Weisheiten von Börsenguru André Kostolany. Ganz so einfach funktioniert die Welt der Börsen leider aber nicht – auch wenn die meisten Aktionäre sich dies wohl wünschen würden. So mancher von ihnen erlebte dort schon herbe Verluste bis hin zum Totalausfall seiner Wertpapiere. Die Frage, die sich in einem solchen Fall stellt: Wie ist der Verlust steuerlich zu behandeln?
Finanzgericht erkennt Verlustabzug von wertlos gewordenen Aktien an
In einem aktuellen Fall hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz jetzt den Verlust aus der Ausbuchung wertlos gewordener Aktien anerkannt. Ein Aktionär hatte im Januar 2010 10.000 Aktien zum Preis von 5.400 EUR gekauft und in seinem Privatvermögen gehalten. Im Juni des darauffolgenden Jahres erfuhr er von seiner Bank, dass die Aktien als wertlos eingestuft wurden. Da mit keiner Zahlung mehr zu rechnen war, buchte das Geldinstitut die Wertpapiere aus dem Depot des Aktionärs aus. Den entstandenen Verlust machte er daraufhin steuerlich geltend.
Das zuständige Finanzamt erkannte den Totalausfall der Aktien jedoch nicht als Verlust aus Kapitalvermögen an. Grund dafür war, dass es sich nicht um einen Veräußerungsverlust handelte. Dafür hätte der Inhaber der Aktien wechseln müssen. Auch einen veräußerungsähnlichen Vorgang wollte die Behörde nicht erkennen, wenn Aktien ihren Wert aufgrund der Liquidation der ausgebenden Kapitalgesellschaft verlieren.
Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil v. 12.12.2018, 2 K 1952/16) dagegen bewertete die Ausbuchung der wertlosen Aktien aus dem Depot des Aktionärs als ausbleibende Rückzahlung. Damit bezog es sich auf § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, nach dem die Einlösung, Rückzahlung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft als Veräußerung anzusehen sind. Außerdem verwies das Gericht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Totalausfall einer Aktie behandeln wie Ausfall von Darlehensforderung
Basis der geänderten Rechtsprechung ist die Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2008. Damit wollte der Gesetzgeber sämtliche Wertveränderungen in Kapitalanlagen von Privatpersonen steuerlich erfassen. Nach Auffassung des BFH folgt daraus, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung zu steuerlichen Verlusten führt. Ob eine Forderung dabei kurz vor dem Ausfall zu Null verkauft oder mangels Käufer behalten wird, ist nach seiner Einschätzung unerheblich. Denn die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Inhabers der Forderung sind in beiden Fällen negativ. Daraus folgt, dass beide steuerlich gleich zu behandeln sind.
Auf die Begründung des BFH zum Ausfall von Darlehensforderungen stützt sich das FG Rheinland-Pfalz nun in seiner Einschätzung. Demnach ist der Totalausfall von Aktien genauso zu behandeln wie der einer Darlehensforderung. Rechtskräftig ist die Entscheidung bisher jedoch nicht, da das Gericht die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat. Geführt wird sie dort unter dem Aktenzeichen VIII R 5/19.
Praxistipp: Verluste aus Aktiengeschäften steuerlich geltend machen
Verluste aus Aktiengeschäften können Aktionäre nur gegen Gewinne mit Aktien oder Aktienfonds verrechnen. Gewinne aus Dividenden, Zinsen oder anderen Wertpapieren lassen sich dagegen nicht steuermindernd verrechnen. Hat ein Aktionär im Verlustjahr keinen Gewinn aus Aktien erreicht, kann er den Verlust im Folgejahr mit Gewinnen aus Aktien verrechnen lassen. Hat er nur bei der einen depotführenden Bank einen Verlust verzeichnet, bei einem anderen Institut jedoch Gewinne, kann er diese mithilfe einer Verlustbescheinigung gegeneinander verrechnen. Die Verlustbescheinigung ist bis zum 15.12. eines Jahres zu beantragen.
Wurde vom Finanzamt ein Totalausfall aus Aktiengeschäften nicht als Verlust anerkannt, sollte der Steuerpflichtige das Ruhen des Verfahrens beantragen. Damit hält er seinen Fall offen. Bestätigt der BFH die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz, profitiert er davon.
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