Räumpflicht reicht nur bis zur Grundstücksgrenze
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Hintergrund: Mieter stürzt auf Gehweg vor dem Haus
Der Mieter einer Wohnung in München verlangt von der Vermieterin Schadensersatz wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.
Im Januar 2010 stürzte der Mieter beim Verlassen des Hauses auf dem öffentlichen Gehweg vor dem Haus. Die Stadt München, der die Räum- und Streupflicht für den Gehweg obliegt, hatte den Gehweg geräumt und gestreut, allerdings nicht auf der ganzen Breite und nicht im direkten Zugang zum Haus. Es blieb ein schmaler ungeräumter Bereich. Die Vermieterin hatte keinerlei Räumarbeiten vorgenommen, weil sie ihrer Meinung nach nicht dazu verpflichtet war.
Der Mieter meint, die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters ende nicht „an der Grundstücksgrenze“, da die Stadt München den Gehweg im Eingangsbereich zu einem Anliegergrundstück nicht räume. Daher sei der sichere Zugang vom geräumten Teil des Gehwegs zum Mietobjekt nicht gewährleistet.
Entscheidung: Vermieter muss nicht vor dem Grundstück räumen
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Vermieterin war nicht verpflichtet, den öffentlichen Gehweg vor dem Haus zu räumen.
Zwar ist ein Vermieter aus dem Mietvertrag verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren. Dazu gehört es grundsätzlich auch, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen. Die gleiche Pflicht trifft den Eigentümer eines Grundstücks auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, etwa gegenüber Mietern, Besuchern und Lieferanten.
Hier ist der Mieter allerdings nicht auf dem Grundstück, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter seinen Mietern gegenüber obliegende (vertragliche) Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich jedoch regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks. Entsprechendes gilt für die allgemeine (deliktische) Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, sofern die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen ist. Hier lag die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen indes bei der Stadt München und nicht bei der insoweit vom Winterdienst befreiten Vermieterin.
Allenfalls unter ganz außergewöhnlichen Umständen kommt eine Ausweitung der Verkehrssicherungspflicht über das Grundstück hinaus in Betracht, solche Umstände lagen hier aber nicht vor. Es war dem Mieter zumutbar, mit der gebotenen Vorsicht den schmalen ungeräumten Streifen des Gehweges zur überqueren, um in den geräumten Bereich zu gelangen.
(BGH, Urteil v. 21.2.2018, VIII ZR 255/16)
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