Leitsatz (amtlich)
Das Ausgangsgericht (hier: Landwirtschaftsgericht) darf einer Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG nur abhelfen, wenn diese statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Deshalb muss es vor der Abhilfe auch die Zulässigkeit der Beschwerde prüfen.
Das Landwirtschaftsgericht ist jedenfalls nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht befugt, die von ihm getroffene Kostenentscheidung von Amts wegen oder aufgrund der Gegenvorstellung eines Beteiligten abzuändern.
Legt die untere Genehmigungsbehörde ein unzulässiges Rechtsmittel ein, hat sie in entsprechender Anwendung von § 45 Satz 2 LwVG die einem anderen Beteiligten aufgrund dieses Rechtsmittels entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Normenkette
FamFG § 68 Abs. 1 S. 1; LwVG § 44 Abs. 1, 12, §§ 45, 32 Abs. 1, § 45 S. 2
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.11.2019; Aktenzeichen 20 WLw 2/19) |
AG Gelnhausen (Beschluss vom 19.12.2018; Aktenzeichen 19 Lw 4/16) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 12.11.2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des AG Gelnhausen - Landwirtschaftsgericht - vom 17.5.2017 in der Fassung des Beschlusses vom 19.12.2018 zurückgewiesen worden ist.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 15.1.2018 gegen die (ursprüngliche) Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des AG Gelnhausen - Landwirtschaftsgericht - vom 17.5.2017 wird als unzulässig verworfen, soweit sie gegen die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten gerichtet worden ist. Damit ist der Beschluss des AG Gelnhausen - Landwirtschaftsgericht - vom 19.12.2018 gegenstandslos.
Die Entscheidungen über die Beschwerden und die Rechtsbeschwerde ergehen gerichtsgebührenfrei. Die in diesen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) hat die Beteiligte zu 2) zu tragen.
Der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1) im Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 972,11 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
In einem Verfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz genehmigte die Beteiligte zu 2) einen von der Beteiligten zu 1) als Käuferin geschlossenen Kaufvertrag mit einer Veräußerungsauflage. Gegen diese Auflage wandte sich die Beteiligte zu 1) mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 22 GrstVG an das AG - Landwirtschaftsgericht -. In der mündlichen Verhandlung vom 17.5.2017 erkannte die Beteiligte zu 2) den Antrag an. Das AG hat daraufhin ein Anerkenntnisurteil verkündet und die Kosten des Rechtsstreits der Beteiligten zu 2) auferlegt. Das Urteil ist der Beteiligten zu 2) am 29.5.2017 zugestellt worden.
Rz. 2
Mit Schreiben vom 15.1.2018 hat die Beteiligte zu 2) beanstandet, dass ihr in dem Anerkenntnisurteil die Kosten auferlegt worden seien. Das AG hat dieses Schreiben als Beschwerde ausgelegt und mit Beschluss vom 19.12.2018 im Wege der Abhilfe die Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, dass die Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten zu tragen hat und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das OLG - Senat für Landwirtschaftssachen - den Beschluss des AG im Hinblick auf die Auferlegung der Gerichtskosten aufgehoben und ausgesprochen, dass von der Erhebung von Gerichtskosten für das erstinstanzliche Verfahren abgesehen wird; im Übrigen hat es die Beschwerde der Beteiligten zu 1) - gerichtskostenfrei und ohne Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Beteiligte zu 1) erreichen, dass die Beteiligte zu 2) die außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz tragen muss.
II.
Rz. 3
Das Beschwerdegericht meint, die - zulässige - Beschwerde der Beteiligten zu 1) habe nur teilweise Erfolg. Das AG sei aufgrund des Rechtsmittels der Beteiligten zu 2) dem Grunde nach zu einer Abänderung der Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils berechtigt gewesen. Dies folge aus § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Diese Vorschrift, die dem Ausgangsgericht eine Abhilfe ermögliche, sei hier nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung anwendbar. Da das AG verfahrensfehlerhaft nach der Zivilprozessordnung durch Urteil und nicht - wie in dem Verfahren der Anfechtung einer Veräußerungsauflage nach dem Grundstücksverkehrsgesetz geboten - durch Beschluss (§ 38 FamFG) entschieden habe, sei gegen die Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil sowohl die sofortige Beschwerde nach §§ 99 Abs. 2, 567, 569 ZPO als auch die Beschwerde nach den §§ 58 ff. FamFG eröffnet. Anders als im Zivilprozess, in dem § 572 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch den Verweis auf § 318 ZPO die nach § 99 Abs. 2 ZPO ergangene Kostenentscheidung von der Abänderung im Wege der Abhilfe ausnehme, sei in § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG ein entsprechender Ausschluss des Abhilfeverfahrens nicht vorgesehen. Der Abhilfe stehe auch nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde durch die Beteiligte zu 2) die für das Rechtsmittel geltenden Frist von einem Monat bzw. von fünf Monaten gem. § 63 Abs. 1 und 3 FamFG bereits abgelaufen gewesen sei. Bei einer - wie hier - an sich statthaften Beschwerde habe das zunächst zur Entscheidung über die Abhilfe berufene Ausgangsgericht keine Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde vorzunehmen. Vielmehr sei es, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG ergebe, zu einer Korrektur einer von ihm selbst als fehlerhaft erkannten Entscheidung im Wege der Abhilfe auch bei einer nicht zulässigen - weil etwa wie hier verspätet eingelegten - Beschwerde berechtigt.
Rz. 4
In der Sache halte die Abhilfeentscheidung des AG der inhaltlichen Überprüfung nicht stand und sei aufzuheben, soweit das AG die Beteiligte zu 1) mit Gerichtskosten belastet habe. Zu Recht sei jedoch angeordnet worden, dass außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 1) nicht zu erstatten seien. Eine Kostenbelastung der Beteiligten zu 2) gem. § 45 LwVG komme nicht in Betracht, weil diese als Genehmigungsbehörde in materieller Hinsicht nicht Beteiligte im gerichtlichen Verfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz, sondern nur formell durch Gewährung rechtlichen Gehörs an dem Verfahren gem. § 32 Abs. 1 und 2 LwVG zu beteiligen sei. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werde ebenso abgesehen wie von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten.
III.
Rz. 5
Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (§ 9 LwVG i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist begründet.
Rz. 6
1. Das Beschwerdegericht geht zu Recht von der Zulässigkeit der Beschwerde der Beteiligten zu 1) aus. Diese ist durch den Abhilfebeschluss des AG vom 19.12.2018 erstmalig beschwert und möchte die Beschwer durch Einlegung der Beschwerde beseitigen. Aufgrund der gebotenen interessengerechten Auslegung ist ihr Rechtsmittel dahin zu verstehen, dass sie sich nicht allein gegen den Abhilfebeschluss wendet, was unzulässig wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 26.8.2020 - XII ZB 243/19, juris Rz. 13), sondern gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des AG vom 17.5.2017 in der Form, die sie im Abhilfeverfahren durch den Beschluss vom 19.12.2018 erhalten hat (vgl. Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 5. Aufl., § 68 Rz. 10).
Rz. 7
2. Richtig ist auch der rechtliche Ausgangspunkt, den das Beschwerdegericht der Beurteilung des Rechtsmittels der Beteiligten zu 2) vom 15.1.2018 zugrunde legt. Das Anerkenntnisurteil ist von dem AG verfahrensfehlerhaft erlassen worden, da gem. § 22 GrdstVG i.V.m. §§ 1 Nr. 2, 9 LwVG, § 38 FamFG durch Beschluss hätte entschieden werden müssen. Nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung ist deshalb (auch) das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG gegen die in dem Urteil enthaltene Kostenentscheidung statthaft gewesen (vgl. allgemein zu dem Grundsatz der Meistbegünstigung BGH, Urt. v. 17.10.1986 - V ZR 169/85, BGHZ 98, 362, 364 f.). Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass nur die in dem Anerkenntnisurteil getroffene Kostenentscheidung angefochten worden ist, da nach § 58 FamFG - anders als nach § 20a Abs. 1 Satz 1 FGG - eine solche isolierte Anfechtung möglich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2010 - V ZB 149/10, juris Rz. 6; Beschl. v. 8.12.2012 - NJW-RR 2012, 651 Rz. 7; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl., § 58 Rz. 95).
Rz. 8
3. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist das Ausgangsgericht, das eine Beschwerde für begründet hält, aber nicht bereits dann zur Abhilfe gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG befugt, wenn die Beschwerde statthaft ist. Eine Abhilfe nach dieser Vorschrift ist nur möglich, wenn die Beschwerde insgesamt zulässig ist. Hieran fehlt es jedenfalls deshalb, weil die Beschwerde der Beteiligten zu 2) nicht innerhalb der Frist des § 63 Abs. 1 FamFG bei dem AG eingegangen ist, so dass dahinstehen kann, ob die Beteiligte trotz der Regelung in § 32 Abs. 2 Satz 2 LwVG ausnahmsweise beschwerdeberechtigt war. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Ausgangsgericht einer Beschwerde abhelfen kann bzw. muss, ist allerdings - ebenso wie im Zivilprozessrecht - umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden (offen gelassen in BGH, Beschl. v. 19.10.2016 - XII ZB 387/16 FamRZ 2017, 140 Rz. 7).
Rz. 9
a) Nach einer Auffassung schließt die Unzulässigkeit einer Beschwerde eine Abhilfe durch das Ausgangsgericht grundsätzlich nicht aus. Verwiesen wird insoweit vorrangig auf den Wortlaut des § 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FamFG, wonach das Gericht der Beschwerde abzuhelfen hat, wenn es sie für begründet hält (vgl. LG Rostock, ZInsO 2004, 283; AG Düsseldorf, NZI 2016, 109, 1020; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl., § 68 Rz. 9a ff.; Althammer, Familienrecht, 6. Aufl., § 68 FamFG Rz. 3; Haußleiter/Haußleiter, FamFG, 2. Aufl., § 68 Rz. 2; ebenso Musielak/Voit/Ball, ZPO, 17. Aufl., § 572 Rz. 4; Heßler in Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 572 Rz. 14; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 23. Aufl., § 572 Rz. 8 - jeweils für eine Abhilfe gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Als weiteres Argument wird angeführt, dass die unstatthafte bzw. unzulässige Beschwerde in eine Gegenvorstellung umzudeuten sei, bei der eine Abhilfebefugnis des Erstgerichts bestehe; diese sei nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Beschluss wegen Ablaufs der Beschwerdefrist nicht mehr mit der sofortigen Beschwerde angreifbar und damit formell rechtskräftig sei (vgl. Althammer, Familienrecht, 6. Aufl., § 68 Rz. 3; s. zu § 572 ZPO auch MünchKomm/ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 572 Rz. 7 i.V.m. Vor § 567 Rz. 17; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 17. Aufl., § 572 Rz. 4 i.V.m. § 567 Rz. 27; Wieczorek/Schütze/Jänich, ZPO, 4. Aufl., § 572 Rz. 3 i.V.m. Vor § 567 Rz. 39 ff.). Eine Abhilfebefugnis soll allerdings dann ausscheiden, wenn der angegriffene Beschluss nicht mehr abänderbar sei, insb., wenn er in materielle Rechtskraft erwachsen sei (vgl. AG Düsseldorf, NZI 2016, 1009, 1010; MünchKomm/ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 572 Rz. 7 i.V.m. Vor § 567 Rz. 18; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 17. Aufl., § 572 Rz. 4 i.V.m. § 567 Rz. 27; Wieczorek/Schütze/Jänich, ZPO, 4. Aufl., § 572 Rz. 3 i.V.m. Vor § 567 Rz. 45; 39 ff.; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 23. Aufl., § 572 Rz. 9; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl., § 68 Rz. 9b, 15 ff., 24 ff.). Teilweise wird - dies entspricht auch der Auffassung des Beschwerdegerichts - für eine Abhilfe verlangt, dass das Rechtsmittel statthaft ist, während die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht vorliegen müssen (vgl. Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 12. Aufl., § 68 Rz. 2; Keidel/Engelhardt, FamFG, 20. Aufl., § 45 Rz. 30; für § 572 ZPO auch Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl., § 572 Rz. 7).
Rz. 10
b) Nach anderer Auffassung soll das Erstgericht generell nicht befugt sein, einer unzulässigen Beschwerde abzuhelfen (vgl. Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 4. Aufl., § 68 Rz. 6; BeckOK/FamFG/Obermann [1.4.2020], § 68 Rz. 4; MünchKomm/FamFG/Fischer, 3. Aufl., § 68 Rz. 16; Bahrenfuss/Joachim, FamFG, 3. Aufl., § 68 Rz. 8; Stockmann, FamRB 2017, 191, 192 f.).
Rz. 11
c) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig. Das Ausgangsgericht (hier: Landwirtschaftsgericht) darf einer Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG nur abhelfen, wenn diese statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Daher muss es vor einer Abhilfe auch die Zulässigkeit der Beschwerde prüfen.
Rz. 12
aa) Der Wortlaut des Gesetzes steht dem nicht entgegen; er ist vielmehr auch für eine solche Auslegung offen.
Rz. 13
(1) Dass das Gericht die Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG für "begründet" halten muss, spricht auf den ersten Blick zwar dafür, dass es für die Abhilfe auf die Zulässigkeit der Beschwerde nicht ankommt. Zwingend ist dies aber nicht. Möglich ist auch ein Verständnis in dem Sinne, dass die Vorschrift lediglich die Rechtsfolge einer positiven Begründetheitsprüfung (Abhilfe) regelt und dem Ausgangsgericht hierdurch - abweichend von der ansonsten gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 FamFG bestehenden Vorlagepflicht an das Beschwerdegericht - eine Entscheidungsbefugnis eingeräumt werden soll, die an sich nur dem Rechtsmittelgericht zusteht. Da das Rechtsmittelgericht nach allgemeinen Grundsätzen einem Rechtmittel nur stattgeben darf, wenn dieses zulässig und begründet ist, könnte auch die Abhilfe die Zulässigkeit der Beschwerde (als selbstverständlich) voraussetzen.
Rz. 14
(2) Ebenso wenig lässt sich aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 Satz 1 FamFG zwingend auf eine von der Zulässigkeit der Beschwerde losgelöste Abänderungsmöglichkeit durch das Ausgangsgericht schließen. Nach dieser Vorschrift hat das Beschwerdegericht zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist, andernfalls ist sie gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen. Die hierin angeordnete Prüfungs- und Verwerfungskompetenz des Beschwerdegerichts wird nicht in Frage gestellt, wenn auch das Ausgangsgericht - als Voraussetzung für die Abhilfe - die Zulässigkeit der Beschwerde prüfen muss und diese für den Fall der angenommenen Unzulässigkeit dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorlegt.
Rz. 15
bb) Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Gesetzgeber die Abhilfebefugnis des Ausgangsgerichts allein an die Begründetheit der Beschwerde knüpfen wollte. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich dies nicht. § 68 Abs. 1 FamFG ist an die Stelle von § 18 FGG getreten. Das frühere Recht räumte dem Gericht in § 18 Abs. 1 FGG eine generelle Abänderungs- und damit auch eine Abhilfebefugnis ein, schloss diese jedoch in § 18 Abs. 2 FGG für alle Verfügungen aus, die der sofortigen Beschwerde unterlagen. Mit der Neufassung der Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FamFG sollte in Anlehnung an § 572 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO dem Gericht der ersten Instanz auch bei der sofortigen Beschwerde nunmehr die Gelegenheit eingeräumt werden, seine Entscheidung nochmals zu überprüfen und sie ggf. zeitnah zurückzunehmen oder zu korrigieren. Dadurch werde das Beschwerdegericht entlastet, weil es nicht mit Entscheidungen befasst werde, deren Fehlerhaftigkeit das Gericht der ersten Instanz bereits selbst erkannt habe (vgl. Entwurfsbegründung FGG-RG BT-Drucks. 16/6308, 207). Eine Stellungnahme zu der auch im Zivilprozessrecht umstrittenen Frage (vgl. MünchKomm/ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 572 Rz. 7 m.w.N.), ob eine solche Abhilfe möglich oder ausgeschlossen ist, wenn der Beschwerderechtszug - mangels Statthaftigkeit - nicht eröffnet oder die Beschwerde aus sonstigen Gründen unzulässig ist, findet sich weder in der Begründung zu § 68 FamFG noch in derjenigen zu § 572 Abs. 1 ZPO (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 114).
Rz. 16
cc) Dass das Ausgangsgericht nur einer zulässigen Beschwerde abhelfen kann, folgt aber aus der Systematik des Beschwerderechts und des Rechtsmittelrechts sowie aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit.
Rz. 17
(1) Der erste Rechtszug endet mit dem Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses. Das sich auf eine Beschwerde anschließende Abhilfeverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG gehört nicht mehr zum ersten Rechtszug, sondern schließt an diesen an. Bereits aus der systematischen Stellung des § 68 Abs. 1 FamFG ergibt sich, dass das Abhilfeverfahren Teil des Beschwerdeverfahrens ist (vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2014 - XII ZB 86/14, NZFam 2015, 213 Rz. 11; Beschl. v. 18.10.2017 - XII ZB 213/16, FGPrax 2018, 77 Rz. 12). Dann müssen aber auch die Regeln des Beschwerdeverfahrens gelten. Hierzu gehört, dass das Beschwerdegericht nur dann in eine inhaltliche Prüfung der angefochtenen Entscheidung eintreten darf, wenn das Rechtmittel zulässig ist. Dass demgegenüber das Ausgangsgericht trotz der Unzulässigkeit des Rechtsmittels zu einer Abhilfe befugt sein und - im Beschwerdeverfahren - mehr Kompetenzen als das Beschwerdegericht selbst haben soll, lässt sich mit der systematischen Stellung des Abhilfeverfahrens als Teil des Beschwerdeverfahrens nicht vereinbaren.
Rz. 18
(2) Zudem ist zu beachten, dass das Ausgangsgericht gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG bei dem Vorliegen der Voraussetzungen der Vorschrift zu einer Abhilfe verpflichtet ist ("hat abzuhelfen"). Käme es für die Abhilfe auf die Zulässigkeit der Beschwerde nicht an, müsste das Ausgangsgericht seine Entscheidung, die es für falsch hält, zwingend ändern, selbst wenn die Beschwerde etwa mangels Statthaftigkeit oder wegen Fristversäumnisses evident unzulässig wäre. Der Beschwerdeführer hätte trotz unzulässigen Rechtsmittels ein Recht auf Abänderung der Entscheidung, obwohl eine unzulässige Beschwerde gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG zu verwerfen ist. Soweit in der Literatur vorgeschlagen wird, diese missliche Konsequenz dadurch zu vermeiden, dass aufgrund einer teleologischen Reduktion der Vorschrift das Ausgangsgericht bei einer unzulässigen, aber für begründet gehaltenen Beschwerde lediglich befugt sei, abzuhelfen, hierzu jedoch nicht verpflichtet sei und es die Sache auch dem Beschwerdegericht vorlegen könne (so zu § 572 Abs. 1 ZPO Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 23. Aufl., § 572 Rz. 8; MünchKomm/ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 572 Rz. 7), führte dies zu mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht zu vereinbarenden Zufallsergebnissen. Es fehlt nämlich an Kriterien, an denen sich das Ausgangsgericht bei seiner Entscheidung orientieren soll. Entschließt es sich, der Beschwerde nicht abzuhelfen, behält der Beschwerdegegner die ihm aufgrund der Ausgangsentscheidung eingeräumte Rechtsposition, da das Beschwerdegericht die Beschwerde als unzulässig verwirft. Diese Rechtsposition verliert er aber, wenn das Ausgangsgericht der Beschwerde trotz der Unzulässigkeit abhilft. Ein sachlicher Grund für diese unterschiedliche Behandlung ist nicht ersichtlich.
Rz. 19
(3) Das Rechtsstaatsprinzip verlangt nicht nur einen wirkungsvollen Rechtsschutz, sondern auch Rechtssicherheit, indem strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden. Dem dient auch die Rechtskraft (BVerfG, NvWZ 2018, 582 Rz. 30 m.w.N.). Ist eine Entscheidung formell rechtskräftig geworden, weil beispielsweise - wie hier - die Frist für ein Rechtsmittel abgelaufen ist (vgl. § 45 FamFG), hat ein Beteiligter die für ihn nachteilige Entscheidung ungeachtet der Frage, ob die Entscheidung richtig ist oder falsch, grundsätzlich hinzunehmen. Eine Abhilfebefugnis des Gerichts auch nach Ablauf der Beschwerdefrist liefe auf eine unbefristete Änderungsmöglichkeit hinaus, die mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.5.2007 - 17 Ta (Kost) 6014/07, juris Rz. 7). Dies widerspräche auch dem Ziel, das der Gesetzgeber mit der Abschaffung der einfachen (unbefristeten) Beschwerde in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - abgesehen von dem Grundbuch- und Schiffsregisterwesen - und der Beschränkung auf die fristgebundene sofortige Beschwerde verfolgt hat. Diese dient nämlich der Verfahrensbeschleunigung sowie der möglichst frühzeitigen Rechtsklarheit aller Beteiligten über den dauerhaften Bestand der Entscheidung (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 205).
Rz. 20
Eine Durchbrechung der Rechtskraft kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, die im Gesetz ausdrücklich aufgeführt sind. So kann das Gericht des ersten Rechtszugs eine rechtskräftige Endentscheidung mit Dauerwirkung gem. § 48 Abs. 1 FamFG nur aufheben oder ändern, wenn sich die zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich wesentlich geändert hat. Nach § 48 Abs. 2 FamFG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Buches 4 der Zivilprozessordnung nur unter den dort aufgeführten - engen - Grenzen wiederaufgenommen werden. § 44 FamFG enthält einen speziellen Rechtsbehelf für den Fall, dass ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch des durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Mit diesen Regelungen zur formellen Rechtskraft wäre es nicht zu vereinbaren, wenn das Ausgangsgericht auch ungeachtet der Voraussetzungen für die Durchbrechung der formellen Rechtskraft seine Entscheidung allein aufgrund der Einlegung einer Beschwerde nachträglich abändern könnte. Dies führte zu einer nicht gerechtfertigten (einseitigen) Erweiterung der Rechtsschutzmöglichkeiten des durch die Entscheidung Beschwerten zu Lasten des in dem Verfahren obsiegenden Beteiligten.
Rz. 21
(4) Weitere Widersprüche zu sonstigen Rechtsbehelfen ergäben sich in den Fällen, in denen die Beschwerde bereits nicht statthaft ist. So liegt es etwa, wenn gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts, in der die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wurde, ausdrücklich eine Erstbeschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG eingelegt wird. Könnte das Beschwerdegericht, das seine Entscheidung nunmehr für falsch hält, diese nachträglich ändern, würde hierdurch die Entscheidung des Gesetzgebers, eine Anfechtung und damit einhergehend auch eine Änderung nur unter den Voraussetzungen eines zulässigen Rechtsbeschwerdeverfahrens gemäß den §§ 70 ff. FamFG zu ermöglichen, unterlaufen. Soweit von Teilen der Literatur (s. die Nachweise oben unter Rz. 9) in diesem Zusammenhang gefordert wird, eine Abhilfe sei nur bei einer statthaften Beschwerde möglich, fehlt es an einer Begründung dafür, warum eine unstatthafte Beschwerde anders behandelt werden soll als etwa eine verfristete. Die Statthaftigkeit hat gegenüber anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen keine Sonderstellung. Sie steht - wie sich auch aus § 68 Abs. 2 Satz 1 FamFG ergibt - auf derselben Stufe; insb. muss sie nicht etwa vor den übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen geprüft werden (vgl. nur Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., Vor § 511 Rz. 11). Für eine unterschiedliche Behandlung einer "schon" nicht statthaften und einer zwar statthaften, aber "nur" im Übrigen unzulässigen Beschwerde fehlt es an einem sachlichen Grund.
Rz. 22
dd) Die Überlegung, dass das Erstgericht trotz der Unzulässigkeit der Beschwerde bei nicht der materiellen Rechtskraft fähigen Beschlüssen zu einer Abhilfe berechtigt ist, weil die unzulässige Beschwerde in eine "abhilferelevante" Gegenvorstellung umzudeuten sei (s. die Nachweise oben unter Rz. 9), führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie besagt nämlich nichts zu der hier erörterten und verneinten Frage, ob das Ausgangsgericht auch bei einer unzulässigen Beschwerde aufgrund der beschwerderechtlichen Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG berechtigt und verpflichtet ist, einer für begründet gehaltenen Beschwerde abzuhelfen. Die Abänderungsmöglichkeit einer Entscheidung aufgrund einer Gegenvorstellung ist vielmehr gesondert (nachfolgend unter 4.) zu prüfen.
Rz. 23
4. Die hiernach rechtsfehlerhafte Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG). Das Landwirtschaftsgericht war auch unter dem Gesichtspunkt einer Gegenvorstellung nicht zu der Änderung der im Anerkenntnisurteil getroffenen Kostenentscheidung berechtigt.
Rz. 24
a) Allerdings kann zugunsten der Beteiligten zu 2) unterstellt werden, dass sie mit ihrem Schreiben vom 15.1.2018 nicht nur eine Beschwerde gegen die ihr nachteilige Kostenentscheidung einlegen, sondern - jedenfalls auch - eine Gegenvorstellung mit dem Ziel erheben wollte, das AG im Wege der Selbstkontrolle zu einer Korrektur seiner Entscheidung zu bewegen.
Rz. 25
b) Die Voraussetzungen für eine solche Selbstkorrektur lagen aber nicht vor.
Rz. 26
aa) Eine Gegenvorstellung ist gesetzlich nicht geregelt; sie stellt (lediglich) eine Anregung an das Gericht dar, eine für die Partei unanfechtbare Entscheidung zu ändern. Deshalb kommt sie nur dann in Betracht, wenn das Gericht zu einer Änderung seiner Entscheidung befugt ist und diese auch von Amts wegen vornehmen durfte (BGH, Beschl. v. 19.7.2018 - V ZB 6/18 WM 2018, 1900 Rz. 9 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 15.7.2015 - XII ZB 525/14 FamRZ 2015, 1698 Rz. 12; BVerfG NJW 2009, 829 Rz. 36). Bejaht wird dies beispielsweise bei unanfechtbaren Beschlüssen über die Festsetzung des Streitwerts bzw. des Gegenstandswerts etwa des BGH, die innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen von Amts wegen (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, § 79 Abs. 2 Satz 2 GNotKG und § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG) geändert werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 8.10.2019 - IV ZR 33/19, ZEV 2019, 706 Rz. 3; Beschl. v. 6.2.2020 - V ZR 328/18, juris Rz. 2). Weitere Beispiele sind Trennungs- oder Verbindungsbeschlüsse sowie Beweisbeschlüsse, die gem. § 150 Satz 1 bzw. gem. § 360 ZPO geändert werden können. Hingegen ist eine Gegenvorstellung unzulässig, sofern das Gericht nach den Bestimmungen der jeweiligen Prozessordnung nicht befugt ist, seine getroffene Entscheidung zu ändern (BGH, Beschl. v. 18.10.2018 - IX ZB 31/18, BGHZ 220, 90 Rz. 13).
Rz. 27
bb) Grundsätzlich ist auch ein Gericht, das in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Beschluss durch die Übergabe an die Geschäftsstelle oder durch Verlesen der Beschlussformel gem. § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG erlassen hat, ab diesem Zeitpunkt an seine Entscheidung gebunden und kann diese nicht mehr außerhalb eines gesetzlich dafür vorgesehenen Verfahrens abändern (BGH, Beschl. v. 8.7.2015 - XII ZB 586/14 NJW-RR 2015, 1346 Rz. 5). Dies gilt ebenso für eine verfahrensabschließende Anerkenntnisentscheidung einschließlich der hierin getroffenen Kostenentscheidung, auch wenn - wie hier - verfahrensfehlerhaft nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil entschieden worden ist. Offen bleiben kann, ob die Abänderung eines mit der sofortigen Beschwerde angreifbaren Beschlusses noch bis zum Ablauf der Beschwerdefrist möglich ist, wie dies der IX. Zivilsenat des BGH bei Beschlüssen des Insolvenzgerichts mit der Begründung annimmt, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist müsse ein durch den Beschluss begünstigter Verfahrensbeteiligter ohnehin damit rechnen, dass ein anderer Beteiligter Rechtsmittel einlege (Beschl. v. 13.7.2006 - IX ZB 117/04, NZI 2006, 599 Rz. 9). Die Änderungsbefugnis endet jedenfalls in dem Zeitpunkt, in dem die Beschwerdefrist abgelaufen und die Entscheidung damit formell rechtskräftig geworden ist (§ 45 FamFG). Aus der in § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG dem Ausgangsgericht eingeräumten Abhilfemöglichkeit ergibt sich nichts anderes, da - diese - wie oben dargelegt - gerade eine zulässige und damit auch fristgerecht eingelegte Beschwerde voraussetzt (so auch BeckOK/ZPO/Wulf [1.9.2020], § 567 Rz. 20; a.A. MünchKomm/ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., Vor § 567 Rz. 17; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 17. Aufl., § 567 Rz. 27). Das Landwirtschaftsgericht ist deshalb jedenfalls nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht befugt, die von ihm getroffene Kostenentscheidung von Amts wegen oder aufgrund der Gegenvorstellung eines Beteiligten abzuändern.
Rz. 28
cc) Von der (fehlenden) Möglichkeit einer nachträglichen Abänderung einer - wie hier - formell rechtskräftigen Entscheidung von Amts wegen oder auf eine Gegenvorstellung hin ist die Frage zu unterscheiden, ob in Verfahren, die einen Antrag eines Verfahrensbeteiligten voraussetzen, die formell rechtskräftige Ablehnung des Antrags einen neuen Antrag ausschließt. Dies hängt davon ab, ob der Entscheidung neben der formellen Rechtskraft auch materielle Rechtskraft zukommt. Dies ist beispielsweise bei einem die Prozesskostenhilfe bzw. die Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss zu verneinen, so dass einem neuen Antrag nicht entgegensteht, dass die Beschwerdefrist bereits abgelaufen oder der Beschluss aus sonstigen Gründen unanfechtbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 3.3.2004 - IV ZB 43/03 NJW 2004, 1805, 1806; Beschl. v. 9.5.2019 - V ZR 274/18, juris Rz. 1). Hier geht es aber nicht um ein neues Verfahren, sondern um die Korrektur des Kostenausspruchs in einer verfahrensabschließenden Entscheidung; eine solche scheidet nach Eintritt der formellen Rechtskraft aus. Darauf, ob und wenn ja in welchem Umfang Kostengrundentscheidungen neben der formellen Rechtskraft auch materielle Rechtskraft zukommt (vgl. dazu etwa Wieczorek/Schütze/Jänich, ZPO, 4. Aufl., Vor § 567 Rz. 51; s. zu der Bedeutung einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung für die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs BGH, Urt. v. 16.2.2011 - VIII ZR 80/10 NJW 2011, 2368), kommt es deshalb hier nicht an.
IV.
Rz. 29
Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts ist deshalb - soweit er angefochten ist - aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).
Rz. 30
1. Dies führt auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zur Aufhebung der Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des AG vom 17.5.2017 in der Fassung des Beschlusses vom 19.12.2018 auch insoweit, als das AG von der Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen hat. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen die (ursprüngliche) Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil vom 17.5.2017 ist insoweit wegen Versäumung der Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) als unzulässig zu verwerfen, als sie gegen die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten gerichtet worden ist. Eine - eigentlich angezeigte - vollständige Verwerfung der Beschwerde der Beteiligten zu 2) scheidet aus, da hinsichtlich der Gerichtskosten der ersten Instanz bereits das Beschwerdegericht eine abschließende Entscheidung zugunsten der Beteiligten zu 1) getroffen hat, die von ihr mangels Beschwer nicht angegriffen worden ist.
Rz. 31
2. Da die (erfolglose) Beschwerde der Beteiligten zu 2) zu einem eigenständigen Beschwerdeverfahren geführt hat, bedarf es einer Entscheidung über die Kosten dieses Verfahrens. Insoweit ist zwischen den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten zu unterscheiden.
Rz. 32
a) Eine Auferlegung von Gerichtskosten der Beschwerdeinstanz auf die unterlegene Beteiligte zu 2) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie als Genehmigungsbehörde von der Zahlung von Gerichtskosten befreit ist (Vorbem. 1.5.1 Abs. 2 KV GNotKG).
Rz. 33
b) Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) hat die Beteiligte zu 2) zu tragen. Dies folgt aus § 45 Satz 2 LwVG in entsprechender Anwendung. Nach dieser Vorschrift sind die außergerichtlichen Kosten u.a. dann von einem unterliegenden Beteiligten zu erstatten, wenn dieser die Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel veranlasst hat. Entsprechendes gilt - erst recht - für ein unzulässiges Rechtsmittel (vgl. Senat, Beschl. v. 18.3.2011 - BLw 4/11, juris Rz. 4; Düsing/Martinez/Hornung, Agrarrecht, § 32 LwVG Rz. 5 m.w.N.). Dass die untere Genehmigungsbehörde - anders als die ein Rechtsmittel einlegende obere Genehmigungsbehörde (§ 32 Abs. 2 Satz 3 LwVG) - nicht die Stellung eines Verfahrensbeteiligten hat, sie vielmehr lediglich anzuhören ist (§ 32 Abs. 1 LwVG), schließt nur eine Belastung mit den Kosten der ersten Instanz aus (vgl. OLG Stuttgart, RdL 2011, 102). Legt sie jedoch - wie hier - ein unzulässiges Rechtsmittel ein, hat sie in entsprechender Anwendung des § 45 Satz 2 LwVG die einem anderen Beteiligten aufgrund dieses Rechtsmittels entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten (vgl. auch OLG Stuttgart, RdL 1998, 298 f.).
Rz. 34
3. Die Beteiligte zu 2) hat analog § 45 Satz 2 LwVG auch die außergerichtlichen Kosten zu tragen, die der Beteiligten zu 1) in dem von dieser gegen die Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des AG vom 17.5.2017 in der Fassung des Beschlusses vom 19.12.2018 (gesondert) angestrengten Beschwerdeverfahren entstanden sind. Zu dieser Beschwerde und den hiermit verbundenen Kosten wäre es ohne die unzulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2) nicht gekommen. Gerichtsgebühren hat die Beteiligte zu 2) schon wegen der Gebührenbefreiung nicht zu leisten.
V.
Rz. 35
1. Die Überlegungen zu den Kosten der beiden Beschwerdeverfahren gelten für das Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend.
Rz. 36
2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren richtet sich gem. § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nach der Höhe der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) in erster Instanz.
Fundstellen
Haufe-Index 14262391 |
NJW 2021, 553 |
FGPrax 2021, 48 |
FGPrax 2021, 95 |
JZ 2021, 85 |
AuUR 2021, 35 |