Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist das Angebot des Beschwerdeführers auf Vernehmung eines Zeugen zur Glaubhaftmachung der Beschwer gem. § 26 Nr. 8 EGZPO a.F. (jetzt § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht geeignet.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO §§ 294, 544 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Jena vom 29.10.2019 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 9.336 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Mit notariellem Vertrag vom 22.6.2010 verkauften Verwandte der Klägerin u.a. ein 9.336 m2 großes Grundstück an die Beklagte. Diese räumte der Klägerin das Recht ein, längstens bis zum 30.12.2015 jederzeit den Ankauf des Grundstücks zu einem Kaufpreis von 1 EUR/m2 nebst Zinsen von 3,5 % jährlich zzgl. der gezahlten Grunderwerbsteuer an sich zu verlangen. Mit Schreiben vom 8.6.2015 übte die Klägerin das Ankaufsrecht aus.
Rz. 2
Das LG hat, soweit von Interesse, die Beklagte verurteilt, das in der Form der notariellen Beurkundung noch abzugebende Angebot der Klägerin zum Ankauf des Grundstücks zu den näher angegebenen Konditionen anzunehmen. Die Berufung der Beklagten hat das OLG zurückgewiesen und den Streitwert insoweit auf 9.336 EUR festgesetzt. Die Revision hat es nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde will die Beklagte die Zulassung der Revision erreichen, um ihren Klageabweisungsantrag weiter zu verfolgen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
II.
Rz. 3
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 26 Nr. 8 EGZPO) den Betrag von 20.000 EUR nicht übersteigt.
Rz. 4
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO a.F. (jetzt § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist der Wert des Beschwerdegegenstandes in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten, das Angebot der Klägerin zum Ankauf des Grundstücks anzunehmen, ist die Beschwer nach dem Wert des Grundstücks zu bemessen, auf das sich das Ankaufsrecht bezieht. Hiervon geht auch die Beklagte aus.
Rz. 5
2. Die Beklagte hat aber in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht - wie geboten (vgl. BGH, Beschl. v. 7.7.2016 - V ZR 11/16, NJW-RR 2017, 209 Rz. 6 m.w.N.) - dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die so zu bemessende Beschwer 20.000 EUR übersteigt.
Rz. 6
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht zur Begründung der Beschwer geltend, der Wert des Grundstücks sei nicht mit dem in 2010 vereinbarten Ankaufpreis von 9.336 EUR gleichzusetzen, der Grundlage für die Wertfestsetzung durch das Berufungsgericht gewesen sei. Eine Nachfrage bei dem zuständigen Gutachterausschuss habe ergeben, dass ein Quadratmeterpreis von mindestens 3 EUR bis 5 EUR anzusetzen sei (Beweis: Zeugnis G. E., zu laden über die Beschwerdeführerin). Das ergebe für das 9.336 m2 große Grundstück einen Mindestwert von 28.008 EUR.
Rz. 7
b) Hiermit ist eine Beschwer von mehr als 20.000 EUR nur behauptet, aber nicht glaubhaft gemacht. Der angebotene Zeugenbeweis ist zur Glaubhaftmachung der Beschwer der Beklagten ungeeignet.
Rz. 8
aa) Für die Ermittlung des Beschwerdegegenstandes nach § 26 Nr. 8 EGZPO a.F. (jetzt § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) gilt ein gegenüber § 3 Halbs. 2 ZPO vereinfachtes Verfahren, das sich mit der Glaubhaftmachung des Wertes gem. § 294 ZPO begnügt (vgl. BGH, Beschl. v. 25.7.2002 - V ZR 118/02 NJW 2002, 3180; Beschl. v. 7.5.2015 - V ZR 159/14, Grundeigentum 2015, 912 Rz. 5 m.w.N.; Beschl. v. 12.3.2020 - V ZR 190/19, juris Rz. 4). Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstands richtet sich zwar, wie sich aus § 2 ZPO ergibt, nach den Vorschriften der §§ 3 ff. ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2003 - VI ZR 418/02 NJW-RR 2004, 638; Beschl. v. 23.7.2015 - XI ZR 263/14, BGHZ 206, 276 Rz. 3; Beschluss vom 5. Februar 2019 - NJW 2019, 1531 Rz. 12). Eine Wertermittlung gem. § 3 Halbs. 2 ZPO zur Klärung der Frage, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig ist, erfolgt aber nicht. Das dient der Entlastung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens. Unter Umständen langwierige Ermittlungen allein zur Klärung der Frage, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig ist, sollen vermieden werden (vgl. BGH, Beschl. v. 25.7.2002 - V ZR 118/02 NJW 2002, 3180).
Rz. 9
bb) Nach § 294 Abs. 1 ZPO sind zur Glaubhaftmachung zwar grundsätzlich alle Beweismittel zulässig. Die zugelassenen Beweismittel müssen aber auch zur Glaubhaftmachung geeignet sein. Ob ein Beweismittel zur Glaubhaftmachung geeignet ist, beurteilt sich nach dem konkreten Verfahren, in dem die Glaubhaftmachung zu erfolgen hat. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist ein Angebot auf Vernehmung eines Zeugen zur Glaubhaftmachung der 20.000 EUR übersteigenden Beschwer gem. § 26 Nr. 8 EGZPO a.F. (jetzt § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht geeignet. Auch eines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens könnte sich der Beschwerdeführer nicht zur Glaubhaftmachung bedienen. Das folgt aus den verfahrensrechtlichen Besonderheiten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Rz. 10
(1) Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird regelmäßig schriftlich geführt; die Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (§§ 128 Abs. 4, 544 Abs. 4 Satz 1 ZPO a.F., jetzt § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO). Ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, braucht das Gericht nicht eigens einen Termin zu bestimmen, um eine beantragte Zeugenvernehmung zu ermöglichen (vgl. OLG Bremen NJW-RR 2011, 1511, 1512; BeckOK/ZPO/Bacher [1.9.2020], § 294 Rz. 14). Auch ein sofortiger Beweisantritt i.S.v. § 294 Abs. 2 ZPO wäre deshalb unbeachtlich. Die Glaubhaftmachung muss vielmehr in schriftlicher Form erfolgen.
Rz. 11
(2) Grundlage der Entscheidung über die Zulassung der Revision ist allein das innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 ZPO a.F. (jetzt § 544 Abs. 4 ZPO) eingereichte Beschwerdevorbringen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen muss, dass er mit der Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigt, abändern lassen will (BGH, Beschl. v. 21.6.2018 - V ZB 254/17 NJW-RR 2018, 1421 Rz. 5; Beschl. v. 21.3.2019 - V ZR 127/18, WuM 2019, 349 Rz. 4 jeweils m.w.N.; Beschl. v. 23.1.2020 - V ZR 170/19, NJW-RR 2020, 525 Rz. 4). Die Beschwer kann deshalb nur durch Unterlagen glaubhaft gemacht werden, die fristgerecht beigebracht werden. Solche sind nicht vorgelegt worden.
Rz. 12
3. Ungeachtet der nicht hinreichenden Darlegungen der Nichtzulassungsbeschwerde wäre von einem 20.000 EUR übersteigenden Wert der in dem Revisionsverfahren geltend zu machenden Beschwer auszugehen, wenn sich aus den für das Revisionsgericht offenkundigen Tatsachen eine Beschwer der Beklagten in dieser Höhe ergäbe (§ 291 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 21.6.2018 - V ZB 254/17 NJW-RR 2018, 1421 Rz. 5; BVerfG NJW-RR 2007, 862, 863). Das ist indessen nicht der Fall. Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BGH, Beschl. v. 7.7.2016 - V ZR 11/16, NJW-RR 2017, 209 Rz. 9 m.w.N.). Welchen Wert das Grundstück der Beklagten zu diesem Zeitpunkt hatte, ist unbekannt. Auch eine tragfähige Schätzung durch den Senat ist nicht möglich. Anhaltspunkte dafür, dass das Grundstück seit der Vereinbarung des Ankaufspreises von 1 EUR/m2 im Jahr 2010 eine Wertsteigerung um das 3 - bis 5-fache erfahren hat, liegen nicht vor.
III.
Rz. 13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert hat der Senat anhand der Festsetzung der Vorinstanzen bemessen.
Fundstellen