Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtshaftung: Haftung einer Gemeinde gegenüber Dritten für Falschauskunft über die Baulandqualität eines Außenbereichsgrundstücks

 

Normenkette

BGB § 839; GG Art. 34

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 11.12.2009; Aktenzeichen 4 O 210/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.12.2009 verkündete Urteil des LG Potsdam (4 O 210/08) abgeändert. Der Vollstreckungsbescheid des AG Stuttgart (Gz. 07-9325322-0-1N) wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 40.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 36.652,23 EUR seit dem 14.2.2008 zu zahlen, dies jedoch nur Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche in Höhe eines erststelligen Betrages von 40.000 EUR aus dem mit Herrn R. S. zur Kontonummer ... bestandenen Darlehensvertrages. Insoweit sowie hinsichtlich der im Vollstreckungsbescheid genannten weiter gehenden Zinsforderung wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen sowie die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckendes Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Schadensersatz wegen vom Amt U. im Jahr 2002 erteilter Auskünfte über die Bebaubarkeit eines von ihr nachfolgend beliehenen Grundstücks. Durch die Gemeindegebietsreform im Jahre 2003 wurde die Beklagte Rechtsnachfolgerin des Amtes U.

Im Jahr 2002 waren Frau I. U., geb. S., sowie die Herren U. und R. S. zu je einem Drittel Eigentümer des im Grundbuch von Z. des AG Königs Wusterhausen Blatt 5 verzeichneten Grundbesitzes mit der Adressbezeichnung ... straße. Nach dem Bestandsverzeichnis bestand der Grundbesitz aus den Flurstücken 461 der Flur 1, Gemarkung Z. (Landwirtschaftsfläche) mit 3.597 qm sowie Flurstück 462 der Flur 1, Gemarkung Z. (Verkehrsfläche) mit 109 qm.

Auf ein an den damaligen Amtsdirektor des Amtes U. gerichtetes Schreiben des Herrn U. S. teilte das Bauamt diesem mit Schreiben vom 19.2.2002 mit, dass die Flurstücke 461 und 462 der Flur 1 laut genehmigtem Flächennutzungsplan der Gemeinde im allgemeinen Wohngebiet lägen. Die Zulässigkeit der Bebauung richte sich nach § 34 BauGB und sei über einen Bauvorbescheid zu klären. Art und Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche müsse sich in die nähere Umgebung einfügen. Das Flurstück 461 - gemeint war offenbar Flurstück 462 - sei als Straßenfläche ausgewiesen und könne zur Bebauung nicht mit genutzt werden.

Der Miteigentümer R. S. bemühte sich bei der Klägerin um die Gewährung eines Darlehens. Zur Absicherung des Darlehens boten die drei Miteigentümer die Beleihung des Flurstückes 461 der Flur 1 an. In diesem Zusammenhang fragte die W. AG für den Bausparer R. S. bei der Gemeinde Z. Details zur Bebaubarkeit ab. Sie verwandte hierfür ein Formular, welches mit "Erklärungen zur Beleihung eines Bauplatzes" überschrieben war und unter Ziff. 1 Hinweise zu den Voraussetzungen der Beleihung eines unbebauten Grundstückes, unter Ziff. 2 eine Erklärung der Eigentümer und unter Ziff. 3 Erklärungen der Gemeinde umfasste. Die Erklärungen der Gemeinde wurden am 18.3.2002 insoweit ausgefüllt, dass unter lit. a) "Das oben genannte Grundstück ist baureifes Land" angekreuzt wurde. In Abgrenzung hierzu waren die Alternativen "Rohbauland" sowie "Bauerwartungsland" möglich. Unter lit. b) wurde angekreuzt: Das Grundstück ist ausgewiesen "als Wohngebiet", wobei die Ankreuzmöglichkeiten "im Flächennutzungsplan" bzw. "im Bebauungsplan" freigelassen wurden. Unter lit. c) wurde angekreuzt, dass ein Vorkaufsrecht der Stadt/Gemeinde nicht bestehe. Die Abfrage unter lit. d), ob das Grundstück an einer öffentlichen Straße liege, wurde freigelassen. Die Erklärung wurde von einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin der Gemeinde Z. unter der Zeichnung "i. A." unterschrieben und mit einem Stempel der Gemeinde im Amt U. versehen.

Die W. AG maß daraufhin dem zur Beleihung angebotenen Grundstück mit der Flurstücksnummer 461 einen Grundstückswert von 106.900 EUR zu. Eine Besichtigung der Örtlichkeit erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 4.4.2002 bot die W. AG dem Miteigentümer R. S. ein Darlehen i.H.v. 75.000 EUR an. Bedingung war die Absicherung des Darlehens durch eine Briefgrundschuld auf dem Flurstück 461 sowie eine Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages durch die damalige Lebensgefährtin von R. S., Frau J. So. Am 8.4.2002 unterzeichneten R. S. und J. So. den Darlehensvertrag, wegen dessen weiteren Inhalts auf die Anlage zur Klageschrift, Bl. 41-53 d.A., Bezug genommen wird. Am 11.4. bestellten die drei Grundstückseigentümer zu Protokoll des Notars ... zugunsten der Klägerin eine Briefgrundschuld über 75.000 EUR...

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