Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die angegriffenen Entscheidungen lassen keinen Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter erkennen. Zwar gilt Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht nur für den erkennenden Richter, sondern auch für den Richter, der einen Termin zur Hauptverhandlung anberaumt (vgl. BVerfGE 4, 412 ≪417≫). Der Präsident des Truppendienstgerichtes Nord war bei der Terminsverfügung im Rahmen des gegen den Beschwerdeführer gerichteten Disziplinarverfahrens aber nicht von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen, weil er zuvor mit einem aus formalen Gründen unstatthaften Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung befasst gewesen war. § 71 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WDO a.F. (entspricht § 77 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WDO n.F.) begründet keinen Ausschlussgrund. „Beschwerdeverfahren” im Sinne dieser Vorschrift meint Verfahren nach § 17 der Wehrbeschwerdeordnung (WBO). Dort ist zunächst Beschwerde beim nächsten Disziplinarvorgesetzten einzulegen; im Anschluss daran ist eine weitere Beschwerde statthaft. Erst gegen diese Entscheidung kann Antrag auf Entscheidung des Truppendienstgerichts gestellt werden. Diesen Beschwerdeweg gegen die Absehensverfügung hatte der Beschwerdeführer zunächst nicht beschritten. Er stellte stattdessen (entsprechend der fehlerhaften Rechtsbelehrung) Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Ein solcher Antrag ist gerade kein „Beschwerdeverfahren” im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WDO.
Eine Ausweitung der gesetzlichen Ausschlusstatbestände über den Wortlaut hinaus ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Zum einen handelt es sich – ähnlich wie bei § 23 StPO – um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die einer analogen Anwendung auf andere Verfahrensarten nicht zugänglich ist (BVerwGE 46, 196; BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1980, ZBR 1982, S. 94; Dau, WDO, § 77 Rn. 25). Zum anderen ist eine weite Auslegung im vorliegenden Fall auch nicht erforderlich, um dem Gebot der Unparteilichkeit des Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht zu werden. Dass ein Richter in verschiedenen Verfahren Feststellungen über denselben Lebenssachverhalt zu treffen und dieselben Beweismittel zu beurteilen hat, kommt häufig vor. Die Annahme, dass allein dieser Sachverhalt geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, ist dem Gesetz fremd (KK-Pfeiffer, § 23 StPO, Rn. 1, unter Verweis auf BGH NStZ 1986, S. 206).
2. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist nicht ersichtlich. Die Dauer des disziplinargerichtlichen Verfahrens von etwas mehr als zwei Jahren ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Disziplinarverfahren sind ihrer Natur nach mit der gebotenen Beschleunigung durchzuführen (vgl. BVerfGE 46, 17 ≪29≫). Ob die Verfahrensdauer noch angemessen ist, muss nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. BVerfGE 46, 17 ≪28≫; 55, 349 ≪368 f.≫). Dabei werden Verfahrensverzögerungen, die der Betroffene selbst, sei es auch durch zulässiges Prozessverhalten, verursacht hat, in aller Regel nicht geeignet sein, die Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer zu begründen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 1992, NJW 1992, S. 2472 ≪2473≫).
Ein erheblicher Teil der Verfahrensdauer von etwas mehr als zwei Jahren bei Beschreitung des Instanzenzuges bis zum Bundesverwaltungsgericht ist dem komplexen und umfänglichen Verteidigungsverhalten des Beschwerdeführers geschuldet. Darüber hinaus vermochte er nicht darzulegen, welche konkreten Nachteile ihm aus dem andauernden disziplinargerichtlichen Verfahren erwachsen sind.
3. Die Einleitung des disziplinargerichtlichen Verfahrens gegen den Beschwerdeführer ist auch nicht willkürlich. Sie steht grundsätzlich im Ermessen der Einleitungsbehörde (§ 15 Abs. 2 WDO n.F., entspricht § 7 Abs. 2 WDO a.F.; vgl. Dau, ZBR 1966, S. 331). Dabei ist auch der Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin und Ordnung zu berücksichtigen. Angesichts der Beschwerden von Kameraden an die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages erscheint die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens zur Aufklärung der Vorwürfe nicht als willkürlich. Dem steht auch nicht entgegen, dass die mildeste gerichtliche Strafe eine Dienstgradherabsetzung war, deren Verhängung nach Einschätzung der Beteiligten von vorneherein wenig wahrscheinlich war.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen