Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Begriff ‚Verwendung eines Fahrzeugs’. Sachschaden, der durch den Brand eines in der Privatgarage eines Hauses abgestellten Fahrzeugs an diesem Haus entstanden ist. Deckung durch die Pflichtversicherung
Normenkette
Richtlinie 2009/103/EG Art. 3 Abs. 1
Beteiligte
Línea Directa Aseguradora |
Línea Directa Aseguradora SA |
Segurcaixa, Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros |
Tenor
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass ein Sachverhalt wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende – in dem ein in einer Privatgarage eines Hauses abgestelltes, entsprechend seiner Funktion als Beförderungsmittel verwendetes Fahrzeug Feuer fing, durch das ein Brand, dessen Ursache beim Schaltkreis des Fahrzeugs lag, ausgelöst und das Haus beschädigt wurde – unter den Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs” im Sinne der genannten Bestimmung zu subsumieren ist, auch wenn das Fahrzeug seit mehr als 24 Stunden vor Brandentstehung nicht bewegt worden war.
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Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 30. Januar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Februar 2018, in dem Verfahren
Línea Directa Aseguradora SA
gegen
Segurcaixa, Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz und P. G. Xuereb,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Línea Directa Aseguradora SA, vertreten durch M. Relaño, abogado,
- der Segurcaixa, Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros, vertreten durch C. Blanco Sánchez de Cueto, procurador, und A. Ruiz Hourcadette, abogada,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und V. Ester Casas als Bevollmächtigte,
- der litauischen Regierung, vertreten durch R. Krasuckaite und G. Taluntyte als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon als Bevollmächtigten im Beistand von A. Bates, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und J. Rius als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. 2009, L 263, S. 11).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Línea Directa Aseguradora SA (im Folgenden: Línea Directa) und der Segurcaixa, Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros (im Folgenden: Segurcaixa), wegen der Erstattung der Entschädigungen, die Segurcaixa an den durch einen Brand, der vom Schaltkreis eines bei Línea Directa versicherten Fahrzeugs ausging, Geschädigten gezahlt hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 2009/103 bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. ‚Fahrzeug’ jedes maschinell angetriebene Kraftfahrzeug, welches zum Verkehr zu Lande bestimmt und nicht an Gleise gebunden ist, sowie die Anhänger, auch wenn sie nicht angekoppelt sind;
…”
Rz. 4
Art. 3 dieser Richtlinie sieht vor:
„Jeder Mitgliedstaat trifft vorbehaltlich der Anwendung des Artikels 5 alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist.
Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen der in Absatz 1 genannten Maßnahmen bestimmt.
Jeder Mitgliedstaat trifft alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Versicherungsvertrag überdies folgende Schäden deckt:
- die im Gebiet der anderen Mitgliedstaaten gemäß den Rechtsvorschriften dieser Staaten verursachten Schäden;
- die Schäden, die Angehörigen der Mitgliedstaaten auf den direkten Strecken zwischen einem Gebiet, in dem der EG-Vertrag gilt, und einem anderen solchen Gebiet zugefügt werden, wenn für das durchfahrene Gebiet ein nationales Versicherungsbüro nicht besteht; in diesem Fall ist der Schaden gemäß den die Versicherungspflicht betreffenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats zu decken, in dessen Gebiet das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat.
Die in Absatz 1 bezeichnete Versicherung hat sowohl Sachschäden als auch Personenschäden zu umfassen.”
Rz. 5
In Art. 5 dieser Richtlinie heißt es:
„(1) Jeder Mitgliedstaat kann bei bestimmten natürlichen und juristischen Pe...